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Eine Irreführung im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der VO (EU) Nr. 1169/2011 ist dann anzunehmen, wenn der Verbraucher durch die Information zu der irrtümlichen Annahme verleitet wird, dass das Erzeugnis eine andere Eigenschaft als in Wirklichkeit hat.
Bei der Beurteilung der Frage, ob der Verbraucher durch die betreffende Information irregeführt wird, ist auf die mutmaßliche Erwartung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen.
Bei der Bestimmung der Erwartung des maßgeblichen Durchschnittsverbrauchers können die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuchs als Orientierung herangezogen werden.
Die Erwartung des Durchschnittsverbrauchers ist grundsätzlich unabhängig davon zu bestimmen, ob und wie viele Verbraucher das Produkt tatsächlich wegen einer irreführenden Angabe beanstanden. Liegen allerdings solche Verbraucherbeschwerden vor, kann das als Indiz für eine irreführende Information berücksichtigt werden.
Die Bezeichnung „Geflügel Salami“ erweckt beim Verbraucher den Eindruck, das Produkt enthalte ausschließlich Geflügel, und keine Bestandteile anderer Tierarten, etwa vom Schwein.
Eine Irreführung kann im Einzelfall auch dann vorliegen, wenn die Vorgaben des Art. 17 Abs. 5 i. V. m. Anhang VI Teil A Nr. 4 VO (EU) Nr. 1169/2011 eingehalten sind.
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
I.
2Die Klägerin stellt in ihrem Betrieb im Gebiet des Beklagten Fleischerzeugnisse her und vertreibt diese bundesweit über den Einzelhandel, u. a. das Produkt „Geflügel Salami“.
3Auf der Vorderseite der Fertigverpackung dieses Produkts befindet sich auf einer transparenten Folie unterhalb des Logos der Klägerin die Angabe „Geflügel Salami“. Auf der Rückseite der Verpackung erfolgt ‑ oberhalb des Zutatenverzeichnisses und der Nährwertangaben ‑ in Fettdruck die Angabe „Geflügel Salami“ und darunter in kleinerer Schrift und nicht in Fettdruck die Angabe „mit Schweinespeck“. Im Zutatenverzeichnis ist als Zutat zunächst Putenfleisch aufgeführt, sodann Schweinespeck, gefolgt von weiteren Zutaten wie etwa Speisesalz, Traubenzucker, Gewürze und Zusatzstoffe. Ferner wird dort angegeben, dass 100 g Salami aus 124 g Putenfleisch und 13 g Schweinespeck hergestellt werden.
4Seit Herbst 2016 gingen dem Beklagten als für die Lebensmittelüberwachung zuständige Behörde zu klägerischen Produkten mehrere Beanstandungen unterschiedlicher Untersuchungseinrichtungen zu. In Bezug auf das Produkt „Geflügel Salami“ rügten das hessische Landeslabor und das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Ostwestfalen-Lippe mit Prüfberichten vom 21. Oktober 2016, vom 23. Mai 2017 und vom 9. Juni 2017 einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der VO (EU) Nr. 1169/2011 (irreführende Informationen über ein Lebensmittel). Auf der Vorderseite der Verpackung werde das Produkt als „Geflügel Salami“ bezeichnet, während es sich nach den Angaben auf der Rückseite der Verpackung um „Geflügel Salami mit Schweinespeck“ handele. Bei der Bezeichnung „Geflügel Salami“ erwarte der Verbraucher nicht die Verwendung von Schweinespeck, die auf der Rückseite der Verpackung aber beschrieben werde. Auch die Verbraucherzentrale NRW wandte sich im Mai 2017 an den Beklagten mit dem Hinweis auf eine Verbraucherbeschwerde. Der Verbraucher sehe sich durch die Aufmachung des Produkts „Geflügel Salami“ getäuscht, weil der Wortlaut auf der Sichtseite der Packung keinen Anhaltspunkt vermittele, dass in dem Produkt Teile vom Schwein enthalten seien.
5Daraufhin leitete der Beklagte mit Schreiben vom 29. September 2017 gegen drei Geschäftsführer der Klägerin ein Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen eines Verstoßes gegen § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB i. V. m. Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der VO (EU) Nr. 1169/2011 ein.
6Im November 2017 hat die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Minden erhoben mit dem Begehren, festzustellen, dass das Produkt „Geflügel Salami“, das Gegenstand der Beanstandung des Beklagten vom 29. September 2017 sei, in objektiver Hinsicht nicht gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der VO (EU) Nr. 1169/2011 verstoße.
