Seite drucken Entscheidung als PDF runterladen
Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Berufungszulassungsverfahren auf 2.011,55 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
2Der Berufungszulassungsantrag hat keinen Erfolg.
3Er ist zwar zulässig, aber nicht begründet, weil keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe gegeben ist.
4Das sich im Wesentlichen auf einer Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags erschöpfende Zulassungsvorbringen rechtfertigt nicht die von den Klägern geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Es vermag nämlich weder die entscheidungstragenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts zur Rechtmäßigkeit der Festsetzung der für die Monate August 2007 bis September 2008 zu entrichtenden Elternbeiträge jeweils auf den monatlichen Höchstbetrag noch die Annahme des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen, dass ein Rückzahlungsanspruch nicht bestehe und die Voraussetzungen für eine Aufrechnung mit einem eventuellen Anspruch der Tochter der Kläger auf immateriellen Schadensersatz nicht gegeben seien.
5Wenn die Kläger zu der ihnen vom Verwaltungsgericht vorgehaltenen fehlenden Mitwirkung erneut rügen, es sei der Klägerin zu 2. gegenüber keine Bekanntgabe der Aufforderung vom 22. Juli 2010 zur Nachreichung von Einkommensnachweisen erfolgt, übersehen sie, dass die Klägerin zu 2. nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts ihre Mitwirkungspflicht jedenfalls deshalb verletzt hat, weil sie nach Erhalt des auch an sie gerichteten Festsetzungsbescheides und nach Kenntniserlangung im laufenden Verfahren, dass die Festsetzung des Höchstbetrags auf einer fehlenden Angabe und Glaubhaftmachung des Einkommens beruht, keine Angaben zum Einkommen in den betreffenden Kalenderjahren gemacht hat. Diesen selbständig tragenden Begründungsansatz haben die Kläger nicht angegriffen. Im Übrigen liegt der sinngemäße Vorwurf, das Verwaltungsgericht zeige bei seiner Rechtsfindung ein "chauvinistisches Rechtsverständnis" neben der Sache. Nach § 2 Sätze 1 und 4 der hier maßgeblichen Elternbeitragssatzung (EBS) haften Eltern – wie hier die Kläger – als Gesamtschuldner, wobei es – jedenfalls bei einem Zusammenleben der Elternteile – der Berücksichtigung der gemeinsamen Ausübung des Sorgerechts gem. §§ 1626 ff. BGB – hier etwa auch des § 1629 Abs. 1 Satz 2 BGB – bedarf. Es geht nicht um das Rollenverständnis von Eheleuten, sondern um das von zusammenlebenden Eltern mit gemeinsamen Sorgerecht, die hier ja auch die beitragspflichtige Leistung
6– nämlich die Betreuung ihres Kindes – gemeinschaftlich in Anspruch nehmen.
7Das Zulassungsvorbringen rechtfertigt es auch nicht, den Klägern Vertrauensschutz zuzubilligen. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, in § 4 Abs. 2 Satz 4 EBS eine Bestimmung zu sehen, bei deren Verletzung durch die Beklagte eine Vertrauenslage zu Gunsten der beitragspflichtigen Eltern entsteht. Es spricht vielmehr schon viel dafür, dass der Begriff "jährlich" – wie auch in § 9 EBS – ohnehin lediglich objektiv im Sinne einer an die Verwaltung gerichteten Vorgabe einer einmal im Jahr stattfindenden Aktion zu verstehen ist, die sich dann aber nicht jeweils nur auf das vorangegangene und bereits im Hinblick auf die wahren Einkommensverhältnisse nachhaltbare Kindergartenjahr beschränkt oder gar Ausschlusswirkungen entfaltet. Dem Umstand, dass § 4 Abs. 2 Satz 4 EBS in der Neufassung der Satzung vom 14. Juli 2010 gestrichen worden ist, kann