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1. Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wird auf Kosten des Antragstellers abgelehnt.
2. Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.
Gründe:
2Der Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der gleichzeitig erhobenen Klage (8 K 3521/18) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 25. Juni 2018 festzustellen,
4hat keinen Erfolg.
5Dabei geht das Gericht hinsichtlich der auf der Regelung des § 11 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) beruhenden Befristungsentscheidung der Antragsgegnerin im Bescheid vom 25. Juni 2018 davon aus, dass sich der Antragsteller im vorliegenden Eilverfahren nicht auch gegen diese wendet. Denn weder dem Antrag und seiner Begründung noch der Interessenlage des Antragstellers lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die getroffene Befristungsentscheidung schon jetzt im Rahmen eines Eilverfahrens zur gerichtlichen Prüfung gestellt werden soll. Damit kann offen bleiben, ob der hier nach § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gestellte Antrag bereits nicht zulässig ist (vgl. § 121 Abs. 5 VwGO), weil durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung die Befristung – anders als bei einer einstweiligen Anordnung – zum Nachteil des Antragstellers suspendiert würde und das gesetzlich eintretende Einreise- und Aufenthaltsverbots unbefristet wäre.
6So Nds. OVG, Beschlüsse vom 14. Dezember 2015 – 8 PA 299/15 –, juris Rn. 5, und vom 3. April 2018 – 13 ME 86/18 –, juris Rn. 4; ebenfalls offen gelassen in VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 21. Juni 2018 – 8 L 700/18 –, n. v.; a. A. Hamburgisches OVG, Beschluss vom 8. Mai 2018 – 3 Bs 46/18 –, juris Rn. 9 f.
7Der wörtlich gestellte Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung analog § 80 Abs. 5 VwGO ist in dieser Form nicht zulässig. Die Begründung des Antragstellers, für die Dauer der Überprüfung der sofortigen Vollstreckbarkeit des Widerrufsbescheides sei er nicht ausreisepflichtig, weil eine Abschiebung unzulässig sei, überzeugt nicht. Es kann offen bleiben, ob eine Abschiebung auch im Falle des Widerrufs im Sinne von § 73c des Asylgesetzes (AsylG) analog § 36 Abs. 3 Satz 8 AsylG bis zur gerichtlichen Entscheidung im Eilrechtsschutz (hier 7a L 1200/18.A) unzulässig ist oder der Klage 7a K 3425/18.A gegen den Widerrufsbescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 20. Juni 2018 gemäß § 75 Abs. 1 AsylG trotz der Anordnung der sofortigen Vollziehung – etwa mangels Rechtsgrundlage aus § 75 Abs. 2 Satz 3 AsylG i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO neben den gesetzlich geregelten Fällen (vgl. Beschluss zur Übertragung des Rechtsstreits auf die Kammer vom 5. Juli 2018 im Verfahren 7a K 3425/18.A) – aufschiebende Wirkung zukommt. Denn jedenfalls haben die vorgenannte Aussetzung der Abschiebung oder das Bestehen einer aufschiebenden Wirkung der erhobenen Anfechtungsklage gegen den Widerrufsbescheid des Bundesamtes nicht das Entfallen der vollziehbaren Ausreisepflicht i. S. v. § 50 Abs. 1 i. V. m. § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG zur Folge. Dass der Antragsteller weder einen Aufenthaltstitel besitzt noch ihm ein Aufenthaltsrecht zusteht, ist vielmehr alleinige gesetzliche Folge der bestandskräftigen und damit vollziehbaren Ausweisungsverfügung der Antragsgegnerin vom 10. März 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung B. vom 29. März 2010 (vgl. § 11 Abs. 1 AufenthG). Auch sind ursprüngliche Aufenthaltstitel aufgrund dessen erloschen (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG).
8Der eingangs genannte Antrag kann im Interesse des anwaltlich vertretenen Antragstellers auch nicht in einen (zumindest teilweise) zulässigen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage 8 K 3521/18 gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 25. Juni 2018 gemäß § 80 Abs. 5 VwGO umgedeutet oder als solcher ausgelegt werden. Denn der wörtlich eindeutig ausschließlich auf die Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gerichtete Antrag ist gegenüber einem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung bereits enger gefasst und erfasst nur eine spezielle, höchst ausnahmsweise zulässige Form des Eilrechtsschutzes in analoger Anwendung der Norm.