7Das Verwaltungsgericht Minden hat die Klage durch Urteil vom 22. Januar 2020 abgewiesen. Die Feststellungsklage sei zulässig, aber unbegründet. Die auf der Verpackung des Produkts „Geflügel Salami“ befindlichen Informationen seien nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der VO (EU) Nr. 1169/2011 irreführend, weshalb der Klägerin kein Anspruch auf die begehrte Feststellung zustehe. Dagegen richtet sich der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung.
8II.
9Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
10Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO innerhalb der Begründungsfrist dargelegt ist und vorliegt. Das ist hier nicht der Fall.
111. Aus den im Zulassungsverfahren dargelegten Gründen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das Verwaltungsgericht hat einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der VO (EU) 1169/2011 bejaht, ohne dass die Richtigkeit dieser Einschätzung durch das Zulassungsvorbringen schlüssig in Frage gestellt wird.
12Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (ABl. L 304 S. 18) dürfen Informationen über Lebensmittel nicht irreführend sein, insbesondere in Bezug auf die Eigenschaften des Lebensmittels, insbesondere in Bezug auf Art, Identität, Eigenschaften, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprungsland oder Herkunftsort und Methode der Herstellung oder Erzeugung.
13Wie das Verwaltungsgericht zutreffend angeführt hat, ist bei der Beurteilung der Frage, ob der Verbraucher durch die betreffende Information irregeführt wird, auf die mutmaßliche Erwartung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen. Es kommt darauf an, dass der Verbraucher nicht irregeführt und nicht zu der irrtümlichen Annahme verleitet wird, dass das Erzeugnis einen anderen Ursprung, eine andere Herkunft oder eine andere Eigenschaft als in Wirklichkeit hat.
14Vgl. EuGH, Urteil vom 4. Juni 2015 ‑ C‑195/14 ‑, juris Rn. 36 (zu Art. 2 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i der Richtlinie 2000/13); BVerwG, Beschluss vom 19. September 2016 ‑ 3 B 52.15 ‑, juris Rn. 10.
15Gemessen daran stellt das Zulassungsvorbringen die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Informationen auf der Verpackung des streitgegenständlichen Lebensmittels irreführend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der VO (EU) Nr. 1169/2011 seien, nicht schlüssig in Frage.
16a. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Verbraucher erwarte aufgrund der Bezeichnung des Produkts als „Geflügel Salami“ auf der Vorderseite der Verpackung in nicht zutreffender Weise, das Produkt enthalte nur Geflügel, begegnet keinen ernstlichen Zweifeln.
17Bei der Bestimmung der Erwartung des maßgeblichen Durchschnittsverbrauchers hat das Verwaltungsgericht zunächst ‑ was die Klägerin im Ausgangspunkt nicht beanstandet ‑ auf die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuchs zurückgegriffen. Diese Leitsätze sind keine Rechtsnormen, können aber als Orientierung zur Ermittlung der Verbrauchererwartung herangezogen werden.
18Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. September 2012 ‑ 3 C 17.12 ‑, NVwZ-RR 2013, 141 = juris Rn. 22, und Beschluss vom 5. April 2011 ‑ 3 B 79.10 ‑, LRE 63, 110 = juris Rn. 4.
19Seine Auffassung, dass der Verbraucher bei einem Fleischerzeugnis mit der Bezeichnung „Geflügel Salami“ die Verwendung ausschließlich von Geflügel erwarte, hat das Verwaltungsgericht dem Leitsatz Nr. I. 2.11.4 für Fleisch und Fleischerzeugnisse entnommen. Nach Absatz 1 Satz 1 dieses Leitsatzes werden Fleischerzeugnisse (…), in deren Bezeichnung des Lebensmittels auf die Verwendung von Geflügel hingewiesen wird, ausschließlich aus Teilen der Tierarten Huhn und/oder Pute (= Truthuhn) hergestellt. Nach Absatz 3 wird, wenn Geflügelfleischerzeugnisse unter Mitverwendung von anderen Tierarten hergestellt werden, auf diese Tierart in der Bezeichnung des Lebensmittels hingewiesen, z. B. „Geflügel-Wiener Würstchen mit Rindfleisch“, „Puten-Leberwurst mit 20 % Schweinefleisch“.