nichts Gegenteiliges entnommen werden, namentlich keine nachträgliche Charakterisierung der gestrichenen Passage als Schutzvorschrift zu Gunsten der Beitragspflichtigen. Denn jedenfalls führte die Vorstellung, dass ein Abgabenschuldner nur dadurch, dass die Behörde eine ihr zu seinen Lasten vorgeschriebene Prüfung der Verhältnisse nicht fristgerecht durchführt, ungeachtet von Verjährungsfristen ohne Weiteres von seiner Abgabenschuld ganz oder teilweise befreit wird, zu einem evident der Gerechtigkeit und damit dem Rechtsstaatsprinzip widersprechenden Ergebnis. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass die Kläger schon der an beide gerichteten Aufforderung vom 29. Juni und vom 30. Juni 2009, Einkommensnachweise für das Jahr 2008 vorzulegen, nicht nachgekommen sind, sondern sich bewusst auf die persönlichen Angaben beschränkt haben. Bei dieser Sachlage besteht ganz erkennbar kein Raum, sich gegenüber der erneuten Aufforderung vom 22. Juli 2010 auf eine Verspätung zu berufen. Nachdem bereits aus der Anlage zum Bescheid über Elternbeiträge vom 23. Mai 2007 der Vorbehalt der Nachprüfung hervorgegangen war und beide Kläger aus ihrer verbindlichen Erklärung zum Elterneinkommen vom 27. März 2007 ihre Verpflichtung bekannt war, den jeweiligen Höchstbetrag zu zahlen, soweit sie keine Angaben zur Einkommens-höhe machen oder geforderte Nachweise nicht erbringen würden, verbietet es sich, dass sich die von den Klägern an den Tag gelegte Verweigerungshaltung auch noch zu ihren Gunsten auswirkt. Die Vorstellung der Kläger, dass das Stillhalten der Be-klagten nach dem vergeblichen Versuch aus Juni 2009, an die Einkommensnach-weise für 2008 zu kommen, sich zu ihrem Vorteil auswirken würde und sie einge-sparte Elternbeiträge im Rahmen ihrer und ihrer Kinder Lebensführung aufzehren könnten, ist insoweit in keiner Weise schutzwürdig. Von einem Verstoß gegen das im Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 und 28 GG verankerte Gebot des Vertrauens-schutzes kann nicht die Rede sein.
8Soweit die Klägerseite den Gedanken des Vertrauensschutzes für eine Verwirkung fruchtbar machen will, läuft ihre Argumentation nach alledem ins Leere.
9Auch auf eine Verletzung des Äquivalenzprinzips im konkreten Einzelfall berufen sich die Kläger mit ihrer Zulassungsbegründung vergeblich. Elternbeiträge sind als auf § 90 SGB VIII beruhende sozialrechtliche Abgaben eigener Art nur begrenzt dem Äquivalenzprinzip unterworfen. Bei dem abgabenrechtlichen Äquivalenzprinzip handelt es sich um eine Ausprägung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Es ist verletzt, wenn ein Entgelt in einem groben Missverhältnis zu dem Wert der mit ihr abgegoltenen Leistung der öffentlichen Hand steht.
10Vgl. im Zusammenhang mit der Betreuung eines Kin-des in einer Kindertagesstätte: Hamb.OVG, Urteil vom 29. März 2012 – 4 Bf 271/10 –, juris, mit Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2001 – 6 C
118.00 –, BVerwGE 115, 32.
12Soweit Elternbeiträge bundesrechtlich als – fakultativer – Annex der voraussetzungslos nach §§ 22, 24 SGB VIII gewährten staatlichen Förderung von Kindern in Tagesstätten ausgestaltet sind, werden sie in Nordrhein-Westfalen von denjenigen, die die Tageseinrichtungen in Anspruch nehmen und denen bzw. deren Kindern damit der Vorteil der staatlichen Förderung (Betreuung, Erziehung und Bildung) zugute kommt, zwar nicht ohne individuelle Gegenleistung erhoben.
13Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Februar 2011
14– 12 A 266/10 –, juris.
