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1. Die Lehrerkonferenz muss nach § 53 Abs. 7 Satz 2 SchulG NRW exakt drei Lehrer oder Mitarbeiter nach § 58 SchulG NRW in die Teilkonferenz für Ordnungsmaßnahmen wählen; sie darf diese gesetzliche Mitgliederzahl weder über- noch unterschreiten.
2. Die Lehrerkonferenz darf über die in § 53 Abs. 7 Satz 2 SchulG NRW normierte gesetzliche Mitgliederzahl von drei Personen aus der Gruppe der Lehrer oder Mitarbeiter hinaus weitere Personen auch nicht als Ersatzmitglieder oder Stellvertreter wählen.
3. Die Lehrerkonferenz muss die nach § 53 Abs. 7 Satz 2 SchulG NRW erforderlichen drei Personen aus der Gruppe der Lehrer oder Mitarbeiter regelmäßig in getrennten Wahlgängen wählen.
4. Eine Unregelmäßigkeit bei der Wahlhandlung in ein Schulmitwirkungsgremium hat nur dann die Ungültigkeit der Wahl zur Folge, wenn sie für das Wahlergebnis erheblich gewesen sein kann.
5. Für die Beachtlichkeit eines Besetzungsfehlers der Ordnungskonferenz im Sinne des § 46 VwVfG NRW kommt es nicht nur auf einen möglichen rechnerischen Einfluss der fehlerhaft teilnehmenden Person auf das Abstimmungsergebnis, sondern auch auf einen möglichen Einfluss auf die Beratung an.
Nr. 1 des angefochtenen Beschlusses wird geändert.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Beschluss der Teilkonferenz des Gymnasiums L.--- vom 9. Januar 2014 wird angeordnet.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
2Die Beschwerde ist gemäß § 146 Abs. 1 und 4 VwGO zulässig und begründet. Die Prüfung des Senats ist auf diejenigen Gründe beschränkt, die der Antragsteller innerhalb der einmonatigen Begründungsfrist nach § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegt hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO). Diese Gründe rechtfertigen und gebieten es, den angefochtenen Beschluss zu ändern und dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO stattzugeben.
3Der Antrag ist statthaft. Der Widerspruch gegen eine auf § 53 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SchulG NRW gestützte Überweisung in die Parallelklasse hat kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 53 Abs. 3 Satz 2 SchulG NRW).
4Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig und begründet. Bei der Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO überwiegt das Suspensivinteresse des Antragstellers gegenüber dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug. Der Beschluss der Teilkonferenz vom 9. Januar 2014, den Antragsteller in die Parallelklasse 7a zu überweisen, ist in formeller Hinsicht offensichtlich rechtswidrig. Die Teilkonferenz war nicht ordnungsgemäß besetzt (1.). Dieser Verfahrensfehler ist weder heilbar (2.) noch unbeachtlich (3.).
51. An der Sitzung der Teilkonferenz des Gymnasiums L.---- vom 9. Januar 2014 haben als Vertreter der Gruppe der Lehrer oder Mitarbeiter Herr O. und Studienrat T. teilgenommen. Beide Lehrer hätten, wie der Antragsteller zu Recht rügt, an der Sitzung nicht teilnehmen dürfen. Ihre Wahl in die Teilkonferenz für Ordnungsmaßnahmen (Ordnungskonferenz) durch Beschluss der Lehrerkonferenz vom 2. September 2013 war ungültig. Die Lehrerkonferenz hat sie als Mitglieder eines aus acht Personen bestehenden „Pools von Kolleginnen und Kollegen“ „einstimmig per Handzeichen“ gewählt und „eine Reihenfolge dabei [als] nicht nötig“ angesehen. Diese Wahl verstieß zum Einen gegen die in § 53 Abs. 7 Satz 2 SchulG NRW festgelegte gesetzliche Mitgliederzahl von drei Lehrern oder Mitarbeitern gemäß § 58 SchulG NRW (a) und unabhängig davon zum Anderen gegen das aus § 64 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW abzuleitende Gebot personenbezogener Wahlgänge (b). Jeder dieser beiden Wahlfehler hat für sich allein genommen die Ungültigkeit der Wahl sowohl von Herrn O. als auch von Studienrat T. zur Folge (c).