9Ergänzend sei insofern gleichwohl angemerkt, dass ein – hier fehlender – Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung im Hinblick auf die in diesem Bescheid geregelte Abschiebungsandrohung nach Tunesien statthaft wäre, vgl. § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO in Verbindung mit § 112 Satz 1 des Justizgesetzes Nordrhein-West-falen (JustG NRW).
10Demgegenüber wäre der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich des zugleich in der Klage enthaltenen Verpflichtungsbegehrens zur Neuerteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht statthaft. Insofern existiert – ungeachtet des fehlenden Antrags bei der Antragsgegnerin mehr als drei Monate vor der Klageerhebung (vgl. § 75 VwGO) – keine gesetzliche Regelung, die die Möglichkeit einer aufschiebenden Wirkung der Klage normiert. Bei der Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis handelt es sich – anders als bei der Ablehnung durch einen behördlichen Bescheid, der gleichzeitig angefochten wird – um eine reine Verpflichtungssituation, auf welche der vorläufige Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO eingedenk der Vorschrift des § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO, wonach grundsätzlich (nur) Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung entfalten, keine Anwendung findet.
11Ungeachtet dessen wäre ein solcher Antrag auch unbegründet. Der vom Antragsteller begehrten Aufenthaltserlaubnis zum Zusammenleben mit seinen deutschen Kindern auf Grundlage von § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG steht schon die zwischenzeitlich bestandskräftige Ausweisung mit Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 10. März 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung B. vom 29. März 2010 entgegen (vgl. § 11 Abs. 1 AufenthG).
12Auch ein allein im Hinblick auf die Abschiebungsandrohung im Bescheid der Antragsgegnerin vom 25. Juni 2018 gerichtetes Begehren des Antragstellers wäre unbegründet. Denn die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage in Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO wegen der Androhung der zwangsweisen Abschiebung kommt nur in Betracht, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass entgegen der gesetzlichen Grundentscheidung in § 112 Satz 1 JustG NRW das private Interesse des Antragstellers an dem einstweiligen Nichtvollzug gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung vorrangig erscheint. Hingegen überwiegt das öffentliche Interesse an den Sofortvollzug infolge der zitierten gesetzlichen Vermutung für ein überwiegendes Vollzugsinteresse in diesen Fällen regelmäßig dann, wenn die angefochtene Verfügung offensichtlich rechtmäßig ist und kein Grund besteht, der es rechtfertigen könnte, den Antragsteller trotz der Aussichtslosigkeit seiner Klage vorläufig von der Vollziehung zu verschonen.
13Vorliegend überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse, weil sich die Abschiebungsandrohung mit dem vorrangigen Zielstaat Tunesien gemäß der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 25. Juni 2018 nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtmäßig darstellt und in dem parallel anhängigen Hauptsacheverfahren (8 K 3521/18) aller Voraussicht nach Bestand haben wird. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insofern zunächst auf die Ausführungen der Antragsgegnerin in der Ordnungsverfügung vom 25. Juni 2018 Bezug genommen, vgl. § 117 Abs. 5 VwGO analog. Weitere, für eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage sprechende Gesichtspunkte sind weder vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.
14Die Abschiebungsandrohung, die auf §§ 58, 59 AufenthG beruht, ist rechtmäßig.
15Zum Erlass derselben ist in Fällen wie dem vorliegenden, in denen eine Abschiebungsandrohung nicht im Rahmen des Asylverfahrens (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG), sondern im Widerrufsverfahren nach §§ 73 ff. AsylG ergeht, die örtlich zuständige Ausländerbehörde – hier die Antragsgegnerin – aufgrund ihrer allgemeinen Zuständigkeit gemäß §§ 59, 71 Abs. 1 Satz 1 AufenthG berufen, weil weder eine Spezialregelung existiert noch § 73 AsylG auf § 34 Abs. 1 AsylG Bezug nimmt.
16Vgl. erläuternd bereits BVerwG, Urteil vom 13. November 1999 – C 16/99 –, BVerwGE 110, 111 = juris Rn. 17, sowie ebenfalls Pietzsch, in: Kluth/Heusch, BeckOK AuslR, 18. Edition (Stand: 1. August 2017), § 34 AsylG Rn. 14a.