20Diese Auffassung des Verwaltungsgerichts zur Verbrauchererwartung wird durch das Zulassungsvorbringen nicht schlüssig in Frage stellt. Die Klägerin meint, der Wortlaut von Nr. I. 2.11.4 der Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse sei nicht eindeutig und eine systematische und historische Auslegung dieses Leitsatzes ergebe, dass nur die Verwendung von „Fleisch“ (einer anderen Tierart als Huhn und/oder Pute) im Sinne der Nr. I. 1.1 Satz 1 der Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse, also letztlich von Skelettmuskulatur, kenntlich gemacht werden müsse. Bei dem hier streitgegenständlichen Produkt „Geflügel Salami“ werde aber neben Geflügel nur Schweinespeck verwendet, bei dem es sich nicht um Fleisch im Sinne der Nr. I. 1.1 Satz 1 handele.
21Damit wird die Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht schlüssig in Frage gestellt, dass der Verbraucher bei der Bezeichnung „Geflügel Salami“ erwarte, das Produkt enthalte „nur Geflügel“ (Urteilsabdruck S. 12) und „keine Teile anderer Tierarten als Huhn bzw. Pute“ (Urteilsabdruck S. 18) und damit auch nicht die Verwendung von Schweinespeck.
22Der Leitsatz Nr. I. 2.11.4 ist insoweit eindeutig. In Absatz 1 Satz 1 ist ausgeführt, dass Fleischerzeugnisse, in deren Bezeichnung auf die Verwendung von Geflügel hingewiesen wird, ausschließlich aus Teilen der Tierarten Huhn und/oder Pute hergestellt werden. Auch Absatz 3 dieses Leitsatzes spricht lediglich von der Mitverwendung von anderen Tierarten, auf die in der Bezeichnung hingewiesen wird. Welche Teile der anderen Tiere mitverwendet werden, ist danach unerheblich. Die von der Klägerin angeführte unterschiedliche Definition des Fleischbegriffs als alle Teile von Tieren, die zum Genuss bestimmt sind (Nr. I. 1 Satz 1 der Leitsätze), oder ‑ bei der gewerbsmäßigen Herstellung von Fleischerzeugnissen ‑ als Skelettmuskulatur mit anhaftendem oder eingelagertem Fett- und Bindegewebe sowie eingelagerten Lymphknoten, Nerven, Gefäßen und Schweinespeicheldrüsen (Nr. I. 1.1 Satz 1 der Leitsätze), ist danach hier irrelevant.
23Dass etwas anderes für die Verwendung von Därmen als Wursthülle oder von sonstigen Wursthüllen gelten mag (vgl. Leitsatz Nr. I. 2.11.2), ist unerheblich, da es hier um die Verbrauchererwartung im Hinblick auf die Zusammensetzung des Fleischerzeugnisses selbst geht und nicht um die Erwartung in Bezug auf eine etwaige Wursthülle.
24Der Einwand der Klägerin, der Leitsatz Nr. I. 2.11.3 zu Zusatzbezeichnungen wie „rein“ und vergleichbaren Hinweisen wäre nicht erforderlich oder derartige Zusatzbezeichnungen sogar irreführend nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der VO (EU) Nr. 1169/2011, wenn sich die ausschließliche Verwendung von Fleisch einer bestimmten Tierart bereits aus der Bezeichnung des Lebensmittels ergeben müsse, führt ebenfalls nicht weiter. Die Klägerin setzt sich schon mit der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht auseinander, Nr. I. 2.11.3 gelte für alle Tierarten, während Nr. I. 2.11.4 für Geflügelfleischerzeugnisse eine besondere Verkehrserwartung beschreibe. Überdies stellt die Möglichkeit des Herstellers, soweit zulässig, eine Zusatzbezeichnung anzugeben, nicht in Frage, dass der Durchschnittsverbraucher dann, wenn bei der Bezeichnung des Lebensmittels auf die Verwendung von Geflügel hingewiesen wird, auch ohne eine Zusatzbezeichnung wie „rein“ die ausschließliche Verwendung von Geflügel erwartet.
25Der Einwand der Klägerin, dass es ausweislich des Verwaltungsvorgangs der Beklagten nur zwei Beschwerden von Verbrauchern gegeben habe, diese Anzahl an Beschwerden im Verhältnis zu der Anzahl der verkauften Produkte jedoch gegen Null gehe, begründet ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Annahme einer Irreführung der Verbraucher durch die Angabe „Geflügel Salami“ auf der Vorderseite der Verpackung des Produkts. Die maßgebliche Erwartung des Durchschnittsverbrauchers ist grundsätzlich unabhängig davon zu bestimmen, ob und wie viele Verbraucher das Produkt tatsächlich wegen einer irreführenden Angabe beanstanden. Liegen allerdings solche Verbraucherbeschwerden vor, kann das als Indiz für eine irreführende Information berücksichtigt werden. Nichts anderes hat im Ergebnis das Verwaltungsgericht angenommen. Es hat entgegen den Ausführungen in der Zulassungsbegründung insbesondere nicht angenommen, dass zwei Verbraucher, die ihre Meinung aktiv äußern, die Verbrauchererwartung bestimmen.