6a) Die Wahl der beiden genannten Lehrer verstieß zunächst gegen die in § 53 Abs. 7 Satz 2 SchulG NRW festgelegte gesetzliche Mitgliederzahl von drei Lehrern oder Mitarbeitern. Nach dieser Vorschrift gehören der Teilkonferenz ein Mitglied der Schulleitung, die Klassenlehrerin oder der Klassenlehrer oder die Jahrgangsstufenleiterin oder der Jahrgangsstufenleiter und drei weitere, für die Dauer eines Schuljahres zu wählende Lehrerinnen und Lehrer oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemäß § 58 SchulG NRW als ständige Mitglieder an.
7Nach diesem Wortlaut ist die gesetzliche Mitgliederzahl von drei Lehrern oder Mitarbeitern eine exakte Vorgabe und nicht nur, wie die Bezirksregierung meint, eine Mindestanzahl, welche die Lehrerkonferenz zulässigerweise überschreiten dürfte. Für eine solche Interpretation bietet der Wortlaut der Vorschrift keinen Anhaltspunkt. Gegen sie spricht vor allem die Formulierung, dass die drei zu wählenden Personen der Teilkonferenz „als ständige Mitglieder“ angehören und „für die Dauer eines Schuljahres“ zu wählen sind. Mit der Bezeichnung als „ständige Mitglieder“ grenzt die Vorschrift sie von den beiden wechselnden Mitgliedern der Ordnungskonferenz ab, nämlich von dem Mitglied der Schulleitung und von dem Klassenlehrer oder Jahrgangsstufenleiter. Diese wechselnden Mitglieder bestimmt § 53 Abs. 7 Satz 2 SchulG NRW nur ihrer Funktion nach, nimmt aber in Kauf, dass sie ihrer Person nach von Sitzung zu Sitzung wechseln können. Die Bezeichnung der drei Lehrer oder Mitarbeiter als „ständige Mitglieder“ spricht vor diesem Hintergrund deutlich gegen die Annahme, die Vorschrift solle einen solchen Wechsel der Person nach von Sitzung zu Sitzung auch in der Gruppe der Lehrer oder Mitarbeiter ermöglichen. Letzteres wäre der Fall, wenn die Lehrerkonferenz die gesetzliche Mitgliederzahl überschreiten und ein Schulleiter von Sitzung zu Sitzung neu entscheiden dürfte, welchen Gewählten er zur Teilnahme an einer Sitzung der Ordnungskonferenz lädt.
8Sinn und Zweck des § 53 Abs. 7 Sätze 2 und 3 SchulG NRW bestätigen diese Auslegung. Mit der darin bestimmten Zusammensetzung der Teilkonferenz wollte der Gesetzgeber die zuvor für Schulordnungsmaßnahmen zuständige Lehrer- oder Klassenkonferenz entlasten und die Entscheidungsbefugnis einem Ausschuss (Teilkonferenz) übertragen. In diesem Ausschuss wollte er eine fachliche Spezialisierung und eine eng abgestimmte vertrauensvolle Zusammenarbeit gewährleisten. Es liegt nahe anzunehmen, dass er hiermit bei den ständigen Mitgliedern den Aufbau von Kompetenz für die Entscheidung über Schulordnungsmaßnahmen ermöglichen wollte.
9Gesetzentwurf der Landesregierung, LT-Drs. 13/5394 vom 5. Mai 2004, S. 102; Minten, in: Jülich/van den Hövel, Schulrechtshandbuch NRW, Stand: Februar 2014, § 53, Rdn. 29.
10Ein solcher Kompetenzaufbau ist sinnvoll, weil die Ordnungskonferenz über diese Maßnahmen nach Ermessen (§ 53 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW: „können“) und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes entscheidet (§ 53 Abs. 1 Satz 3 SchulG NRW). Sie hat also rechtliche Maßstäbe ebenso zu beachten wie die spezial- und/oder generalpräventive pädagogische Zielrichtung einer jeden Ordnungsmaßnahme (§ 53 Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW). Dabei muss die Ordnungskonferenz auch die besonderen Verfahrensvorschriften des § 53 Abs. 7 bis 9 SchulG NRW einhalten.