17Der Antragsteller ist aufgrund der bestandskräftigen Ausweisung mit Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 10. März 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung B. vom 29. März 2010 ausreisepflichtig, vgl. § 50 Abs. 1 i. V. m. § 11 Abs. 1, § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG. Auf die vorstehenden Ausführungen wird verwiesen. Dass die eingelegten Rechtsmittel gegen die Widerrufsentscheidung des Bundesamtes (7a K 3425/18.A und 7a L 1200/18.A) – und zwar selbst im Falle ihres Erfolgs – keine Auswirkungen auf die Ausreisepflicht haben, wurde dort bereits dargelegt.
18Ferner ist der Verzicht der Antragsgegnerin auf eine Fristsetzung zur freiwilligen Ausreise aus den Gründen von § 59 Abs. 1 Satz 2 AufenthG nicht zu beanstanden. Der Antragsteller hat in seinem Antragsvorbringen keine Gründe dargetan, die die von der Antragsgegnerin sowohl im Hinblick auf Nr. 1 als auch Nr. 2 der Norm getätigten Feststellungen in Zweifel ziehen.
19Für die Bewertung einer erheblichen Gefahrenlage im Sinne von § 59 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AufenthG sind die folgenden Maßstäbe zu beachten:
20Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen nicht von vornherein für jede Art der Aufgabenwahrnehmung auf die Schaffung von Eingriffstatbeständen beschränkt, die dem tradierten sicherheitsrechtlichen Modell der Abwehr konkreter, unmittelbar bevorstehender oder gegenwärtiger Gefahren entsprechen. Vielmehr kann er die Grenzen für bestimmte Bereiche der Gefahrenabwehr mit dem Ziel schon der Straftatenverhinderung auch weiter ziehen, indem er die Anforderungen an die Vorhersehbarkeit des Kausalverlaufs reduziert. Dann bedarf es aber zumindest einer hinreichend konkretisierten Gefahr in dem Sinne, dass tatsächliche Anhaltspunkte für die Entstehung einer konkreten Gefahr bestehen. Hierfür reichen allgemeine Erfahrungssätze nicht aus, vielmehr müssen bestimmte Tatsachen im Einzelfall die Prognose eines Geschehens tragen, das zu einer zurechenbaren Verletzung gewichtiger Schutzgüter führt. Eine hinreichend konkretisierte Gefahr in diesem Sinne kann schon bestehen, wenn sich der zum Schaden führende Kausalverlauf noch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorhersehen lässt, aber bereits bestimmte Tatsachen auf eine im Einzelfall drohende Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut hinweisen. In Bezug auf terroristische Straftaten, die oft von bisher nicht straffällig gewordenen Einzelnen an nicht vorhersehbaren Orten und in ganz verschiedener Weise verübt werden, kann dies schon dann der Fall sein, wenn zwar noch nicht ein seiner Art nach konkretisiertes und zeitlich absehbares Geschehen erkennbar ist, jedoch das individuelle Verhalten einer Person die konkrete Wahrscheinlichkeit begründet, dass sie solche Straftaten in überschaubarer Zukunft begehen wird. Angesichts der Schwere aufenthaltsbeendender Maßnahmen ist eine Verlagerung der Eingriffsschwelle in das Vorfeldstadium dagegen verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar, wenn nur relativ diffuse Anhaltspunkte für mögliche Gefahren bestehen, etwa allein die Erkenntnis, dass sich eine Person zu einem fundamentalistischen Religionsverständnis hingezogen fühlt.
21Vgl. BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 u.a. - BVerfGE 141, 220 = juris Rn. 112 f.; BVerwG, Beschlüsse vom 31. Mai 2017 - 1 VR 4.17 -, juris Rn. 29, und vom 30. August 2017 - 1 VR 5/17 -, juris Rn. 18.
22Nach dem Bundesverfassungsgericht sind diese Voraussetzungen insbesondere in Fällen denkbar, in denen eine Person aus einem Ausbildungslager für Terroristen im Ausland in die Bundesrepublik Deutschland einreist.
23Vgl. BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 u.a. - BVerfGE 141, 220 = juris Rn. 112 a. E.