15Im Rahmen der landesgesetzlichen Mischfinanzierung von Kindertagesstätten durch den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, das Land NRW und die Beitragspflichtigen zielen die Elternbeiträge jedoch von vornherein nicht auf eine vollständige oder auch nur gegenüber den anderen Finanzierungsträgern gleichrangige Kostendeckung ab. Sie sind – auch unter Berücksichtigung der in der höchsten Einkommensstufe zu entrichtenden Beiträge – gerade bei der hier zu beurteilenden, in besonderer Weise sozialstaatlich geprägten Kategorie von öffentlichen Einrichtungen,
16vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. März 1998 – 1 BvR 178/97 –, a. a. O.; BVerwG, Beschluss vom 15. März 1995 – 8 NB 1.95 –, Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 74, juris –
17auf die Erreichung eines lediglich geringfügigen Deckungsgrades der Jahresbetriebskosten in der jeweiligen Einrichtungsart ausgerichtet.
18Vgl. zur Bedeutung und zur Bezugsgröße des Deckungsgrades: OVG NRW, Beschluss vom 11. Oktober 2010 – 12 A 72/10 –.
19Vor diesem Hintergrund reicht – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat – das Bereithalten eines Betreuungsangebotes inklusive der Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten, des Betreuungspersonals etc. in der Regel für eine Gleichgewichtigkeit zwischen Elternbeiträgen und öffentlicher Förderung von Kindern in Kindertagesstätten aus. Nur in extremen Ausnahmefällen vermögen Leistungsstörungen wie eine Schlecht- oder vorübergehende Nichtleistung das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung als nicht mehr äquivalent erscheinen lassen.
20Ob gerade in der Zeit, in der die Tochter der Kläger den Kindergarten L. besucht hat, von einer so extremen Schlechtleistung auszugehen ist, dass die Verhältnismäßigkeit nicht mehr gewahrt war, lässt sich indes im vorliegenden Zulassungsverfahren nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen. Vielmehr ist der dahingehende Vortrag der Kläger im Hinblick darauf deutlich zu relativieren, dass ausweislich der dem Senat in Auszügen vorliegenden Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft B. im Verfahren Js , in dem sich die Kläger und ihr Rechtsanwalt gegen den Vorwurf der Verleumdung zu wehren hatten, die von ihnen benannte Entlastungszeugin N. F. in ihrer Vernehmung am 24. Januar 2012 ein inakzeptables Wegsperren von Kindern – auch der Tochter der Kläger – oder sonstige Züchtigungshandlungen nicht bestätigt, sondern den Betreuerinnen der Kindertagesstätte ein aufopferungsvolles und zeitintensives Bemühen um jedes Kind im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten bescheinigt hat. Eine Glaubhaftmachung der Richtigkeit ihrer Behauptungen auf andere Weise ist von den Klägern auch mit der Berufungszulassungsbegründung nicht unternommen worden. Nach alledem ist auch nicht zu erkennen, dass die Entscheidung wegen einer Verkennung des Verhältnismäßigkeitsmaßstabs im Ergebnis gegen das Willkürverbot verstoßen würde.
21Entsprechend den vorstehenden Ausführungen können die Kläger auch nicht mit ihrem angeblichen Rückzahlungsanspruch in Höhe der bereits aufgrund der früheren Veranlagung gezahlten Elternbeiträge gehört werden.
22Das gleiche gilt hinsichtlich des Schmerzensgeldanspruches wegen der behaupteten Freiheitsberaubung, mit dem die Kläger aufrechnen wollen. Ungeachtet dessen mangelt es an jeglicher substantiierter Auseinandersetzung mit den überzeugenden Argumenten, mit denen das Verwaltungsgericht im Übrigen der Möglichkeit einer Aufrechnung im vorliegenden Fall entgegen getreten ist.
23Eine Berufungszulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO wegen eines Verfahrensmangels kommt ebenso wenig in Betracht. Die Kläger haben entgegen § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO schon nicht nachvollziehbar dargelegt, gegen welche Verfahrensvorschrift das Verwaltungsgericht in entscheidungsrelevanter Weise verstoßen haben soll.
24Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
25Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 und 3 GKG und folgt dabei den Erwägungen des Verwaltungsgerichts.
26Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und – hinsichtlich der Streitwertfestsetzung – nach §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG unanfechtbar. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).