11Angesichts dieser gesetzlichen Vorgaben ist ohne Weiteres nachvollziehbar, dass der Gesetzgeber hinreichenden Anlass gesehen hat, durch größtmögliche personelle Kontinuität in der Zusammensetzung der Ordnungskonferenz für deren möglichst zuverlässige Beachtung und eine möglichst gleichmäßige Ermessensausübung während eines Schuljahres Sorge zu tragen. Ein Personenwechsel von Sitzung zu Sitzung auch in der Gruppe der Lehrer und Mitarbeiter wäre dieser Zielsetzung abträglich. Er eröffnete die Möglichkeit, dass ein Schulleiter sich die Sitzungsteilnehmer der Ordnungskonferenz aus dieser Gruppe unabhängig von einer Verhinderung ihrer einzelnen Mitglieder von Fall zu Fall neu zusammenstellt und sich dabei gerade diejenigen aussucht, deren Zustimmung zu seinen Vorschlägen er sich sicher ist. Indem § 53 Abs. 7 Satz 2 SchulG NRW diese Möglichkeit ausschließt, gewährleistet er zugleich Objektivität und Akzeptanz der Entscheidungen dieses Gremiums, die gegebenenfalls bis zur Entlassung eines Schülers reichen können. Insofern verfolgt die Vorschrift eine ähnliche Zielrichtung wie die Garantie des gesetzlichen Richters in Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG im Gerichtsverfahren, wenngleich ihre Anforderungen weniger streng sind als diese. Der hierauf zielende Einwand der Bezirksregierung im Beschwerdeverfahren ist hiernach nur teilweise zutreffend.
12In systematischer Hinsicht findet die vorstehende Auslegung Bestätigung in § 69 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SchulG NRW. Nach Satz 2 dieser Vorschrift gehören dem ebenfalls von der Lehrerkonferenz zu wählenden Lehrerrat mindestens drei, höchstens fünf Lehrerinnen und Lehrer oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemäß § 58 SchulG NRW an. An Schulen mit nicht mehr als acht hauptamtlichen und hauptberuflichen Lehrerinnen und Lehrern oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gemäß § 58 SchulG NRW kann die Anzahl der Mitglieder durch Beschluss der Lehrerkonferenz auf zwei vermindert werden (Satz 3). In diesen Vorschriften hat der Gesetzgeber eine Mindest- und eine Höchstmitgliederzahl für ein Mitwirkungsgremium ausdrücklich bestimmt und der Lehrerkonferenz außerdem die Befugnis eingeräumt, die Mindestmitgliederzahl unter den dort genannten Voraussetzungen zu verringern. Beides spricht gegen die Annahme, er habe die Lehrerkonferenz als generell befugt angesehen, über die Zusammensetzung eines von ihr gewählten Mitwirkungsgremiums zu disponieren. Vielmehr besteht diese Dispositionsbefugnis nur in dem Umfang, in dem die schulrechtlichen Vorschriften sie der Lehrerkonferenz ausdrücklich oder sinngemäß einräumen. § 53 Abs. 7 Satz 2 SchulG NRW enthält für die Ordnungskonferenz weder eine ausdrückliche oder sinngemäße Anordnung einer Mindest- und/oder Höchstmitgliederzahl noch eine dem § 69 Abs. 1 Satz 3 SchulG NRW entsprechende Dispositionsbefugnis.
13Die Lehrerkonferenz kann eine Befugnis, eine über drei Personen hinausgehende Anzahl von Lehrern oder Mitarbeitern in die Ordnungskonferenz zu wählen, auch nicht auf § 67 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 i. V. m. § 68 Abs. 5 Satz 2 SchulG NRW stützen. Nach diesen Vorschriften legt die Lehrerkonferenz die Zusammensetzung von Teilkonferenzen fest, deren Einrichtung sie nach § 68 Abs. 5 Satz 1 SchulG NRW beschlossen hat. Auf die Zusammensetzung der Ordnungskonferenz nach § 53 Abs. 7 Sätze 2 und 3 SchulG NRW sind jene Bestimmungen unanwendbar. Sie gelten nur für eine nach § 68 Abs. 5 Satz 1 SchulG NRW freiwillig eingerichtete Teilkonferenz der Lehrerkonferenz („kann“), nicht aber für die Ordnungskonferenz. Deren Einrichtung zu Beginn eines jeden Schuljahres schreibt § 53 Abs. 7 SchulG NRW der Lehrerkonferenz, der Schulpflegschaft und dem Schülerrat zwingend vor. Auch die Zusammensetzung der Ordnungskonferenz regelt § 53 Abs. 7 Sätze 2 und 3 SchulG NRW zwingend. Diese Bestimmungen verdrängen, soweit sie verbindliche Vorgaben enthalten, als Spezialvorschriften die Normen des allgemeinen Schulmitwirkungsrechts, hier insbesondere die allgemeine Befugnis der Lehrerkonferenz aus § 67 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 i. V. m. § 68 Abs. 5 Satz 2 SchulG NRW, die Zusammensetzung freiwillig gebildeter Teilkonferenzen nach ihrem Ermessen festzulegen.