24Gemessen an diesen Maßstäben geht von dem Antragsteller auch im Entscheidungszeitpunkt eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Sinne von § 59 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AufenthG aus.
25Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) in seinem Urteil vom 15. April 2015 – 17 A 1245/11 – (zu den nachfolgenden Stellen siehe v. a. juris Rn. 76), die sich die Kammer ebenso wie die Antragsgegnerin zu eigen macht, war noch im Jahr 2015 eine gegenwärtige Gefährlichkeit des Antragstellers i. S. v. § 54 Nr. 5 AufenthG zu bejahen. Diese stützte sich vorrangig auf Ermittlungen und Erkenntnisse, wonach der Antragsteller in der Vergangenheit mit Al Qaida eine Vereinigung unterstützt hat, die ihrerseits wiederum den Terrorismus unterstützt hat. Die hierdurch begründete Gefahr dauerte im damaligen Entscheidungszeitpunkt auch noch an, weil der Antragsteller seinen erwiesenen Aufenthalt in Afghanistan zwecks militärischer Ausbildung in einem Lager der Al Qaida und seine Tätigkeit in der Leibgarde Bin Ladens nach wie vor wahrheitswidrig in Abrede stellte und durch die Legende einer religiösen Ausbildung in Karatschi zu kaschieren suchte. Dieses Verhalten schloss eine glaubhafte Distanzierung von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln zwangsläufig aus und ließ ihn als eine akute erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit erscheinen, da die jederzeitige Möglichkeit einer Nutzbarmachung der erworbenen militärischen Fertigkeiten bestand.
26Die vorstehenden Feststellungen gelten im aktuellen Entscheidungszeitpunkt ungemindert fort. Der Antragsteller hat mit Ausnahme einer andauernden pauschalen Abrede der erwiesenen Tatsachen und der von ihm allgemein geltend gemachten Distanzierung von den Vorwürfen keine Gründe dargelegt, die eine Verminderung seiner Gefährlichkeit bis hin zum gänzlichen Ausschluss erkennen ließen.
27Zusätzlicher aktualisierter Erkenntnisse der Ermittlungsbehörden bedarf es bei einer derart begründeten Gefährlichkeit angesichts der in Rede stehenden hochrangigen Rechtsgüter (v. a. Leib und Leben) nicht. Ebenso wenig müssen entgegen der Auffassung des Antragstellers konkrete (aktuelle) Verbindungen von ihm zu anderen Personen nachgewiesen sein, gegen die in Verfahren wegen des Verdachts von staatsgefährdenden Straftaten ermittelt wurde bzw. wird. Gleiches gilt für den Einwand, es liege bis heute kein Dokument vor, in dem der Antragsteller öffentlich oder privat einen fundamentalistischen, terroristischen oder gewaltbereiten Islam vertreten oder sich als Salafist zu erkennen gegeben habe, obwohl die US-amerikanischen Ermittler nach dem Tod von Osama bin Laden eine Vielzahl von Daten und Dokumenten sichergestellt hätten.
28Auch dass der Antragsteller seit dem Jahr 2005 nahezu ununterbrochen überwacht wird und sich seit dem 10. März 2006 (mit wenigen Ausnahmen) täglich bei der Polizei in C. meldet, steht der vorstehenden Gefahreneinschätzung in dieser Allgemeinheit nicht entgegen.
29Der Antragsteller stellt mit seinem Vorbringen außerdem nicht durchgreifend die Annahme des Verdachts, er werde sich der Abschiebung entziehen (vgl. § 59 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AufenthG), in Frage. Zur Begründung der auch von der Antragsgegnerin angenommenen Fluchtgefahr wird auf die Gründe im Haftbeschluss des Amtsgerichts C. vom 25. Juni 2016 (16 XIV.B 63/18, dort v. a. Seite 4) verwiesen. Die pauschalen Einwände des Antragstellers, er besitze keinen eigenen Pass und für ihn sei es als verantwortungsvollen Vater unvorstellbar, seine Kinder dauerhaft zu verlassen oder diesen (z. B. mittels einer Entführung) zu schaden, führen angesichts der dortigen Risikoeinschätzung nicht zu durchgreifenden Zweifeln an dem zuvor genannten Verdacht.
30Nachdem der Antragsteller sich zwischenzeitlich aufgrund des soeben bezeichneten Beschlusses des Amtsgerichts C. vom 25. Juni 2018 unter Anordnung der sofortigen Wirksamkeit dieser Entscheidung seit demselben Tag in Abschiebungshaft befindet, bedarf die Abschiebungsandrohung nach § 59 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. § 58 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG im Übrigen keiner Fristsetzung (mehr).
31Im vorliegenden Verfahren ist auch nicht erkennbar, dass die Abschiebungsandrohung hinsichtlich der Bezeichnung von Tunesien als Zielstaat der Abschiebung nach § 59 Abs. 3 AufenthG rechtswidrig ist. Dies wäre allenfalls anzunehmen bei einer Androhung auf Vorrat, die den vom Gesetzgeber verfolgten Ermächtigungszweck ausnahmsweise verfehlt, wenn zweifelsfrei feststeht, dass eine zwangsweise Abschiebung und eine freiwillige Rückkehr in den genannten Zielstaat praktisch auf unabsehbare Zeit unmöglich erscheinen.
32Vgl. zu den Maßstäben im Einzelnen: BVerwG, Urteil vom 10. Juli 2003 - 1 C 21.02 -, BVerwGE 118, 308-313 = juris Rn. 13; Beschluss vom 1. September 1998 - 1 B 41.98 - Buchholz 402.240 § 50 AuslG Nr. 4) = juris Rn. 25.
33Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Eine Abschiebung oder freiwillige Rückkehr des Klägers nach Tunesien kann im gerichtlichen Entscheidungszeitpunkt nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden, nachdem die mit Bescheid des Bundesamtes vom 21. Juni 2010 ausgesprochene Feststellung eines Abschiebungsverbots hinsichtlich Tunesien durch den Widerrufsbescheid des Bundesamtes vom 20. Juni 2018 widerrufen wurde. Selbst wenn in dem zur Zeit beim erkennenden Gericht anhängigen asylrechtlichen Verfahren auf Eilrechtsschutz hinsichtlich der Widerrufsentscheidung des Bundesamtes (7a L 1200/18.A) die aufschiebende Wirkung der Klage 7a K 3425/18.A wiederhergestellt werden sollte, würde es sich in der vorliegenden Konstellation nicht um eine unzulässige Androhung auf Vorrat handeln, weil eine zwangsweise Abschiebung oder freiwillige Rückkehr des Antragstellers nach Tunesien nicht praktisch auf unabsehbare Zeit unmöglich erscheinen.
34Auf die verschiedenartigen Vorwürfe der Ehefrau des Antragstellers im Hinblick auf Gewalt ihr gegenüber bzw. seine Äußerungen oder sein Verhalten im Allgemeinen sowie deren Belastbarkeit oder die Anzeige wegen Sozialhilfetrugs (vgl. Anhörungen der Ehefrau vom 11. Mai und 20 Mai 2018) kommt es in dem vorliegenden Zusammenhang nicht an.
35Soweit der Antragsteller seinen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz vorrangig mit Blick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK anhand der engen familiären Beziehung zu seinen Kindern begründet hat, liegen hierin keine Gründe, aufgrund derer die Abschiebungsandrohung rechtswidrig sein könnte. Aus § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG folgt vielmehr, dass dem Erlass der Abschiebungsandrohung das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegenstehen. Denn solche sind nur für den nachfolgenden Vollzug der Abschiebung von Bedeutung und bleiben gemäß der vorgenannten Norm beim Erlass der Abschiebungsandrohung unberücksichtigt.
36Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Januar 2005 – 18 B 2801/04 –, juris Rn. 7, auch für die Anwendbarkeit des § 60a AufenthG im Rahmen des § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG.
37Der Antragsteller ist diesbezüglich auch nicht rechtsschutzlos gestellt, da derartige Gründe im Falle einer bevorstehenden Abschiebung im Wege eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens wegen Abschiebungsschutzes gemäß § 123 Abs. 1 VwGO geltend zu machen wären. Einen solchen Antrag hat der anwaltlich vertretene Antragsteller, der ausdrücklich die Feststellung der aufschiebenden Wirkung beantragt und sich damit nur für das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO entschieden hat, bislang nicht gestellt.
38Die Kostenentscheidung folgt aus der Vorschrift des § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zum Streitwert beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes.