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Auf die Beschwerde der Beigeladenen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 8. November 2016 geändert.
Der Antrag der Antragsteller auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird in vollem Umfang abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 11.250 Euro und für das Verfahren erster Instanz auf 22.500 Euro festgesetzt.
Gründe:
2Die zulässige Beschwerde der Beigeladenen ist begründet. Der auf die §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 VwGO gestützte Antrag der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen gegen den der Beigeladenen erteilten Vorbescheid vom 15. Dezember 2015 in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 8. Februar 2016 und gegen die der Beigeladenen erteilte Genehmigung vom 18. März 2016 für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage des Typs MM 92 mit einer Nabenhöhe von 78,5 m und einem Rotordurchmesser von 92 m auf dem in Q. X. gelegenen Grundstück Gemarkung F. , Flur , Flurstück , hat keinen Erfolg.
3Die gerichtliche Interessenabwägung fällt zu Lasten der Antragsteller aus. Die angefochtenen Bescheide erweisen sich bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als rechtmäßig (dazu I.). Auch im Rahmen der von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs losgelösten allgemeinen Interessenabwägung überwiegt das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung das Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihrer Rechtsbehelfe (dazu II.).
4I. Das Beschwerdevorbringen der Beigeladenen stellt den angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts durchgreifend in Frage, soweit dieses die aufschiebende Wirkung der Klagen der Antragsteller gegen den der Beigeladenen erteilten Vorbescheid des Antragsgegners vom 15. Dezember 2015 in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 8. Februar 2016 und gegen die der Beigeladenen erteilte Genehmigung des Antragsgegners vom 18. März 2016 für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage in Q. X. wiederhergestellt hat (dazu 1.). Der angegriffene Beschluss, soweit er mit der Beschwerde angegriffen wird, erweist sich auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig (dazu 2.).
51. Das Verwaltungsgericht hat die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klagen der Antragsteller im Wesentlichen damit begründet, dass die notwendige und durchgeführte standortbezogene UVP-Vorprüfung nicht den gesetzlichen Vorgaben genüge.
6Die Beigeladene wendet demgegenüber zu Recht ein, eine solche Vorprüfung sei nicht erforderlich gewesen. Die Frage richtet sich gemäß § 74 Abs. 1 UVPG nach der vor dem 16. Mai 2017 geltenden Fassung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung. Dies ist das UVPG in der Fassung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 94), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. November 2016 (BGBl. I S. 2749) - im Folgenden: UVPG a. F. Nach § 3c Satz 2 UVPG a. F. i. V. m. Nr. 1.6.3 der Anlage 1 zum UVPG a. F. musste im Genehmigungsverfahren der streitgegenständlichen Windenergieanlage (WEA) 3 keine standortbezogene Vorprüfung durchgeführt werden. Die WEA 3 war im Zeitpunkt der Erteilung des Vorbescheides am 15. Dezember 2015 nicht Teil einer Windfarm mit mindestens drei Windkraftanlagen im Sinne von Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG a. F. Insbesondere bildeten weder die WEA 2 noch die WEA 5 zusammen mit der streitbefangenen WEA 3 sowie der schon vorher beantragten und zwischenzeitlich errichteten WEA 1 eine Windfarm. Im Einzelnen:
7Die Frage, ob drei zu verschiedenen Zeitpunkten beantragte Windenergieanlagen eine Windfarm bilden, beantwortet sich nach denselben Grundsätzen wie die Frage, in welcher Reihenfolge planerisch bereits verfestigte Projekte in eine Summationsbetrachtung einzubeziehen sind. Für letztere geht der Senat in ständiger Rechtsprechung von dem „Prioritätsprinzip" aus und stellt für die zeitliche Reihenfolge auf den Zeitpunkt der Einreichung eines prüffähigen, d. h. vollständigen Genehmigungsantrages ab.
8Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 20. Juli 2017 ‑ 8 B 396/17 -, juris Rn. 11 f., unter Hinweis auf OVG NRW, Urteil vom 16. Juni 2016 - 8 D 99/13.AK -, juris Rn. 459 ff.
9Danach sind die Auswirkungen anderer Windenergieanlagen jedenfalls zu berücksichtigen, wenn die diesbezüglichen eingereichten Antragsunterlagen vor denjenigen der streitgegenständlichen Anlage vollständig gewesen sind.
10Der Senat hält an dieser Rechtsauffassung auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fest, wonach bei einer FFH-Verträglichkeitsprüfung andere Projekte in der Regel erst nach deren erteilten Zulassungsentscheidungen zu berücksichtigen sind.
11Vgl. zuletzt BVerwG, Beschluss vom 31. Juli 2017 ‑ 7 B 15.16 -, juris.
12Dafür spricht, dass nunmehr der Gesetzgeber in § 12 Abs. 2 UVPG in der ab dem 29. Juli 2017 geltenden – hier noch nicht anwendbaren – Fassung (BGBl. I S. 2808) der Auffassung des Senats gefolgt ist. Diese Vorschrift regelt die UVP-Pflicht bei hinzutretenden Vorhaben, bei denen das frühere Vorhaben noch im Zulassungsverfahren ist, entsprechend der Reihenfolge der vollständig eingereichten Antragsunterlagen: Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren bereits vollständig eingereicht sind, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben 1. die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten, 2. die allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder 3. die standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten (Satz 1, Hervorhebung durch das Gericht). Für das frühere Vorhaben besteht in diesen Fällen weder eine UVP-Pflicht noch eine Pflicht zur Durchführung einer Vorprüfung (Satz 3).