14Die Lehrerkonferenz darf über die in § 53 Abs. 7 Satz 2 SchulG NRW normierte gesetzliche Mitgliederzahl von drei Personen aus der Gruppe der Lehrer oder Mitarbeiter hinaus weitere Personen auch nicht als Ersatzmitglieder oder Stellvertreter wählen. Stellvertretungen sehen die §§ 64 Abs. 1 Satz 1, 69 Abs. 1 Satz 6, 72 Abs. 1 Satz 4 SchulG NRW nur für die Vorsitzenden der Mitwirkungsgremien vor, nicht aber auch für sonstige Mitglieder. Eine Ersatzmitgliedschaft sieht § 64 Abs. 2 Satz 3 SchulG NRW ausdrücklich nur für die Schulkonferenz und den Lehrerrat vor. Für freiwillige Teilkonferenzen der Lehrerkonferenz wird man darüber hinaus deren Ermessen aus § 67 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 i. V. m. § 68 Abs. 5 Satz 2 SchulG NRW, die Zusammensetzung einer solchen Teilkonferenz festzulegen, auch auf die Wahl von Ersatzmitgliedern erstrecken können. Für die ständigen Mitglieder der Ordnungskonferenz nach § 53 Abs. 7 SchulG NRW hingegen spricht gegen die Zulässigkeit einer Ersatzmitgliedschaft der oben bereits angeführte Wortlaut von dessen Satz 2 („als ständige Mitglieder“) sowie dessen ebenfalls bereits dargelegter Sinn und Zweck.
15Im Übrigen hat der Gesetzgeber mit der nachträglichen Einfügung der Sätze 3 und 4 in § 64 Abs. 2 SchulG NRW mit Wirkung vom 27. Juni 2008 klargestellt, dass er eine Ersatzmitgliedschaft in einem Schulmitwirkungsgremium nur auf der Grundlage einer entsprechenden gesetzlichen Bestimmung für zulässig hält (Art. 1 Nr. 2, Art. 3 des 3. Schulrechtsänderungsgesetzes vom 24. Juni 2008, GV. NRW. S. 486). Namentlich die Ersatzmitgliedschaft im Lehrerrat hat er mit § 64 Abs. 2 Satz 3 SchulG NRW aus personalvertretungsrechtlichen Gründen „neu eingeführt“.
16Gesetzentwurf der Landesregierung, LT-Drs. 14/6678 vom 6. Mai 2008, S. 12.
17Schließlich sind eine Überschreitung der gesetzlichen Mitgliederzahl und/oder eine Wahl von Ersatzmitgliedern oder Stellvertretern auch nicht zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Ordnungskonferenz erforderlich. Insbesondere erfordert die Beschlussfähigkeit dieser Teilkonferenz keine solchen Wahlen. Sie ist schon dann beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte der stimmberechtigten Mitglieder anwesend ist (§ 63 Abs. 5 Satz 1 SchulG NRW). Die aus fünf ständigen (drei Lehrer, Eltern- und Schülervertreter) und zwei wechselnden Mitgliedern (Mitglied der Schulleitung, Klassenlehrer) bestehende Ordnungskonferenz ist hiernach beschlussfähig, wenn vier ihrer insgesamt sieben Mitglieder anwesend sind.