26Anders als die Klägerin meint, hat das Verwaltungsgericht von ihr auch nicht die „Führung eines Negativbeweises“ in dem Sinne verlangt, dass keine irreführende Information vorliege. Es hat die maßgebliche Verbrauchererwartung vielmehrselbständig ermittelt. Neben der Orientierung an den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse und dem Hinweis auf eine Beanstandung durch die Verbraucherzentrale NRW hat es insoweit weiter berücksichtigt, dass auch die zur Entscheidung berufenen Richter als potentielle Verbraucher bei der Bezeichnung der Salami als „Geflügel Salami“ nicht die Verwendung von Schweinspeck erwarteten. Im Hinblick auf den Einwand der Klägerin, das Produkt werde millionenfach an zufriedene Kunden verkauft, hat es ausgeführt, dass durch eine (erfolgreiche) Vermarkung nicht sicher feststellbar sei, in welchem Bewusstsein die Verbraucher ihre Kaufentscheidung getroffen hätten. Es sei auch nicht sicher feststellbar, ob flächendeckende Kundenbeanstandungen mangels beanstandungsbedürftiger Umstände oder aufgrund des damit einhergehenden Aufwands unterblieben. Außerdem könne die Vermarktung des Produkts gerade deshalb erfolgreich verlaufen, weil die Verbraucher aufgrund der Aufmachung der Verpackung falsche Vorstellungen von dem Erzeugnis hätten. Dass diese Erwägungen unzutreffend sein könnten, zeigt die Antragsbegründung nicht auf.
27b. Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, dass eine etwaige irreführende Angabe auf der Vorderseite der Verpackung jedenfalls durch die Angaben auf der Rückseite der Verpackung beseitigt würde, weil dort auf die Verwendung von Schweinespeck sowohl durch einen (freiwilligen) Zusatz zu der Bezeichnung „Geflügel Salami“ als auch durch die Nennung von Schweinespeck im Zutatenverzeichnis hingewiesen werde.
28Das Verwaltungsgericht hat unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH,
29Urteil vom 4. Juni 2015 ‑ C-195/14 ‑, juris Rn. 36 ff.,
30angenommen, dass bei der Prüfung einer etwaigen Irreführung u. a. die Platzierung der Angaben auf der Verpackung zu berücksichtigen sei. Danach seien bei der von der Klägerin gewählten Verpackungsgestaltung die Angaben auf der Rückseite der Verpackung zur Verwendung von Schweinespeck in dem Produkt nicht geeignet, den falschen Eindruck des Verbrauchers bezüglich der Zusammensetzung bzw. der Art und Identität des Lebensmittels wegen der Angabe auf der Vorderseite der Verpackung zu berichtigen. Ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher werde durch die Verpackungsgestaltung zunächst nahezu ausschließlich mit der Bezeichnung „Geflügel Salami“ konfrontiert. Dies löse bei ihm die Fehlvorstellung aus, das Produkt enthalte nur Bestandteile der Tierarten Huhn oder Pute. Nehme der Verbraucher dann auch die Rückseite der Verpackung zur Kenntnis, werde er mit dazu im Widerspruch stehenden Angaben konfrontiert, nämlich damit, dass das Produkt auch Schweinespeck enthalte. Bei solchen widersprüchlichen oder missverständlichen Angaben sei regelmäßig, so auch hier, von einer Irreführung auszugehen.
31Diese Annahmen stellt die Antragsbegründung nicht schlüssig in Frage. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Verbrauchererwartung bei dem streitgegenständlichen Produkt ‑ unter Berücksichtigung seiner Aufmachung insgesamt - maßgeblich durch die (isolierte) Angabe „Geflügel Salami“ auf der Vorderseite der Verpackung beeinflusst wird. Der falsche Eindruck, der dadurch beim Verbraucher in Bezug auf die Eigenschaften des Lebensmittels erweckt wird (ausschließliche Verwendung von Geflügel), wird durch die Kenntlichmachung, dass in dem Produkt (auch) Bestandteile vom Schwein enthalten sind, (nur) auf der Rückseite der Verpackung nicht berichtigt. Das gilt auch im Hinblick auf den Einwand der Klägerin, die Information, dass in dem Produkt Schweinspeck enthalten ist, ergebe sich nicht nur aus dem Zutatenverzeichnis, sondern zusätzlich dazu noch aus dem Zusatz „mit Schweinespeck“ zu der Bezeichnung „Geflügel Salami“ oberhalb des Zutatenverzeichnisses. Dieser Einwand stellt die auch vom Verwaltungsgericht angenommene maßgebliche Beeinflussung der Verbrauchererwartung durch die konkrete Gestaltung der Verpackungsvorderseite nicht in Frage.
32c. Der Einwand der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass es auf die Beantwortung der Frage, ob ein Verstoß gegen Art. 17 Abs. 5 i. V. m. Anhang VI Teil A Nr. 4 der VO (EU) Nr. 1169/2011 vorliege, nicht ankomme, greift ebenfalls nicht durch. Aus dem Zulassungsvorbringen ergibt sich nicht, dass die Frage, ob die Bezeichnung des streitgegenständlichen Lebensmittels den Anforderungen der genannten Vorschrift entspricht, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts entscheidungserheblich ist.
33Gegenstand der Feststellungsklage ist nach dem Begehren der Klägerin allein die Frage, ob die Informationen auf der Verpackung des Produkts „Geflügel Salami“ irreführend gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der VO (EU) Nr. 1169/2011 sind. Maßgeblich hierfür ist, ob die ‑ von der Klägerin gewählte ‑ Gesamtaufmachung des Produkts zu einer Irreführung des Verbrauchers im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der VO (EU) Nr. 1169/2011 führen kann. Nicht zur Entscheidung gestellt ist dagegen die Frage, ob das Produkt mit einer Angabe nach Nr. 4 des Anhangs VI Teil A der VO (EU) Nr. 1169/2011 zu versehen ist. Im Übrigen ist auch eine Irreführung gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. d der VO (EU) Nr. 1169/2011 weder von dem Beklagten in seinem Schreiben vom 29. September 2017 behauptet noch vom Verwaltungsgericht geprüft oder gar bejaht worden.
34Anders als die Klägerin meint, führt der Umstand, dass bei der Bezeichnung eines Lebensmittels die Vorgaben des Art. 17 Abs. 5 i. V. m. Anhang VI Teil A Nr. 4 der VO (EU) Nr. 1169/2011 eingehalten sind, für sich genommen nicht dazu, dass die Informationen über das Lebensmittel insgesamt unionsrechtlich zulässig wären. Denn das Unionsrecht normiert in Art. 7 Abs. 1 der VO (EU) Nr. 1169/2011 daneben, dass Informationen über Lebensmittel nicht irreführend sein dürfen. Eine „Information über Lebensmittel“ ist dabei jede Information, die ein Lebensmittel betrifft und dem Endverbraucher durch ein Etikett oder in anderer Form zur Verfügung gestellt wird (vgl. Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der VO (EU) Nr. 1169/2011). Irreführende Informationen über Lebensmittel sind danach unionsrechtlich unzulässig. Das gilt wegen der insoweit maßgeblichen Gesamtbetrachtung auch dann, wenn die Bezeichnung des Lebensmittels als Teil einer Information über ein Lebensmittel ‑ isoliert betrachtet ‑ den Vorgaben des Art. 17 Abs. 5 i. V. m. Anhang VI Teil A Nr. 4 der VO (EU) Nr. 1169/2011 entspricht. Die Frage, ob im konkreten Fall eine Irreführung vorliegt, ist demnach unabhängig davon zu beantworten, ob die Vorgaben des Art. 17 Abs. 5 i. V. m. Anhang VI Teil A Nr. 4 der VO (EU) Nr. 1169/2011 eingehalten sind.
35Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerin angeführten Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Mai 2017 ‑ 5 Bs 61/17 ‑. Im Gegenteil hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht in diesem (Eilbeschwerde-)Verfahren, dessen Streitgegenstand im Übrigen ‑ anders als hier ‑ eine behördliche Verfügung war, mit der der dortigen Antragstellerin eine Kennzeichnung nach Anhang VI Teil A der VO (EU) Nr. 1169/2011 aufgegeben worden war, die (weitere) Prüfung, ob ein Verstoß gegen das allgemeine Irreführungsverbot des Art. 7 Abs. 1 der VO (EU) Nr. 1169/2011 vorliegt, gerade unabhängig von der Frage nach der Einhaltung der Vorgaben des Anhangs VI Teil A der VO (EU) Nr. 1169/2011 vorgenommen. Es hat ausgeführt, dass (auch) dann, wenn ein Hersteller die besonderen Vorgaben über verpflichtende Informationen über Lebensmittel in Art. 9 ff. der VO (EU) Nr. 1169/2011 einhalte, ein Verstoß gegen das Irreführungsverbot des Art. 7 Abs. 1 der VO (EU) Nr. 1169/2011 nicht ausgeschlossen sei. Es erscheine denkbar, dass trotz erfolgter Einhaltung der Vorgaben in Art. 9 ff. der VO (EU) Nr. 1169/2011 die äußerliche Gestaltung einer Verpackung irreführend wirken könne, sofern sie den Verbraucher trotz inhaltlich an sich zutreffender Angaben zu in wesentlicher Hinsicht falschen Eindrücken über das Lebensmittel verleite. Es bedürfe dann allerdings seitens der Lebensmittelüberwachungsbehörde einer stichhaltigen, auf die Besonderheiten der einzelnen Verpackung eingehenden Begründung, weshalb sie trotz Einhaltung der Vorgaben in Art. 9 ff. der VO (EU) Nr. 1169/2011 eine Irreführung der Verbraucher annimmt.
36Vgl. Hamb. OVG, Beschluss vom 16. Mai 2017 ‑ 5 Bs 61/17 ‑, LRE 74, 413 = juris Rn. 14.
37Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht eine solche Irreführung aufgrund der konkreten Aufmachung des streitgegenständlichen Produkts angenommen, namentlich wegen der (isolierten) Angabe „Geflügel Salami“ auf der Vorderseite der Verpackung, der damit verbundenen Verbrauchererwartung, das Produkt enthalte ausschließlich Geflügel, sowie der hierzu im Widerspruch stehenden Angaben auf der Rückseite der Verpackung zur Verwendung auch von Schweinespeck. Auch unter Zugrundelegung der Ausführungen des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts kommt es in diesem Fall aber nicht darauf an, ob die Vorgaben des Art. 17 Abs. 5 i. V. m. Anhang VI Teil A Nr. 4 der VO (EU) Nr. 1169/2011 eingehalten sind.
38Die von der Klägerin behauptete Entscheidungserheblichkeit der Frage nach der korrekten Kennzeichnung des Lebensmittels mit einem Zusatz nach Art. 17 Abs. 5 i. V. m. Anhang VI Teil A Nr. 4 der VO (EU) Nr. 1169/2011 ergibt sich auch nicht aus dem von ihr weiter angeführten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Januar 1992 ‑ 3 C 33.89 ‑. Das Bundesverwaltungsgericht hat dort zu dem inzwischen außer Kraft getretenen § 17 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 und Satz 1 Buchst. b LMBG ausgeführt, dass der Begriff der Irreführung dahin auszulegen sei, dass die Verwendung einer (unions‑)rechtlich zulässigen Bezeichnung für sich genommen nicht den Tatbestand der genannten nationalen Norm erfülle.
39Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Januar 1992 ‑ 3 C 33.89 ‑, BVerwGE 89, 320 = juris Rn. 40.
40Daraus ergibt sich nichts für den vorliegenden Fall, in dem es nicht um eine Kollision von nationalem Recht mit Unionsrecht geht, sondern in dem allein Unionsrecht in Rede steht.
41Vgl. hierzu auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 1. Juli 2019 ‑ 13 LA 11/19 ‑, a. a. O., juris Rn. 21 und 47.
42Zu der Auslegung und Anwendung des inzwischen geltenden Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der VO (EU) Nr. 1169/2011 verhält sich die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht. Im Übrigen ist eine irreführende Information über ein Lebensmittel, wie ausgeführt, (auch) unionsrechtlich nicht zulässig.
432. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Das wäre nur dann der Fall, wenn die Angriffe der Klägerin begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung gäben, die sich nicht ohne Weiteres im Zulassungsverfahren klären lassen, sondern die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern; der Ausgang des Rechtsstreits muss als offen erscheinen. Das ist ‑ wie oben ausgeführt ‑ nicht der Fall.
44Die Ermittlung der Verbrauchererwartung begründet im vorliegenden Fall keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art. Anders als die Klägerin offenbar meint, sind hierfür insbesondere keine speziellen Kenntnisse über die „Verwendung bestimmter Bestandteile bei der Herstellung einer Salami aus technologischen Gründen“ erforderlich. Auch die Heranziehung der Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse zur Ermittlung der Verbrauchererwartung wirft im vorliegenden Fall, wie ausgeführt, keine besonderen Schwierigkeiten auf.
45Dass es um „das Zusammenspiel verschiedener unionsrechtlicher Vorschriften“ gehe, wie die Klägerin geltend macht, vermag die Annahme besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten nicht zu begründen. Die Anwendung und Auslegung von Unionsrecht ist für sich genommen nicht besonders schwierig.
46Die von der Klägerin als besonders schwierig bezeichnete Frage, ob eine dem Unionsrecht, konkret Anhang VI Teil A Nr. 4 der VO (EU) Nr. 1169/2011, entsprechende Bezeichnung als irreführend im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der VO (EU) Nr. 1169/2011 beurteilt werden kann, lässt sich im Zulassungsverfahren ‑ bejahend ‑ beantworten. Maßgeblich für die Beantwortung der Frage, ob eine Irreführung im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der VO (EU) Nr. 1169/2011 vorliegt, ist, wie ausgeführt, ob die Gesamtaufmachung des Lebensmittels geeignet ist, den Durchschnittsverbraucher zu der irrtümlichen Annahme zu verleiten, dass das Erzeugnis eine andere Eigenschaft als in Wirklichkeit hat. Das kann im Einzelfall auch dann zu bejahen sein, wenn die Vorgaben des Art. 17 Abs. 5 i. V. m. Anhang VI Teil A Nr. 4 der VO (EU) Nr. 1169/2011 eingehalten sind.
47So auch Hamb. OVG, Beschluss vom 16. Mai 2017 ‑ 5 Bs 61/17 ‑, a. a. O. (zu Anhang VI Teil A Nr. 2 der VO (EU) Nr. 1169/2011).
483. Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
49a. Die von der Klägerin formulierte Frage,
50ob aufgrund der Angabe „Geflügel“ i. V. m. der Bezeichnung eines Fleischerzeugnisses die ausschließliche Verwendung von Fleisch im Sinne der Leitsatzziffer I.1 zugelassen ist, oder ob nach Leitsatzziffer 2.11.4 ausschließlich die Verwendung von Fleisch anderer Tierarten in der Bezeichnung kenntlich gemacht werden muss, wobei Fleisch in diesem Fall im Sinne der Leitsatzziffer I.1.1 zu verstehen ist,
51würde sich in dieser Form nicht entscheidungserheblich stellen. Die angesprochenen Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuchs sind keine Rechtsnormen, die für bestimmte Lebensmittel, hier Fleisch und Fleischerzeugnisse, rechtsverbindlich etwa regeln, welche Zutaten bei der Herstellung verwendet werden dürfen, oder wie die Bezeichnung eines Fleischerzeugnisses zu erfolgen hat. Wie ausgeführt, können die Leitsätze allerdings bei der Ermittlung der Verbrauchererwartung herangezogen werden, wenn es um die Frage einer irreführenden Information über das Lebensmittel geht. Welcher grundsätzliche Klärungsbedarf in diesem Zusammenhang bestehen sollte, legt die Klägerin nicht dar. Sollte die Frage auf das Verständnis des Leitsatzes Nr. I. 2.11.4, und zwar darauf zielen, ob dieser nur die Mitverwendung von Fleisch im Sinne von Nr. I. 1.1 erfasst, lässt sie sich aufgrund der klaren Aussage des Leitsatzes Nr. I. 2.11.4 wie oben ausgeführt (Ziff. 1. a.) ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantworten.
52b. Die Klägerin hält weiter für grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage,
53ob ein grundsätzliches Irreführungspotenzial, das auf der Verpackungsvorderseite seinen Ursprung hat, durch eine Angabe auf der Verpackungsrückseite beseitigt werden kann, wenn eine der verwendeten Zutaten nur auf der Rückseite der Verpackung, dafür aber in Verbindung mit der Bezeichnung angegeben ist, insbesondere wenn sich für den Verbraucher relevante Informationen wie die Angabe zur Haltbarkeit und zur Füllmenge nicht auf der Verpackungsvorderseite befinden, so dass davon auszugehen ist, dass der Verbraucher die Verpackungsrückseite in jedem Fall zur Kenntnis nehmen wird.
54Die damit angesprochene Frage, ob eine besondere Kenntlichmachung auf der Rückseite der Verpackung eines Lebensmittels eine Irreführung des Verbrauchers durch eine andere Angabe auf der Vorderseite der Verpackung ausschließt, ist einer grundsätzlichen Klärung jedoch nicht zugänglich. Ihre Beantwortung hängt von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab und ist insbesondere unter Berücksichtigung aller Elemente der Aufmachung des konkreten Produkts zu beantworten.
55c. Die Frage,
56ob auf die Verwendung einer bestimmten Zutat in der Bezeichnung hingewiesen werden muss, wenn dies nach Anhang VI Teil A Nr. 4 der VO (EU) Nr. 1169/2011 nicht erforderlich ist oder, wenn man die Erforderlichkeit einer solchen Angabe nach Anhang VI Teil A Nr. 4 der VO (EU) Nr. 1169/2011 unterstellt, ob ein entsprechender Hinweis nach Anhang VI Teil A Nr. 4 der VO (EU) Nr. 1169/2011 überall wiederholt werden muss, wo die Bezeichnung des Lebensmittels angegeben wird,
57ist nicht entscheidungserheblich. Die ‑ hier allein streitgegenständliche ‑ Frage, ob eine Irreführung vorliegt, ist, wie ausgeführt, unabhängig davon zu beantworten, ob die Vorgaben des Art. 17 Abs. 5 i. V. m. Anhang VI Teil A Nr. 4 der VO (EU) Nr. 1169/2011 eingehalten sind.
584. Die Klägerin zeigt nicht auf, dass die geltend gemachte Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) vorliegt. Die Darlegung einer Abweichung nach dieser Vorschrift setzt voraus, dass der Zulassungsantrag einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechts- oder verallgemeinerungsfähigen Tatsachensatz benennt, mit dem das Verwaltungsgericht einem in der Rechtsprechung eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden Rechts- oder Tatsachensatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat.
59Vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. August 2018 ‑ 1 B 46.18 u. a. ‑, juris Rn. 11 (zu § 132 VwGO); OVG NRW, Beschluss vom 26. Oktober 2020 ‑ 9 A 2787/19 ‑, juris Rn. 23.
60Daran fehlt es hier.
61a. Die Klägerin macht geltend, das Verwaltungsgericht weiche von einem Rechtssatz ab, den das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 23. Januar 1992 ‑ 3 C 33.89 ‑ aufgestellt habe. Das Bundesverwaltungsgericht habe in diesem Urteil entschieden, dass eine den europäischen Vorschriften des Lebensmittelrechts entsprechende Bezeichnung nicht als irreführend beurteilt werden könne. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruhe demgegenüber auf der Annahme, dass eine den Vorschriften des europäischen Lebensmittelrechts entsprechende Bezeichnung gleichwohl als irreführend im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der VO (EU) Nr. 1169/2011 beurteilt werden könne.
62Einen derartigen Rechtssatz hat das Verwaltungsgericht jedoch nicht aufgestellt. Es hat insbesondere die Frage, ob ein Verstoß gegen Art. 17 Abs. 5 i. V. m. Anhang VI Teil A Nr. 4 der VO (EU) Nr. 1169/2011 vorliegt, offen gelassen, und ist weiter davon ausgegangen, dass die konkrete Aufmachung des streitgegenständlichen Produkts „Geflügel Salami“ nach Unionsrecht unzulässig sei, weil sie irreführend sei. Im Übrigen hat es auch angenommen, dass die Bezeichnung „Geflügel Salami“ auf der Vorderseite der Verpackung nicht unionsrechtlichen Vorgaben entspreche. Dass das Verwaltungsgericht im konkreten Fall eine Irreführung bejaht hat und die Klägerin diese Auffassung nicht teilt, begründet keine Divergenz.
63Abgesehen davon ist der Rechtssatz, den die Klägerin dem genannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts entnimmt, ‑ wie sie selbst einräumt ‑ nicht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt worden. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts verhält sich zu dem inzwischen außer Kraft getretenen § 17 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 und Satz 2 Buchst. b LMBG; das Verwaltungsgericht hat Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 angewendet. Rechtlich unterscheiden sich die beiden Entscheidungen, wie bereits ausgeführt, zudem insoweit, als es in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall um eine Kollision von nationalem Recht mit Unionsrecht ging, im konkreten Fall aber allein Unionsrecht in Rede steht.
64b. Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, von dessen Rechtsprechung (Beschluss vom 16. Mai 2017 ‑ 5 Bs 61/17 ‑) die Klägerin eine Abweichung geltend macht, ist bereits kein divergenzfähiges Gericht im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO, weil es sich nicht um dasjenige Oberverwaltungsgericht handelt, das dem Verwaltungsgericht im Instanzenzug übergeordnet ist.
65Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, 52 Abs. 2 GKG.
66Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).