13Der Gesetzgeber wollte mit dieser Regelung die bestehenden Rechtsunsicherheiten im UVP-Recht bei der Kumulation von Vorhaben beseitigen,
14so die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 18/11499, S. 82,
15und den Vorhaben, für die bereits vollständige Antragsunterlagen eingereicht worden sind, denselben „Bestandsschutz“ zubilligen wie bereits genehmigten Vorhaben.
16Vgl. BT-Drs. 18/11499, S. 85 (zu § 11 Abs. 3 und § 12 Abs. 2 UVPG).
17Vollständige Unterlagen liegen grundsätzlich dann vor, wenn die Unterlagen in einer Weise prüffähig sind, dass sie sich zu allen rechtlich relevanten Aspekten des Vorhabens verhalten und die Behörde in die Lage versetzen, den Antrag unter Berücksichtigung dieser Vorgaben näher zu prüfen (vgl. auch § 7 der 9. BImSchV). Nicht vollständig sind Unterlagen dann, wenn sie rechtlich relevante Fragen vollständig ausblenden (wie etwa bei einer erforderlichen, aber fehlenden Schallimmissionsprognose für Windenergieanlagen). Die Unterlagen müssen allerdings nicht schon die Genehmigungsfähigkeit belegen. Es ist also nicht erforderlich, dass ein vorzulegendes Gutachten der Prüfung in jeder Hinsicht standhält und keine weiteren fachlichen Fragen aufwirft. Fachliche Einwände und ein fachliches Nachhaken stehen der Annahme der Vollständigkeit nicht entgegen, sofern die fragliche Unterlage eine fachliche Prüfung überhaupt ermöglicht.
18Vgl. Bay. VGH, Beschlüsse vom 31. Juli 2017 ‑ 22 ZB 17.1033 -, juris Rn. 14 f., und vom 16. September 2016 - 22 ZB 16.304 -, juris Rn. 10 (jeweils zur Übergangsvorschrift des Art. 83 Abs. 1 Bayerische Bauordnung, der einen vollständigen Antrag auf Genehmigung von Anlagen unter anderem zur Nutzung von Windenergie voraussetzt).
19Gemessen an diesen Vorgaben waren die Antragsunterlagen für die WEA 3 bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung früher als die Unterlagen für die WEA 5 vollständig eingereicht im oben genannten Sinne. Für die WEA 5 ist nach den unwidersprochenen Angaben der Beigeladenen unter dem 30. August 2012 eine Vollständigkeitsbescheinigung erteilt worden. Hinsichtlich der in Rede stehenden WEA 3 hat der Antragsgegner die im Genehmigungsverfahren zu beteiligenden Behörden und Stellen bereits unter dem 27. März 2012 angeschrieben. Damit dürften die damaligen Unterlagen für die WEA 3 zu diesem Zeitpunkt vollständig im Sinne von „hinreichend prüffähig“ gewesen sein. Die Beigeladene wertet dieses Schreiben als Vollständigkeitsbescheinigung i. S. v. § 7 der 9. BImSchV. Hierzu hat der zuständige Mitarbeiter des Antragsgegners mit Schreiben vom 27. August 2015 an den Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen erläutert, er stelle eine Vollständigkeitsbescheinigung nach § 7 der 9. BImSchV bereits dann aus, wenn die eingereichten Unterlagen die Mindestangaben und Unterlagen enthielten, die die Einschaltung der Träger öffentlicher Belange ermögliche. Zu diesem Zeitpunkt sei noch nicht absehbar, ob der Antrag genehmigungsfähig sei und welche Unterlagen hierzu gegebenenfalls noch benötigt würden. Diese Verwaltungspraxis entspricht grundsätzlich den oben genannten Vorgaben für die Vollständigkeit der Unterlagen; danach kommt es in der Regel nicht darauf an, ob der Antrag allein aufgrund der „vollständig“ eingereichten Unterlagen genehmigungsfähig ist und ob die Behörde vertiefende Unterlagen nachfordert. Aus den behördlichen Verfahrensakten ergeben sich hier auch keine Anhaltspunkte, dass für die Prüffähigkeit im eben genannten Sinne rechtlich relevante Unterlagen zum Zeitpunkt der Vollständigkeitsbescheinigung gefehlt haben und erst später (erstmals) vorgelegt wurden.
20Daran, dass die WEA 5 nicht zu berücksichtigen war, ändert sich nichts dadurch, dass die Beigeladene für die WEA 3 zunächst nur einen Vorbescheid beantragt hatte. Auch ein Vorbescheid nach § 9 BImSchG oder eine Teilgenehmigung nach § 8 BImSchG vermitteln dem Anlagenbetreiber eine bestandsgeschützte Position; dementsprechend begründen auch vollständig eingereichte Antragsunterlagen für einen Vorbescheid oder eine Teilgenehmigung einen verfahrensrechtlich verfestigten Status. Die Erteilung sowohl eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids als auch einer immissionsschutzrechtlichen Teilgenehmigung setzen im Übrigen ein vorläufig positives Gesamturteil über die Auswirkungen der geplanten Gesamtanlage voraus. Dessen ungeachtet bezog sich der streitgegenständliche Vorbescheidsantrag ausdrücklich auch auf die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den „Belangen von Vögeln und Fledermäusen“. Damit war die Frage nach erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen einer etwaigen Windfarm i. S. v. § 3c UVPG a. F. aufgeworfen, die durch den Vorbescheid geklärt werden sollte.
21Die WEA 2 war im Genehmigungsverfahren der WEA 3 bei der Frage, ob eine Vorprüfung durchzuführen ist, ebenfalls nicht zu berücksichtigen. Denn bevor der Antragsgegner den Vorbescheid für die WEA 3 am 15. Dezember 2015 erteilt hat, hatte die Beigeladene den Antrag betreffend die WEA 2 bereits am 22. April 2015 zurückgenommen. War mithin die WEA 2 nicht mehr miteinzubeziehen, entfiel die Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen Vorprüfung gemäß § 3c Satz 2 UVPG a. F. i. V. m. Nr. 1.6.3 der Anlage 1 zum UVPG a. F. im Genehmigungsverfahren für die WEA 3. Dass die Beigeladene zwei Tage nach Erlass des Vorbescheides für die WEA 3 erneut einen Antrag für die Errichtung einer (kleineren) WEA 2 gestellt hat, führt nicht dazu, dass die Pflicht wieder aufgelebt ist. Denn dieser Antrag ist erkennbar nach dem Zeitpunkt gestellt worden, in dem die Antragsunterlagen für die WEA 3 vollständig vorgelegen haben.
22Unabhängig vom Vorstehenden dürften die Windenergieanlagen WEA 1, 3 und 5 auch wegen ihrer großen Abstände untereinander trotz des vom Verwaltungsgericht festgestellten, sich überschneidenden Prüfbereichs von 4.000 m hinsichtlich des Rotmilans keine Windfarm bilden. Der Abstand zwischen der WEA 5 und der WEA 1 beträgt annähernd das 20-Fache des jeweiligen Rotordurchmessers (Entfernung zwischen beiden Anlagen von 2.241 m : Rotordurchmesser der WEA 1 von 114 m = 19,66; Entfernung zwischen beiden Anlagen von 2.241 m : Rotordurchmesser der WEA 5 von 116,8 m = 19,19). Die Entfernung zwischen der WEA 3 und der WEA 5 beläuft sich sogar auf 3.265 m.
23Vgl. dazu auch die hier noch nicht anwendbare Definition einer Windfarm in § 2 Abs. 5 Satz 1 UVPG in der ab dem 29. Juli 2017 geltenden Fassung: „Windfarm im Sinne dieses Gesetzes sind drei oder mehr Windkraftanlagen, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden.“ Nach Auffassung der Bundesregierung (Gegenäußerung zu einer Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drs. 18/11948, S. 20) solldiese Regelung verhindern, dass mehrere Kilometer voneinander entfernt liegende Windkraftanlagen nur wegen der sich überschneidenden oder sichberührenden Einwirkungsbereiche eine gemeinsame Windfarm bilden, weil ansonsten die UVP(‑Vorprüfung) erheblich erschwert würde.
242. Der angefochtene Beschluss stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar.
25a) Der angefochtene Vorbescheid des Antragsgegners vom 15. Dezember 2015 in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 8. Februar 2016 und die der Beigeladenen erteilte Genehmigung des Antragsgegners vom 18. März 2016 erweisen sich aller Voraussicht nach als rechtmäßig und verletzen die Antragsteller nicht in ihren rügefähigen Rechten.
26Die – hier nach § 4 BImSchG i. V. m. § 1 Abs. 1 der 4. BImSchV und Nr. 1.6.2 des Anhangs zur 4. BImSchV erforderliche – immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist nach § 6 Abs. 1 BImSchG zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer auf Grund des § 7 BImSchG erlassenen Verordnung ergebenden Pflichten erfüllt sind (Nr. 1) und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlagen nicht entgegenstehen (Nr. 2).
27Der Erteilung der Genehmigung stehen weder die von den Antragstellern geltend gemachten Bedenken in Bezug auf unzulässige Lärmimmissionen (dazu aa) noch hinsichtlich einer optisch bedrängenden Wirkung der Windenergieanlagen (dazu bb) entgegen. Dasselbe gilt für die von den Antragstellern angeführten allgemeinen Unfallgefahren (dazu cc) sowie Körperschall beim Betrieb von Windenergieanlagen (dazu dd). Auf die behaupteten Verstöße gegen artenschutzrechtliche Belange in Bezug auf Vögel und Fledermäuse können sich die Antragsteller nicht mit Erfolg berufen (dazu ee).
28aa) Die Antragsteller werden voraussichtlich nicht durch Lärmimmissionen, die von dem genehmigten Betrieb der streitbefangenen Windenergieanlage ausgehen, unzumutbar beeinträchtigt (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG).
29Dies folgt aus der vorgelegten Schallimmissionsprognose der Q-H GmbH aus I. von Juni 2015, ergänzt durch Stellungnahmen vom 8. Dezember 2015, vom 4. April 2016 und vom 18. November 2016. Danach wird insbesondere der hier maßgebliche nächtliche Richtwert von 45 dB(A) bei der nachts nach C. 3) der Nebenbestimmungen des Vorbescheides vom 15. Dezember 2015 nur zulässigen schallreduzierten Betriebsweise mit einer maximalen Leistung von 1.880 kW und einem Schallleistungspegel von ≤ 104,0 dB(A) eingehalten. Dass den Berechnungen der reduzierte Schallleistungspegel von 104,0 dB(A) zugrunde gelegt worden ist, ergibt sich aus der letzten Seite der Schallimmissionsprognose. Die Angabe der Nennleistung mit dem nicht reduzierten Wert von 2.050 kW an derselben Stelle wirkt sich vor diesem Hintergrund nicht aus, zumal es sich um ein Versehen handeln dürfte. Dass es sich um die Berechnung bei reduziertem Betrieb handelt, ergibt sich nicht zuletzt aus der Überschrift „Schall Zusatzbelastung (reduziert)“ im Gegensatz zu der Überschrift bei der Berechnung im nichtreduzierten Betrieb („Schall Zusatzbelastung“).
30Die hiergegen erhobenen Einwände der Antragsteller, Schallreflexionen der Gebäude seien nicht berücksichtigt worden (dazu (1)) und die Windenergieanlage sei aufgrund ihrer Höhe insbesondere bei Gegenwind lauter als berechnet (dazu (2)), greifen nicht durch.
31(1) Die Antragsteller tragen vor, Schallreflexionen von über Eck stehenden Gebäuden könnten den Immissionspegel um bis zu 3 dB(A) erhöhen. Dies wirkt sich jedoch in ihrem Fall bezogen auf die WEA 3 voraussichtlich nicht aus. Nach der ergänzenden Stellungnahme der Q-H GmbH vom 4. April 2016 wurde bei der Standortaufnahme für die ausgewählten Immissionsorte festgestellt, dass keine Gebäudeanordnungen gegeben sind, die zu möglichen Schallreflexionen führen. Dies wird bestätigt durch die im Verwaltungsvorgang 4a, Blatt 380 und 381 abgedruckten Fotos. Danach steht das Wohnhaus der Antragsteller zusammen mit dem angebauten Nebengebäude in Richtung WEA 3 nicht über Eck, sondern im Wesentlichen frontal zur WEA 3. Dass das vom Standpunkt der WEA 3 schräg dahinter befindliche Nebengebäude entgegen der Schallimmissionsprognose Schallimmissionen der WEA 3 in erheblicher Weise in Richtung des Wohnhauses der Antragsteller reflektieren könnte, haben diese nicht substantiiert dargelegt, sondern nur pauschal behauptet.
32(2) Weiter machen die Antragsteller geltend, die Schallimmissionsprognose der Q-H GmbH sei deswegen unbrauchbar, weil sie die Schallausbreitung bei hohen Lärmquellen und bei Gegenwind nicht ausreichend berücksichtige, und daher der nächtliche Richtwert für ihr Wohnhaus von 45 dB(A) überschritten werde.
33Die Schallimmissionsprognose der Q-H GmbH beruht nach der dortigen Nr. 1.3.1 auf der TA Lärm und dem alternativen Berechnungsverfahren nach DIN ISO 9613-2.
34Der Senat geht ebenso wie andere Obergerichte davon aus, dass aufgrund des erreichten Erkenntnisstands bisher nicht anzunehmen ist, dass das alternative Verfahren nach DIN ISO 9613-2 durch neue gesicherte Erkenntnisse überholt wäre und die auf seiner Grundlage erstellten Schallimmissionsprognosen nicht mehr verwertbar wären. Demgemäß ist jedenfalls im gerichtlichen Eilverfahren weiter davon auszugehen, dass eine Schallprognose „auf der sicheren Seite“ liegt, wenn sie entsprechend dem Regelwerk der TA Lärm sowie der in Bezug genommenen DIN ISO 9613-2 erstellt worden ist.
35Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Juli 2017 - 8 B 140/17 -, n. v., Beschlussabdruck S. 9 f., unter Hinweis auf OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2016 ‑ 8 B 1015/15 -, juris Rn. 21 ff., m. w. N., und Urteil vom 9. Dezember 2016 - 8 A 442/16 -, BzAR 2017, 204 = juris Rn. 69 f. m. w. N. (zur TA Luft), sowie auf VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 23. Februar 2016 ‑ 3 S 2225/15 -, juris Rn. 66; Bay. VGH, Beschluss vom 18. Februar 2016 - 22 ZB 15.2412 -, juris Rn. 26 ff., 57.
36An dieser Einschätzung hält der Senat auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Antragsteller fest.
37Diese berufen sich zunächst auf eine Untersuchung des Landesamtes für Umweltschutz des Landes Sachsen-Anhalt aus dem Jahre 2004. Danach traten bei Windenergieanlagen bis zu 100 m Nabenhöhe in einer Entfernung von 700 m bis 1.500 m unter bestimmten meteorologischen Voraussetzungen nachts unter Gegenwindbedingungen höhere Immissionspegel auf als unter Mitwindbedingungen. Die Antragsteller haben bereits nicht hinreichend aufgezeigt, dass diese Untersuchungsergebnisse auf ihr Wohnhaus übertragbar sind, das von der WEA 3 lediglich etwa 351 m entfernt liegt. Von dieser Entfernung, die sich ebenfalls aus der Schallimmissionsprognose (Decibel - Hauptergebnis, Abstände und Decibel - Detaillierte Ergebnisse) ergibt, gehen die Antragsteller in ihrem Schriftsatz vom 14. März 2016 im Klageverfahren gegen den Vorbescheid (VG Minden 11 K 186/16) selbst aus.
38Aus der von den Antragstellern in ihrem Antragsschriftsatz vom 30. Mai 2016 übersandten Abbildung 9 folgt nichts anderes. Nach den dort wiedergegebenen Messergebnissen können bei hochliegenden Quellen unter bestimmten Rahmenbedingungen unter Gegenwind höhere Pegel auftreten als unter Mitwind. Nach den von den Antragstellern selbst zitierten Erläuterungen von Herrn R. (LANUV) sind derartige Immissionssituationen nicht der Regelfall; unter welchen Randbedingungen derartige Phänomene aufträten und wie beurteilungsrelevant sie seien, bedürfe noch weiterer Untersuchungen. Dessen ungeachtet haben die Antragsteller nicht substantiiert vorgetragen, inwieweit die Messergebnisse auf ihre Wohnsituation übertragbar sein könnten.
39Die Ausführungen der Antragsteller auf Seite 21 ihres Antragsschriftsatzes vom 30. Mai 2016 (unter „Hinweis“) zur Anzahl notwendiger Messungen nach der TA Lärm lassen den Zusammenhang mit der vorliegenden Schallimmissionsprognose nicht erkennen. Dasselbe gilt im Ergebnis für die von den Antragstellern in Bezug genommene Abbildung 11 (Seite 22 ihres Antragsschriftsatzes vom 30. Mai 2016) mit Messergebnissen bei einer Ausbreitungsdistanz von 800 m. Aus welchen Gründen diese Erkenntnisse auf einen 351 m entfernt liegenden Immissionsort übertragbar sein sollten, ist weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich.
40Aus Abbildung 12 (Seite 23 des Antragsschriftsatzes vom 30. Mai 2016) ergibt sich auch nach den Erläuterungen der Antragsteller, dass bei Lärmquellenhöhen von 50 m bis 200 m (wie hier in Betracht kommend) in den Abstandsklassen bis 250 m die Ausbreitungsberechnung auf der sicheren Seite liegt. Nur bei der hier in Betracht kommenden Abstandsklasse bis 500 m und einer Quellenhöhe von 50 m ist die berechnete Prognose danach unsicher. Dass dadurch das oben genannte Berechnungsverfahren nach DIN ISO 9613-2 überholt wäre, ist jedoch weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Im Übrigen tragen auch die Antragsteller vor, es gehe vor allem um Prognoseunsicherheiten bei weiten Entfernungen ab etwa 600 m. Davon weichen die örtlichen Gegebenheiten vorliegend ab.
41bb) Die Ausführungen der Antragsteller lassen ferner nicht erkennen, dass das Vorhaben gegen das in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB verankerte Gebot der Rücksichtnahme verstößt, weil die streitgegenständliche Anlage eine unzumutbare optisch bedrängende Wirkung auf ihr Hausgrundstück entfaltet.
42(1) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats hat sich die Einzelfallabwägung, ob eine Windenergieanlage bedrängend auf die Umgebung wirkt, in einem ersten Schritt an der Gesamthöhe (Nabenhöhe zuzüglich der Hälfte des Rotordurchmessers) der Anlage zu orientieren. Darüber hinaus sind die örtlichen Verhältnisse in die Einzelfallbewertung einzustellen. So sind u. a. die Höhe und der Standort der Windenergieanlage, die Größe des Rotordurchmessers, eine Außenbereichslage des Grundstücks, die Lage bestimmter Räumlichkeiten und deren Fenster sowie von Terrassen zur Windenergieanlage von Bedeutung. Zu berücksichtigen ist auch, ob von dem Wohngrundstück aus eine hinreichende Abschirmung zur Anlage besteht oder in zumutbarer Weise hergestellt werden kann. Relevant ist im Weiteren der Blickwinkel auf die Anlage, da es für die Erheblichkeit der optischen Beeinträchtigung einen Unterschied macht, ob die Anlage in der Hauptblickrichtung eines Wohnhauses liegt oder sich seitwärts von dieser befindet. Auch die Hauptwindrichtung kann von Bedeutung sein. Denn von der mit der Windrichtung wechselnden Stellung des Rotors hängt es ab, wie häufig in welcher Größe die vom Rotor bestrichene Fläche voneinem Wohnhaus aus wahrgenommen wird. Zu berücksichtigen ist im Weiteren die topographische Situation. So kann etwa von einer auf einem Hügel gelegenen Windenergieanlage eine andere Wirkung als von einer auf tiefer liegendem Geländeerrichteten Anlage ausgehen. Auch können Waldgebiete oder Gebäude einenzumindest partiellen Sichtschutz bieten. Einfluss auf das Maß der optischen Beeinträchtigung können auch schon vorhandene Windenergieanlagen haben. Denn einer Einzelanlage kann in diesem Zusammenhang je nach der Situation im Einzelfall ein stärkeres Gewicht zukommen als einer Anlage, die sich in eine schon vorhandene (optische) Vorbelastung einfügt und deshalb keine besondere zusätzliche Belastung für die Wohnnutzung darstellt. Je nach Fallkonstellation kann aber auch erst die hinzutretende Anlage in der Zusammenschau mit den bereits vorhandenen Anlagen zu einer unzumutbaren optisch bedrängenden Wirkung führen. Unter Berücksichtigung insbesondere der vorstehenden Kriterien lassen sich für die Ergebnisse der Einzelfallprüfungen grobe Anhaltswerte prognostizieren: Beträgt der Abstand zwischeneinem Wohngebäude und einer Windenergieanlage mindestens das Dreifache der Gesamthöhe der geplanten Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu dem Ergebnis kommen, dass von dieser Anlage keine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung ausgeht. Bei einem solchen Abstand treten die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage so weit in den Hintergrund, dass ihr in der Regel keine beherrschende Dominanz und keine optisch bedrängende Wirkung gegenüber der Wohnbebauung zukommt. Ist der Abstand geringer als das Zweifache der Gesamthöhe der Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu einerdominanten und optisch bedrängenden Wirkung der Anlage gelangen. Ein Wohnhaus wird bei einem solchen Abstand in der Regel optisch von der Anlage überlagert und vereinnahmt. Auch tritt die Anlage in einem solchen Fall durch den verkürzten Abstand und den damit vergrößerten Betrachtungswinkel derart unausweichlich in das Sichtfeld, dass die Wohnnutzung überwiegend in unzumutbarer Weise beeinträchtigt wird. Beträgt der Abstand zwischen dem Wohnhaus und der Windenergieanlage das Zwei- bis Dreifache der Gesamthöhe der Anlage, bedarf es regelmäßig einer besonders intensiven Prüfung des Einzelfalls. Diesem groben Raster liegt die Überlegung zu Grunde, dass die optisch bedrängende Wirkung einer Windenergieanlage mit zunehmendem Abstand regelmäßig abnimmt. Anders ausgedrückt: Je größer der Abstand zwischen einer Windenergieanlage und einem Wohnhaus ist, desto mehr treten die Kriterien, die für die optisch bedrängende Wirkung einer Windenergieanlage verantwortlich sein können, im Rahmen der vorzunehmenden Einzelfallbetrachtung in den Hintergrund.
43Vgl. OVG NRW, Urteil vom 9. August 2006 - 8 A 3726/05 -, juris Rn. 67 ff., und aus jüngerer Zeit etwa Beschlüsse vom 30. März 2017 - 8 A 2915/15 -, juris Rn. 35 f., und vom 20. Juli 2017 - 8 B 396/17 -, juris Rn. 22 ff., jeweils m. w. N.
44Die Auffassung der Antragsteller, aus den Regelungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 des Gesetzes zum Ausbau von Energieleitungen (EnLAG) betreffend Erdkabel auf der Höchstspannungsebene und des § 3 Abs. 4 Nr. 1 und Nr. 2 des Gesetzes über den Bundesbedarfsplan (BBPlG) betreffend Leitungen zur Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragung ergebe sich, dass von vornherein größere Mindestabstände zu Windenergieanlagen einzuhalten seien, stellt die eben genannten Maßstäbe nicht durchgreifend in Frage. Zum einen betreffen die von den Antragstellern herangezogenen Vorschriften andere Regelungsgegenstände. Zum anderen handelt es sich bei dem vom Senat im Zusammenhang mit optischen Beeinträchtigungen herangezogenen Abstand in Höhe des Dreifachen der Anlagengesamthöhe lediglich um eine Orientierungsgröße, die nicht von einer Betrachtung der konkreten Einzelfallumstände entbindet.
45Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Juni 2017 - 8 B 1233/16 -, n. v., Beschlussabdruck, S. 13.
46(2) Gemessen an den vorstehenden Anforderungen ist auch unter Berücksichtigung des Antragsvorbringens nicht von einer optisch bedrängenden Wirkung der streitgegenständlichen Windenergieanlage in Bezug auf das Wohnhaus der Antragsteller auszugehen.
47Insbesondere wird vorliegend der dreifache Abstand der WEA 3 von der Wohnbebauung nur unwesentlich unterschritten. Die Entfernung zwischen der WEA 3 und dem Wohnhaus der Antragsteller beträgt etwa 351 m und entspricht damit dem 2,8-Fachen der Gesamthöhe der Anlage (Nabenhöhe 78,5 m + Hälfte des Rotordurchmessers 46 m = 124,5 m).
48Es liegen demgegenüber keine Einzelfallumstände vor, die trotz der Entfernung zwischen der Windenergieanlage und dem Wohnhaus der Antragsteller für eine optisch bedrängende Wirkung sprechen. Die insoweit vorgebrachten Einwände der Antragsteller greifen nicht durch. Da es sich dabei um eine rechtliche Würdigung handelt, bedurfte es entgegen der Ansicht der Antragsteller auch keiner gesonderten Untersuchung durch Sachverständige.
49Das Foto (Bild 3) auf Blatt 381 der Beiakte 4a zeigt zwar, dass die nach Südosten ausgerichtete Hausfront einen weitgehend ungehinderten Blick auf die WEA 3 bietet. Nur vor einem Fenster neben der Tür im Erdgeschoss befinden sich Büsche, welche den Blick auf die WEA 3 aus diesem Fenster deutlich abmildern dürften. Die Antragsteller haben allerdings nicht ansatzweise dargelegt, ob und gegebenenfalls auf welche Weise sie die Räume nutzen, von deren Fenstern im Erdgeschoss, im ersten Obergeschoss und unter dem Giebel aus die WEA 3 sichtbar ist. Dass in anderen Blickrichtungen um das Haus der Antragsteller herum weitere Windenergieanlagen stehen oder errichtet werden sollen (im näheren Umfeld: WEA 1 in südwestlicher Richtung und WEA 2 in nordwestlicher Richtung), führt nicht ohne Weiteres dazu, dass von der WEA 3 (in südöstlicher Richtung) eine optisch bedrängende Wirkung ausgeht oder alle Anlagen gemeinsam eine „Kesselwirkung“ erzeugen. Substantiierte Ausführungen dazu fehlen. Im Übrigen befindet sich der Garten zum Wohnhaus der Antragsteller nach den von der Beigeladenen im Verfahren 11 K 186/16 (VG Minden) vorgelegten Luftbildern von der WEA 3 aus betrachtet hinter dem Wohnhaus nebst Anbau und ermöglicht keinen Blick auf diese Windenergieanlage.
50cc) Die Antragsteller sind auch nicht einem von der streitbefangenen Windenergieanlage verursachten unzumutbaren, über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehenden Unfallrisiko ausgesetzt. Sie können nicht die Abwehr jeder theoretisch denkbaren Gefahr beanspruchen, sondern nur den Schutz vor einer konkreten Gefahr, die hier nicht ersichtlich ist.
51Die Antragsteller sind zu Unrecht unter Berufung auf das Anwendungsdokument bzw. Generalgutachten „Windenergieanlagen in Nähe von Schutzobjekten - Bestimmung von Mindestabständen“ der Ingenieurgesellschaft mbH Veenker vom 11. Dezember 2014 (im Folgenden: ‚Veenker-Gutachten‘) der Auffassung, dass zum Schutz vor Unfallgefahren ein (hier unterschrittener) Mindestabstand von 690 m zwischen ihrem Wohnhaus und der WEA 3 einzuhalten sei. Der Senat hat sich mit diesem Vorbringen bereits ausführlich in seinem dem Prozessbevollmächtigten der Antragsteller bekannten Beschluss vom 29. Juni 2017 - 8 B 1233/16 -, n. v., Beschlussabdruck, S. 14 ff., auseinandergesetzt, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird. Das Veenker-Gutachten ist kein die Verwaltung oder die Beigeladene bindendes normatives Regelwerk. Es besteht weder das zwingende Erfordernis einer Einzelfallberechnung noch das Erfordernis eines Mindestabstands von 690 m. Im Übrigen empfiehlt die Anlage A 12 der von den Antragstellern vorgelegten Kurzfassung des Veenker-Gutachtens für eine Windenergieanlage der hier vorliegenden Größe (Nabenhöhe bis 80 m; Klasse 2) einen Mindestabstand zu Einzelbauwerken von 180 m. Dieser Abstand wird für das Wohnhaus der Antragsteller (in 351 m Entfernung zu WEA 3) deutlich überschritten.
52Ein mit Blick auf ein mögliches Rotorblattversagen zu geringer Abstand der streitgegenständlichen Windenergieanlage zum Wohnhaus der Antragsteller ergibt sich auch nicht aus der undatierten Studie des TÜV Nord e. V. mit dem Titel „Rotorblattversagen - Gefährdungsanalyse für die Umgebung einer Windenergieanlage“. Der darin bei einer Anlage mit einem bis zu 100 m hohen Turm vorgeschlagene Mindestabstand des 2,94-Fachen des Rotordurchmessers beträgt hier etwa 271 m und ist damit eingehalten.
53Auch die „Gutachterliche Stellungnahme zu Unfallgefahren durch Windanlagen im Umfeld von Wohnhäusern - Mindestabstände und Unbedenklichkeitsgrenzen“ des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller vom 27. Mai 2016 führt zu keinem anderen Ergebnis. Dieses Vorbringen hat der Senat im Wesentlichen bereits in seinem vorzitierten Beschluss gewürdigt, insbesondere dasjenige zur Verwertbarkeit eines TÜV-Gutachtens, zur Senatsrechtsprechung im Urteil vom 28. August 2008 betreffend Unfälle durch Windenergieanlagen, zur Unfallhäufigkeit bei Windenergieanlagen und zum Gutachten Veenker. Die von den Antragstellern zitierten Auszüge aus dem Abstandserlass NRW aus dem Jahre 1998 sehen keinen Mindestabstand vor. Auf Mindestabstände, welche andere Bundesländer festgesetzt haben, können die Antragsteller sich in Nordrhein-Westfalen nicht berufen.
54dd) Die Antragsteller zeigen weiter nicht auf, dass schädliche Umwelteinwirkungen auf ihr Wohngrundstück durch Körperschall zu erwarten sind. Ihre Ausführungen zu Auftreten und Wirkung von Körperschall bleiben im Allgemeinen. Aufgrund welcher konkreter Umstände des vorliegenden Falles nachteilige Auswirkungen durch Körperschall entstehen könnten, zeigen sie nicht plausibel auf: Sie berufen sich zunächst auf eine Untersuchung der Fachhochschule Düsseldorf. Aus dem dazu vorgelegten kurzen Beitrag „Ist Lärmschutz bei Windenergieanlagen notwendig?“, der auf eine studentische Projektarbeit an der Fachhochschule Düsseldorf zurückgeht, folgt, dass tiefe Frequenzen beim Betrieb von Windenergieanlagen entstehen und über den Boden übertragen werden können. Beim Betrieb mehrerer Windenergieanlagen seien Interferenzen des abgestrahlten Körperschalls möglich, die im ungünstigen Fall in der Lage seien, „z. B. Decken angrenzender Baustrukturen anzuregen“. Welche konkreten Auswirkungen in welchen Entfernungen bei welcher Art Windenergieanlage zu erwarten sind, ergibt sich aus diesem Beitrag jedoch nicht. Aus den von den Antragstellern außerdem angeführten Auszügen aus der Präsentation „Schwingungsmessungen an WEA-Fundamenten“ von Matthias Korschek auf dem Branchentag Windenergie NRW 2016 vom 14. Juni 2016 ergibt sich im Wesentlichen nur, dass es Schwingungen im Fundament einer Windenergieanlage gibt. Die von den Antragstellern ferner eingereichten Ausdrucke zu der Frage, ob vier Windenergieanlagen im Jahre 2007 Risse in den Wänden eines 350 m entfernten Wohnhauses verursacht haben, bleiben im Spekulativen („possibly“, „supposedly“, „May be“).
55Schließlich führt der bloße Hinweis der Antragsteller auf den Gemeinsamen Runderlass des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, des Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr und des Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport vom 31. Juli 2000 (MBl. NRW. 2000 S. 945, geändert durch Runderlass vom 4. November 2003 - MBl. NRW. 2004 S. 97) nicht weiter. Der genannte Erlass befasst sich nicht mit Erschütterungen durch Windenergieanlagen. Dasselbe gilt für die von den Antragstellern eingereichten Informationen vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) zu Erschütterungsimmissionen.
56ee) Auf einen Verstoß gegen artenschutzrechtliche Verbotstatbestände des § 44 BNatSchG (insbesondere betreffend Rotmilan und Fledermäuse) können die Antragsteller sich nicht mit Erfolg berufen, weil die Norm nicht drittschützend ist.
57Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. März 2017 - 8 A 2915/15 -, juris Rn. 45 ff., m. w. N.
58II. Ist somit bei summarischer Prüfung ein Unterliegen der Antragsteller in der Hauptsache wahrscheinlicher als ein Obsiegen, überwiegt insgesamt das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheids und damit an einer Inbetriebnahme der geplanten Windenergieanlage zum frühestmöglichen Zeitpunkt das Interesse der Antragsteller an einer aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen.
59Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 9. Juni 2017 ‑ 8 B 1264/16 -, juris Rn. 102.
60Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig, da sie im Beschwerdeverfahren einen eigenen Sachantrag gestellt und sich damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
61Die Streitwertfestsetzung und -änderung beruht auf den §§ 39 Abs. 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG. Der Senat orientiert sich in Fällen der vorliegenden Art an Nr. 19.2 i. V. m. Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs 2013 und setzt bis zum Erreichen einer Obergrenze von 60.000 Euro im Klageverfahren für jede streitgegenständliche Windenergieanlage einen Streitwert in Höhe von 15.000 Euro im Klageverfahren und von 7.500 Euro im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes fest.
62Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. März 2017 - 8 E 928/16 -, juris Rn. 7, m. w. N.
63Wenn ein Vorbescheid und die nachfolgende Genehmigung angegriffen werden, ist im Hauptsacheverfahren für den Vorbescheid von einem Streitwert in Höhe von 15.000 Euro auszugehen, während für die nachfolgende Genehmigung ein Streitwert von 7.500 Euro anzusetzen ist. Diese Werte sind nach § 39 Abs. 1 GKG ggf. zu addieren. In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes werden sie im Regelfall halbiert.
64Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. November 2009 ‑ 8 B 1342/09.AK -, juris Rn. 1, 8, 23 f., 37 (betreffend immissionsschutzrechtliche Vorbescheide und Teilgenehmigungen bei Großvorhaben).
65Nach diesen Vorgaben sind Streitwerte für den Vorbescheid vom 15. Dezember 2015 in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 8. Februar 2016 in Höhe von 15.000 Euro und für die Genehmigung vom 18. März 2016 in Höhe von 7.500 Euro festzusetzen und zu addieren, weil die Antragsteller hinsichtlich der genannten Bescheide vorläufigen Rechtsschutz beantragt haben. Für das Verfahren erster Instanz ist dieser Streitwert entgegen dem Regelfall in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht zu halbieren, weil die Antragsteller auch eine Beseitigung der streitbefangenen Anlage beantragt haben. Dieses Begehren geht über eine bloß vorläufige Regelung hinaus. Im Beschwerdeverfahren ist der Streitwert hingegen zu halbieren, weil der Antrag der Antragsteller nur die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen hinsichtlich des Vorbescheides und der Genehmigung betrifft.
66Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 6 Satz 3 GKG).