18Auch die übrigen Regelungen in § 63 Abs. 5 SchulG NRW zur Beschlussfähigkeit von Mitwirkungsgremien bewirken, dass die Arbeitsfähigkeit der Ordnungskonferenz auch in Fällen kurzfristiger Verhinderung einzelner Mitglieder erhalten bleibt: Gemäß § 63 Abs. 5 Satz 2 SchulG NRW gilt sie als beschlussfähig, solange die Beschlussunfähigkeit nicht festgestellt ist. Ohne Rücksicht auf die Zahl der anwesenden Mitglieder ist sie beschlussfähig, wenn der Vorsitzende sie wegen Beschlussunfähigkeit erneut zur Beratung desselben Gegenstands einberufen hat (§ 63 Abs. 5 Satz 3 SchulG NRW). In Fällen langfristiger Verhinderung eines gewählten Lehrers etwa infolge seiner Versetzung oder einer unvorhergesehenen, längeren Erkrankung kann die Lehrerkonferenz einen Nachfolger wählen (§ 64 Abs. 3 Satz 1 SchulG NRW oder § 53 Abs. 7 Satz 2 SchulG NRW).
19b) Unabhängig hiervon verstößt die Wahl von Herrn O. und Studienrat T. innerhalb eines „Pools“ von acht Lehrern gegen das Gebot personenbezogener Wahlgänge, das aus § 64 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW abzuleiten ist. Die Lehrerkonferenz muss die nach § 53 Abs. 7 Satz 2 SchulG NRW erforderlichen drei Personen aus der Gruppe der Lehrer oder Mitarbeiter in getrennten Wahlgängen in die Ordnungskonferenz wählen. Das ergibt ein Umkehrschluss aus § 64 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SchulG NRW. Diese Vorschrift ermöglicht die Durchführung von Wahlen für verschiedene Ämter in einem Wahlgang für den Fall, dass ein Fünftel der anwesenden Stimmberechtigten einem Antrag auf geheime Wahl zustimmt. Systematisch stellt sich diese Regelung als Ausnahme von dem in Satz 1 und Satz 2 Halbsatz 1 anklingenden Grundsatz dar, dass Wahlen für verschiedene Ämter in getrennten Wahlgängen durchgeführt werden („in … Wahlgängen“ in Satz 1, „alle übrigen Wahlen“ in Satz 2 Halbsatz 1). Bis zum 31. Juli 2005 war dieser Grundsatz in § 6 Abs. 1 Halbsatz 2 der Wahlordnung zum Schulmitwirkungsgesetz (WahlOzSchMG) vom 11. April 1979 (GV. NRW. S. 283) ausdrücklich normiert. Die zitierten Formulierungen in § 64 Abs. 1 SchulG NRW lassen erkennen, dass die Aufhebung der WahlOzSchMG mit Wirkung zum 1. August 2005 durch § 130 Abs. 3 Nr. 3 SchulG NRW an der Fortgeltung des genannten Grundsatzes nichts ändern sollte. Auch ermöglicht § 64 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SchulG NRW die Durchführung von Wahlen für verschiedene Ämter in einem Wahlgang „in diesem Fall“, d. h. bei geheimer Wahl auf Antrag eines Fünftels der anwesenden Stimmberechtigten, belässt es also in allen anderen Fällen bei dem genannten Grundsatz (ebenso früher § 6 Abs. 3 Satz 2 WahlOzSchMG).
20c) Jeder der beiden zu a) und b) festgestellten Wahlfehler hat für sich allein genommen die Ungültigkeit der Wahl sowohl von Herrn O. als auch von Studienrat T. zur Folge. Eine Unregelmäßigkeit bei der Wahlhandlung in ein Schulmitwirkungsgremium hat nur dann die Ungültigkeit der Wahl zur Folge, wenn sie für das Wahlergebnis erheblich gewesen sein kann. Insofern gilt auch für die Wahlen in ein Schulmitwirkungsgremium der allgemeine wahlrechtliche Grundsatz der Mandatsrelevanz (Erheblichkeitsgrundsatz).
21Vgl. dazu im Kommunalwahlrecht OVG NRW, Urteil vom 15. Dezember 2011 ‑ 15 A 876/11 ‑, NWVBl. 2012, 228, juris, Rdn. 103 ff.
22Für die Wahlen in ein Schulmitwirkungsgremium kommt dieser Grundsatz in § 64 Abs. 4 Satz 2 Buchstabe b) SchulG NRW zum Ausdruck. Nach dieser Vorschrift kann der Einspruch gegen die Gültigkeit einer solchen Wahl unter anderem auf Unregelmäßigkeiten bei der Wahlhandlung gestützt werden, die für das Wahlergebnis erheblich gewesen sein können. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber nicht nur eine rein verfahrensrechtliche, auf das Einspruchsverfahren beschränkte Regelung getroffen, sondern darüber hinaus auch in materiell-rechtlicher Hinsicht den Erheblichkeitsgrundsatz als allgemeinen Wahlgrundsatz für die in Buchstabe b) bezeichneten Wahlfehler in das Schulmitwirkungsrecht übernommen.
23Wolfering, in: Jehkul u. a., Schulgesetz NRW, Stand: Februar 2014, § 64, Anm. 4.5.
24Im vorliegenden Fall war jeder der beiden zu a) und b) festgestellten Wahlfehler für sich allein genommen in diesem Sinn mandatsrelevant.
25Das gilt zunächst für die unter a) festgestellte Überschreitung der gesetzlichen Mitgliederzahl. Hätte die Lehrerkonferenz anstelle der acht Lehrer nur die vorgeschriebenen drei Lehrer oder Mitarbeiter in die Ordnungskonferenz gewählt, hätte die realistische Möglichkeit bestanden, dass sie anstelle von Herrn O. und Studienrat T. drei andere Lehrer gewählt hätte. Denn die Lehrerkonferenz hatte innerhalb des „Pools“ erklärtermaßen keine stimmzahlbedingte Reihenfolge unter den Gewählten gebildet, sondern ihre Namen nur in alphabetischer Folge in das Protokoll aufgenommen (im Gegensatz zur unmittelbar vorangegangenen Wahl der Schulkonferenzmitglieder). Unter diesen Umständen gilt die vorgenannte Hypothese gleichermaßen für alle anderen sechs Lehrer des gewählten „Pools“ und ist auch deren Wahl ungültig. Allenfalls bei Bildung einer stimmzahlbedingten Reihenfolge und Vermeidung des weiteren, zu b) festgestellten Wahlfehlers wäre die Wahl der ersten drei Lehrer gültig und lediglich diejenige der weiteren, die gesetzliche Mitgliederzahl überschreitenden fünf Lehrer ungültig gewesen.
26Auch der unter b) festgestellte Verstoß gegen das Gebot personenbezogener Wahlgänge in § 64 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW war mandatsrelevant. Hätte die Lehrerkonferenz anstelle der gemeinsamen Abstimmung über den gesamten „Pool“ von acht Lehrern die Wahlen dieser acht Personen, auch diejenigen von Herrn O. und Studienrat T. , in getrennten Wahlgängen zur Abstimmung gestellt, hätte ebenfalls die realistische Möglichkeit bestanden, dass die Lehrerkonferenz anstelle von Herrn O. und Studienrat T. drei andere Lehrer in die Ordnungskonferenz gewählt hätte. Denn die getrennten Wahlgänge hätten jedem einzelnen Mitglied der Lehrerkonferenz die Möglichkeit eröffnet, einzelne Kandidaten zu wählen, anderen hingegen seine Stimme zu verweigern.
272. Eine Heilung nach § 45 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG NRW kommt nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 VwVfG NRW nichtig macht, unbeachtlich, wenn der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird. Keine „Mitwirkung“ in diesem Sinn liegt vor, wenn der Ausschuss bei dem angefochtenen Verwaltungsakt nicht lediglich mitzuwirken, sondern diese Entscheidung selbst und alleinverantwortlich zu treffen hat.
28BVerwG, Urteil vom 27. August 2009 ‑ 2 C 26.08 ‑, NVwZ-RR 2010, 157, juris, Rdn. 22; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 45, Rdn. 92.
29Ein solcher Fall eigener Entscheidungsbefugnis eines Ausschusses ist hier gegeben. § 53 Abs. 7 Satz 1 SchulG NRW sieht nicht nur eine Mitwirkung der Ordnungskonferenz an der Entscheidung eines anderen Organs der Schule vor, sondern bestimmt, dass sie selbst die Entscheidung über die dort aufgezählten Ordnungsmaßnahmen trifft. Dasselbe gilt, wenn die kommissarische Schulleiterin Dr. G. der Ordnungskonferenz ihre Entscheidungsbefugnis für eine Überweisung des Antragstellers in die Parallelklasse aus § 53 Abs. 6 Satz 1 SchulG NRW nach der 2. Alternative des Satzes 2 dieser Vorschrift übertragen haben sollte. Auch in diesem Fall wirkt die Ordnungskonferenz nicht an einer Entscheidung der Schulleiterin mit, sondern hat jene nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift „die Entscheidungsbefugnis“ von ihr „übertragen“ bekommen. Allenfalls in Fällen der 1. Alternative des § 53 Abs. 6 Satz 2 SchulG NRW, in dem sich der Schulleiter von der Teilkonferenz gemäß Abs. 7 beraten lässt, ohne die Entscheidungsbefugnis über die Schulordnungsmaßnahme zu übertragen, ist die Tätigkeit der Ordnungskonferenz auf eine Mitwirkung beschränkt und kann daher eine Heilung eines Besetzungsfehlers in der Teilkonferenz nach § 45 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG NRW in Betracht kommen.
303. Die beiden zu 1. a) und b) festgestellten Verfahrensfehler sind auch im Sinne des § 46 VwVfG NRW beachtlich. Nach dieser Norm kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 VwVfG NRW nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Die Vorschrift erfordert die hypothetische Beantwortung der Frage, ob die Behörde dieselbe Sachentscheidung auch bei ordnungsgemäßem Verfahren getroffen hätte. Offensichtlich im Sinne des § 46 VwVfG NRW fehlt die Kausalität des Verfahrensfehlers, wenn diese Frage von vornherein und nach jeder Betrachtungsweise eindeutig zu bejahen ist. Das kommt insbesondere bei gebundenen Entscheidungen in Betracht, aber auch bei Ermessensentscheidungen, wenn das Ermessen auf die getroffene Entscheidung reduziert ist.
31BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2013 ‑ 7 B 18.13 ‑, DVBl. 2014, 303, juris, Rdn. 24; Urteil vom 22. März 2012 ‑ 3 C 16.11 ‑, BVerwGE 142, 205, juris, Rdn. 20 m. w. N.; Schemmer, in: Bader/ Ronellenfitsch, VwVfG, 2010, § 46, Rdn. 42; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 46, Rdn. 26 f., 32, 37.
32Liegt der Verfahrensfehler in einer fehlerhaften Besetzung eines Ausschusses, kann dieser Besetzungsfehler entweder in der unzulässigen Teilnahme einer hiervon ausgeschlossenen Person (z. B. Befangenheit oder ungültige Wahl) oder in der unzulässigen Nichtteilnahme einer hierzu verpflichteten Person bestehen (z. B. unterbliebene Ladung, Fernbleiben ohne Verhinderungsgrund). Regelmäßig wird nur im erstgenannten Fall je nach dem Beratungsverlauf und dem Abstimmungsergebnis eine Unbeachtlichkeit nach § 46 VwVfG NRW ernsthaft in Betracht kommen. Denn dann lässt sich anhand des konkreten Beratungsverlaufs und des Abstimmungsergebnisses einzelfallbezogen feststellen, ob und welchen Einfluss die ausgeschlossene Person hierauf ausgeübt hat. Bei einer kollegial zu treffenden Ermessensentscheidung kann eine von der Mitwirkung ausgeschlossene Person schon durch ihre Teilnahme an der Beratung Einfluss auf die anderen Organmitglieder ausüben und diese zu einem abweichenden Abstimmungsverhalten veranlassen.
33OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Januar 2011 ‑ 19 B 14/11 ‑, NWVBl. 2011, 270, juris, Rdn. 12, und vom 25. April 1996 ‑ 19 B 246/96 ‑, juris, Rdn. 12; Meyer, in: Knack/Henneke, VwVfG, 9. Aufl. 2010, § 46, Rdn. 34.
34In dem zweitgenannten Fall der unzulässigen Nichtteilnahme einer hierzu verpflichteten Person ist der Besetzungsfehler nahezu immer kausal im Sinne des § 46 VwVfG NRW. Denn in diesem Fall lässt sich allein anhand des Sitzungsprotokolls, des tatsächlichen Ablaufs der Beratung und des Ergebnisses der Abstimmung nicht feststellen, ob und welchen Einfluss das zur Teilnahme verpflichtete Mitglied auf beides genommen haben würde, wenn es teilgenommen hätte. Soweit der Senat auch in einem Fall der Nichtteilnahme des Eltern- und Schülervertreters ohne feststellbare Verhinderung eine Unbeachtlichkeit nach § 46 VwVfG NRW angenommen hat, hält er daran nicht fest.
35OVG NRW, Beschluss vom 4. November 2011 ‑ 19 E 1360/10 ‑, juris, Rdn. 8.
36Nach diesen Maßstäben sind die beiden festgestellten Verfahrensfehler beachtlich im Sinne des § 46 VwVfG NRW. Die Entscheidung über die Überweisung des Antragstellers in die Parallelklasse stand, wie bereits erwähnt, im Ermessen der Ordnungskonferenz. Für eine Reduzierung dieses Ermessens auf die getroffene Entscheidung bestehen keine Anhaltspunkte. Hier haben mit Herrn O. und Studienrat T. zwei Personen unzulässigerweise an der Ordnungskonferenz vom 9. Januar 2014 teilgenommen. Sie haben auch maßgeblichen Einfluss auf die Beratung und Abstimmung genommen. Studienrat T. hat ausweislich des von ihm verfassten Sitzungsprotokolls gemeinsam mit der Klassenlehrerin Frau H. -G1. die Vorfälle vorgetragen, bei denen die Schule dem Antragsteller ein Fehlverhalten zur Last gelegt hat. Gemeinsam mit Herrn T1. und Frau H. -G1. haben Herr O. und Studienrat T. später mit den Eltern des Antragstellers über deren Bedenken und Vorwürfe gesprochen und ihnen aufgezeigt, welche Chancen sich aus Ordnungsmaßnahmen ergeben können. Schließlich haben dem Protokoll zufolge alle vier genannten Lehrer auch gemeinsam den Beschlussvorschlag zur Abstimmung gestellt, der dann einstimmige Zustimmung erfuhr.
37Aus gegebenem Anlass gibt der Senat abschließend folgenden Hinweis an den Antragsgegner:
38Nach dem Protokoll der Lehrerkonferenz vom 2. September 2013, das die Bezirksregierung dem Senat nur auszugsweise und insbesondere ohne die zugehörige Anwesenheitsliste übersandt hat, hat Herr T1. zum Tagesordnungspunkt 4 „Wahl der Kolleginnen und Kollegen der Teilkonferenz für Ordnungsmaßnahmen gemäß Schulgesetz“ erklärt, „dass Referendarinnen und Referendare nicht stimmberechtigt sind.“ Dieser Hinweis war unzutreffend. Lehramtsanwärter sind Lehrer im Sinne des Schulmitwirkungsrechts (§ 62 Abs. 9 SchulG NRW) und daher wie diese in der Lehrerkonferenz stimmberechtigt (§§ 63 Abs. 3 Satz 1, 68 Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW). Hingegen darf die Lehrerkonferenz Lehramtsanwärter nicht in die Ordnungskonferenz wählen, weil ihnen nur das aktive, nicht aber auch das passive Wahlrecht zusteht. Nach § 62 Abs. 9 SchulG NRW sind sie Lehrer nur im Sinne „dieses Teils des Gesetzes“, also des 7. Teils (§§ 62 – 77), nicht aber auch im Sinne des § 53 Abs. 7 Satz 2 SchulG NRW. Die Niederschrift über die Lehrerkonferenz sollte deshalb nicht nur die Mindestangaben des § 63 Abs. 4 Satz 5 SchulG NRW sowie die Namen der Teilnehmer enthalten (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 der Empfehlung einer Geschäftsordnung für die Schulmitwirkungsgremien vom 19. Mai 2005, abgedruckt bei Wolfering a. a. O., § 63, Anm. 6.2), sondern darüber hinaus auch die Dienstbezeichnungen der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder, damit sich in Zweifelsfällen die Beschlussfähigkeit und die Rechtmäßigkeit ihrer Besetzung feststellen lässt (§ 63 Abs. 5 SchulG NRW).
39Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
40Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
41Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG).