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Verwaltungsgericht Düsseldorf, 18 L 896/23

Datum:
05.06.2023
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
18. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
18 L 896/23
ECLI:
ECLI:DE:VGD:2023:0605.18L896.23.00
 
Schlagworte:
Bettelverbot, Verbot des Bettelns im öffentlichen Raum, Betteln im Bereich der Innenstadt, aktives Betteln, stilles Betteln, passives Betteln, Allgemeinverfügung, zeitlicher Geltungsbereich, ordnungsbehördliche Verordnung, Bestimmheit, unbestimmt, Adressat, Bettler, abstrakte Gefahr, konkrete Gefahr, wiederholender Verwaltungsakt, Verbotsinhalt , Verfügungstenor, rechtsunkundiger Personenkreis, Rat als Ordnungsbehörde, Einzelfall, typischer Fall, Gefahrenprognose
Normen:
OBG NRW § 14 ;OBG NRW § 27; VwVfG NRW § 35 Satz 2; VwVfG NRW § 37
Leitsätze:

Unzulässigkeit eines ordnungsbehördlich in der Form der Allgemeinverfügung erlassenen Verbots des aktiven Bettelns im öffentlichen Raum (Bereich der Innenstadt), wenn das aggressive und verkehrsbehindernde Betteln in dem entsprechenden räumlichen Geltungsbereich zugleich durch ordnungsbehördliche Verordnung untersagt ist.

Zu der Frage, ob der Stadtrat das Bettelverbot in Form einer Allgemeinverfügung, d. h. eines Verwaltungsaktes, erlassen durfte, wenn mit dem Verbot die Stadt der – aus ihrer Sicht – typischerweise mit bestimmten Bettelformen einhergehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Innenstadtbereich entgegenwirken möchte, und der Rat der Stadt hierzu bereits im gesamten Stadtgebiet – und damit auch im räumlichen Geltungsbereich der angefochtenen Allgemeinverfügung – ein entsprechendes Bettelverbot durch ordnungsbehördliche Verordnung erlassen hat. Ein konkreter Anlass, der es ausnahmsweise rechtfertigt, das Bettelverbot für den Bereich der Innenstadt aufgrund einer bestehenden konkreten Gefahrenlage zusätzlich durch Verwaltungsakt auszusprechen, besteht nicht. Ein solcher lässt sich insbesondere nicht mit den gesteigerten Verstößen im Bereich der Innenstadt gegen das bereits bestehende Bettelverbot rechtfertigen. Denn insoweit realisiert sich gerade die (nur) abstrakte Gefahr, dass Bettler ihren Bettelhandlungen in denjenigen städtischen Bereichen nachgehen, in denen ein erhöhter Publikumsverkehr zu verzeichnen ist. Typischerweise sind Bettler zu den Geschäftsöffnungszeiten in der publikumsmäßig hochfrequentierten Innenstadt und nicht etwa in Wohn- oder Gewerbegebieten anzutreffen. Daher spricht vieles dafür, dass die Stadt das ausgesprochene Verbot des „aktiven Bettelns“ allenfalls in der ordnungsbehördlichen Verordnung, wie sie für das gesamte Stadtgebiet bereits existiert, hätte erlassen dürfen, nicht aber durch einen diese verordnungsrechtliche Regelung nur wiederholenden Verwaltungsakt.

Zur Abgrenzung einer ordnungsbehördlichen Verordnung (§ 27 OBG NRW) von einer ordnungsbehördlichen Allgemeinverfügung (§ 14 Abs. 1 OBG NRW).

Zur Unbeestimmtheit eines durch Allgemeinverfügung angeordneten Bettelverbots, das weder vom Adressatenkreis befolgt noch von den die Einhaltung überwachenden Mitarbeitern des Ordnungsamtes überprüft und vollstreckt werden. Weder aus der Bestimmung selbst noch aus deren Begründung lässt sich hinreichend deutlich entnehmen, welche Bettelhandlungen nunmehr verboten und welche weiterhin erlaubt sind. So enthält Satz 2 der angefochtenen Regelung bereits sprachlich-inhaltlich keinen vollständigen Satz, was die Verständlichkeit erheblich erschwert. Auch sonst ist nicht eindeutig erkennbar, wann zulässiges „stilles Betteln“ und wann verbotenes „aktives Betteln“ vorliegt. Richtet sich eine behördliche Anordnung, wie hier, an einen rechtsunkundigen Personenkreis, der zudem häufig über keinen festen Wohnsitz und damit über wenig Hab und Gut verfügt, muss sich der Verbotsinhalt umso klarer unmittelbar aus dem Verfügungstenor ergeben.

 
Tenor:
 
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