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1. Das mit dem Verzicht auf förmliche Zustellung verbundene Risiko der Nichterweislichkeit des Zugangs geht auch in einem Massenverwaltungsverfahren wie dem Einzug der Rundfunkbeiträge nicht auf den Adressaten über. Da eine negative Tatsache nicht substantiiert bestritten werden kann, reicht es insoweit aus, dass ein Kläger schlicht den Zugang der Bescheide bestreitet. Davon zu unterscheiden ist jedoch die Frage, wie das Gericht im Rahmen der ihm obliegenden freien Beweiswürdigung (§ 108 VwGO) dieses Bestreiten bei seiner Entscheidung wertet.
Es ist durch das Gericht daher– auch unter Berücksichtigung der besonderen Formstrenge des Vollstreckungsrechtes – im Rahmen der Beweiswürdigung zu prüfen, ob das Bestreiten des Zugangs unter Berücksichtigung der sonstigen Umstände des Einzelfalls glaubhaft ist.
2. Soweit nach § 13 Satz 1 VwVG NRW im Vollstreckungsauftrag oder in der Pfändungsverfügung für die beizutreibenden Geldbeträge der Schuldgrund anzugeben ist, wird dies durch § 40 Abs. 1 Satz 5 VwVG NRW dahingehend modifiziert, dass die an den Drittschuldner zuzustellende Pfändungsverfügung den beizutreibenden Geldbetrag in einer Summe ohne Angabe des Schuldgrundes bezeichnen soll.
3. Die VO VwVG NRW sieht einen Gebührentatbestand „Vollstreckungsgebühren“ nicht vor. Die in § 8 VO VwVG NRW enthaltene Auflistung der Gebührenarten ist abschließend.
4. Die Vollstreckungsankündigung führt noch nicht zur Entstehung einer Gebührenschuld.
5.Rechtsgrundlage für die Auslagen für Postzustellungen ist § 20 Abs. 2 Nr. 1 VO VwVG NRW. Die Höhe des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den tatsächlich erbrachten Aufwendungen. § 344 Abs. 1 Nr. 3 der Abgabenordnung findet entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin mangels Verweisung keine Anwendung.
1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 23. Juli 2020 gegen die Pfändungsverfügung der Antragsgegnerin vom 16. Juli 2020 in Gestalt des Bescheids vom 27. August 2020 wird angeordnet, soweit ein Betrag in Höhe von 31,05 Euro betroffen ist.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
2. Der Streitwert wird auf 221,50 Euro festgesetzt.
Gründe:
2Der sinngemäß gestellte Antrag der Antragstellerin,
3die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 23. Juli 2020 gegen die Pfändungsverfügung der Antragsgegnerin vom 16. Juli 2020 in Gestalt des Bescheids vom 27. August 2020 anzuordnen,
4ist teilweise unzulässig geworden, nachdem die Antragsgegnerin den Vollstreckungsbetrag mit Bescheid vom 27. August 2020 durch Reduzierung der Pfändungsgebühr von 28,00 Euro auf 27,00 Euro und Streichung des Wegegeldes in Höhe von 2,50 Euro um insgesamt 3,50 herabgesetzt hat. Die streitgegenständliche Forderungspfändung hat sich insoweit erledigt und das Rechtschutzbedürfnis der Antragstellerin für den vorliegenden Antrag ist insoweit entfallen. Die mit gerichtlicher Verfügung vom 1. September 2020 erbetene Stellungnahme hat die Antragstellerin nicht zur Abgabe einer teilweisen Erledigungserklärung genutzt.
5Im Übrigen ist der Antrag zulässig, aber nur teilweise begründet.
6Eine Anordnung nach § 112 des Justizgesetzes Nordrhein-Westfalen (JustG NRW) i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist geboten, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass das Interesse der Antragstellerin an dem einstweiligen Nichtvollzug das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt. Dies ist in den Fällen, in denen der Verwaltungsakt – wie hier – kraft Gesetzes nach § 80 Abs. 2 VwGO i.V.m. 112 Satz 1 JustG NRW sofort vollziehbar ist, in entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO der Fall, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Vollstreckungsmaßnahme bestehen oder wenn der Vollzug der Verwaltungsvollstreckung für den Vollstreckungsschuldner eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
7Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erweist sich die angefochtene Pfändungsverfügung der Antragsgegnerin vom 16. Juli 2020 in ihrer Fassung des Bescheids vom 27. August 2020 als rechtswidrig, soweit die Antragsgegnerin „Vollstreckungsgebühren“ in Höhe von 27,00 Euro sowie Auslagen für Postzustellungen in Höhe von 4,05 Euro geltend macht. Im Übrigen, hinsichtlich eines Betrages von 851,45 Euro, erweist sich die streitgegenständliche Verfügung hingegen als rechtmäßig.
8I.
9Die streitgegenständliche Pfändungsverfügung der Antragsgegnerin vom 16. Juli 2020 in ihrer Fassung des Bescheids vom 27. August 2020 ist dem Grunde nach rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten.
10Für die Beitreibung der Geldforderung des Beigeladenen sind nach §§ 1, 56 Abs. 2 Satz 2 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW) i.V.m. §§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, § 4 Nr. 29 der Verordnung zur Ausführung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes – VO VwVG NRW – vom 8. Dezember 2009 (GV.NRW.2009, 787) die Vollstreckungsbehörden der Gemeinden zuständig. Da die Antragstellerin ihren Wohnsitz im Bereich der Antragsgegnerin hat, ist diese auch für die Vollstreckung zuständig.
11Rechtsgrundlage der angefochtenen Pfändungsverfügung sind die §§ 6, 40 und 44 VwVG NRW. Deren Voraussetzungen liegen vor.
12Die formelle Rechtmäßigkeit der Pfändungsverfügung unterliegt zunächst keinen Bedenken.
13Im Fall der Pfändung einer Geldforderung hat die Vollstreckungsbehörde nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW dem Drittschuldner schriftlich zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen, und dem Schuldner schriftlich zu gebieten, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten. In der Verfügung ist auszusprechen, dass der Vollstreckungsgläubiger, für den gepfändet ist, die Forderung einziehen kann, § 40 Abs. 1 Satz 2 VwVG NRW. Die Pfändung ist bewirkt, wenn die Verfügung dem Drittschuldner zugestellt ist (§ 40 Abs. 1 Satz 3 VwVG NRW). Die Zustellung ist dem Schuldner mitzuteilen (§ 40 Abs. 1 Satz 4 VwVG NRW). Die an den Drittschuldner zuzustellende Pfändungsverfügung soll den beizutreibenden Geldbetrag in einer Summe ohne Angabe des Schuldgrundes bezeichnen (§ 40 Abs. 1 Satz 5 VwVG NRW). Die Pfändung und die Erklärung, dass der Vollstreckungsgläubiger die Forderung einziehen könne, ersetzen nach § 44 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW die förmlichen Erklärungen des Schuldners, von denen nach dem bürgerlichen Recht die Berechtigung zur Einziehung abhängt.
14Diesen Vorgaben genügt die Pfändungsverfügung der Antragsgegnerin vom 16. Juli 2020. Der Ausspruch gegenüber der D. AG als Drittschuldnerin über das Verbot, an die Antragstellerin zu zahlen, vgl. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW, findet sich auf Seite 1 der Verfügung im letzten Absatz. Auf Seite 2 der Verfügung ist der nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW erforderliche Hinweis an die Antragstellerin enthalten, dass sie sich jeder Verfügung über die gepfändete Geldforderung, insbesondere deren Einziehung, zu enthalten hat. Soweit nach § 40 Abs. 1 Satz 2 VwVG NRW in der Verfügung auszusprechen ist, dass der Vollstreckungsgläubiger, für den gepfändet ist, die Forderung einziehen kann, bezieht sich dieses Erfordernis auf die hier nicht zugleich erlassene Einziehungsverfügung.
15Die Pfändungsverfügung ist der Drittschuldnerin zudem ausweislich der Postzustellungsurkunde am 22. Juli 2020 förmlich zugestellt wurde.
16Soweit der Verwaltungsvorgang keine Mitteilung der Antragsgegnerin an die Antragstellerin über die Zustellung der Pfändungsverfügung an die D. AG gemäß § 40 Abs. 1 Satz 4 VwVG NRW enthält, kann offen bleiben, ob eine solche erfolgt ist. Denn die nachträgliche Mitteilung über die Zustellung der Pfändungsverfügung ist keine Tatbestandsvoraussetzung für den Erlass der Pfändungsverfügung. Dem Schuldnerschutzcharakter der Vorschrift ist genüge getan, wenn der Vollstreckungsschuldner von der Pfändung der Forderung noch mit hinreichendem zeitlichen Vorlauf vor deren Überweisung an den Gläubiger erfährt und ausreichend Möglichkeit hat, Pfändungsschutz und Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.
17Vgl. VG Köln, Beschluss vom 2. September 2010 – 14 L 1210/10 –, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 25. Mai 2011 – 27 L 923/10 –, juris; vgl. auch LSG NRW, Urteil vom 29.01.2004 – L 2 KN 108/01 –, juris.
18Dies war vorliegend der Fall, da die Antragsgegnerin die Antragstellerin mit Schreiben vom 16. Juli 2020 – und damit zeitgleich zum Erlass der streitgegenständlichen Verfügung – über die der Drittschuldnerin übersandte Pfändungsverfügung in Kenntnis gesetzt hat.
19Die Pfändungsverfügung ist auch materiell rechtmäßig.
20Die in § 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 VwVG NRW aufgeführten allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen für die Vollstreckung von Geldforderungen liegen vor. Danach sind Voraussetzungen für die Einleitung der Vollstreckung wegen einer Geldforderung das Vorliegen eines Leistungsbescheides, durch den der Schuldner zur Leistung aufgefordert ist, die Fälligkeit der Leistung sowie der Ablauf einer Frist von einer Woche seit Bekanntgabe des Leistungsbescheides bzw. seit Fälligkeit der Leistung.
21Grundlage der Vollstreckung sind die Festsetzungsbescheide des Beigeladenen vom 1. Oktober 2019 und 1. November 2019. Diese wurden der Antragstellerin nach Überzeugung des Gerichts auch wirksam bekanntgegeben. Zwar trägt insoweit der Beigeladene die Beweislast für die Tatsache der Bekanntgabe. Dies gilt auch im Hinblick auf die formlose Übermittlung von Rundfunkbeitragsbescheiden. Das mit dem Verzicht auf förmliche Zustellung verbundene Risiko der Nichterweislichkeit des Zugangs geht auch in einem Massenverwaltungsverfahren wie dem Einzug der Rundfunkbeiträge nicht auf den Adressaten über. Da eine negative Tatsache nicht substantiiert bestritten werden kann, reicht es insoweit aus, dass ein Kläger schlicht den Zugang der Bescheide bestreitet. Davon zu unterscheiden ist jedoch die Frage, wie das Gericht im Rahmen der ihm obliegenden freien Beweiswürdigung (§ 108 VwGO) dieses Bestreiten bei seiner Entscheidung wertet. Es entspricht zur Frage der Bestandskraft von Rundfunkbeitrags- bzw. zuvor den Rundfunkgebührenbescheiden insoweit gefestigter Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen und anderer Obergerichte, dass die Behörde ihrer Beweispflicht nach den Grundsätzen über den Beweis des ersten Anscheins genügen kann, wenn sie Tatsachen vorträgt, aus denen nach allgemeiner Lebenserfahrung geschlossen werden kann, dass der Empfänger einen Bescheid tatsächlich erhalten haben muss. Wenn mehrere Bescheide über einen längeren Zeitraum nachweislich an eine zutreffende Adresse des Rundfunkgebühren- bzw. beitragspflichtigen versandt wurden, ohne dass einer der Bescheide als unzustellbar in den Postrücklauf gerät, erscheint es lebensfremd, dass sämtliche Sendungen im Postbetrieb verloren gegangen sein könnten.
22Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. September 2010 – 8 E 828/10 – und vom 25. August 2009 – 8 E 42/09 –; BayVGH, Beschlüsse vom 6. Juli 2007 – 7 CE 07.1151 –, juris Rn. 8 f., und vom 24. Oktober 2007 – 7 CE 07.2317 –, juris Rn. 8 ff.
23Jedenfalls ist – auch unter Berücksichtigung der besonderen Formstrenge des Vollstreckungsrechtes – im Rahmen der Beweiswürdigung zu prüfen, ob das Bestreiten des Zugangs unter Berücksichtigung der sonstigen Umstände des Einzelfalls glaubhaft ist.
24Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 04. April 2013 – 8 B 173/13 –, juris.
25Dies ist vorliegend nicht der Fall. Im Rahmen des gerichtlichen Antragsverfahrens hat die Antragstellerin den Zugang der zu vollstreckenden Beitragsbescheide bereits nicht bestritten, sondern deren Existenz allein deshalb negiert, weil die einzelnen Bescheide nicht in der streitgegenständlichen Pfändungsverfügung an die Drittschuldnerin genannt werden bzw. es „keinen Leistungsbescheid über 821,00 Euro gebe“. Soweit die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin mit E-Mail vom 8. Februar 2020 geltend gemacht, keine Post von dem Beigeladenen erhalten zu haben, ist dies unsubstantiiert und unzutreffend. Insoweit ist festzustellen, dass keiner der gegen die Antragstellerin erlassenen und zutreffend adressierten Festsetzungsbescheide in den Postrücklauf gekommen ist. Dies gilt im Übrigen auch für die sonstigen an die Antragstellerin vom Beigeladenen und der Antragsgegnerin übersandten Schreiben. Lediglich das am 6. Februar 2019 ergangene Schreiben des Beigeladenen mit der Bitte um Mitteilung der beitragsrelevanten Daten ist nach den Darlegungen des Beigeladenen zurückgesandt worden. Da die Rücksendung ohne den bei Zustellproblemen üblichen Vermerk des Postboten auf dem Briefumschlag erfolgte, kann hieraus nicht auf eine allgemeine Zustellproblematik geschlossen werden. Dass die Antragstellerin ein generelles Problem bezüglich des Erhalts von Postsendungen hat bzw. im streitgegenständlichen Zeitraum hatte, wird von ihr auch nicht vorgetragen. Dagegen spricht auch der Umstand, dass sie etwa auf die Vollstreckungsankündigung der Antragsgegnerin vom 7. Februar 2020 mit E-Mail vom 8. Februar 2020 reagierte.
26Gegen die Festsetzungsbescheide des Beigeladenen vom 1. Oktober 2019 und 1. November 2019 hat die Antragstellerin keinen Widerspruch eingelegt. Ungeachtet dessen wären sie auch bei Widerspruchseinlegung sofort vollziehbar. Denn bei den Rundfunkbeiträgen nebst der zusammen mit ihnen festgesetzten Säumniszuschläge handelt es sich der Sache nach um öffentliche Abgaben und Kosten, so dass ein gegen den Bescheid eingelegter Rechtsbehelf gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO keine aufschiebende Wirkung entfaltet.
27Die mit den vorerwähnten Bescheiden festgesetzten Beiträge waren bei Erlass der Pfändungsverfügung in voller Höhe fällig (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 VwVG NRW). Die hier zu vollstreckenden Rundfunkbeiträge waren gemäß § 7 Abs. 3 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages (RBStV) (bereits) in der Mitte des jeweiligen Dreimonatszeitraumes fällig. Die Fälligkeit hängt daher nicht von der Festsetzung durch den Bescheid ab, sondern folgt unmittelbar aus dem Gesetz. Die Fälligkeitstermine liegen damit lange Zeit vor Ergehen des Vollstreckungsersuchens. Hieraus folgt zugleich, dass auch die erforderliche Schonfrist von einer Woche zwischen Bekanntgabe der Bescheide bzw. der Fälligkeit der Leistung und der Vollstreckungsmaßnahme eingehalten ist.
28Ferner ist die Antragstellerin mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 7. Februar 2020 zur Zahlung binnen einer Frist von einer Woche aufgefordert worden (§§ 6 Abs. 3, 19 VwVG NRW). Mit zwei Schreiben des Beigeladenen vom 19. November 2019 ist sie ebenfalls zur Zahlung der mit Bescheiden vom 1. Oktober 2019 und 1. November 2019 festgesetzten Beträge gemahnt worden.
29Die angefochtene Pfändungsverfügung vom 16. Juli 2020 genügt schließlich auch dem für die Rechtmäßigkeit der Pfändung erforderlichen Mindestmaß an Bestimmtheit. Soweit nach § 13 Satz 1 VwVG NRW im Vollstreckungsauftrag oder in der Pfändungsverfügung für die beizutreibenden Geldbeträge der Schuldgrund anzugeben ist, wird dies durch § 40 Abs. 1 Satz 5 VwVG NRW dahingehend modifiziert, dass die an den Drittschuldner zuzustellende Pfändungsverfügung den beizutreibenden Geldbetrag in einer Summe ohne Angabe des Schuldgrundes bezeichnen soll. Diesen Anforderungen genügt die Pfändungsverfügung vom 16. Juli 2020, welcher neben der Angabe des Beigeladenen als Vollstreckungsgläubiger die Summe des beizutreibenden Geldbetrages (821,00 Euro) und darüber hinaus die Art der Forderung (Rundfunkbeitrag) – zu entnehmen ist. Die Antragstellerin ist hierdurch nicht in ihren Rechten eingeschränkt, da sie die zur Abwehr unberechtigter Pfändungen erforderliche Kenntnis, wegen welcher Forderung konkret gepfändet wird, außerhalb der Pfändungsverfügung hinreichend durch die Vollstreckungsankündigung der Antragsgegnerin vom 7. Februar 2020 und der hierin enthaltenen Forderungsaufstellung und der am 15. Juli 2020 erfolgten Akteneinsicht erlangt hat.
30Die Antragstellerin kann der Vollstreckung zudem keine Gesichtspunkte entgegenhalten, die ihre Verpflichtung zur Zahlung der zu Grunde liegenden (Rundfunkbeitrags-)Forderung selbst betreffen. Denn gemäß § 7 Abs. 1 VwVG NRW sind Einwendungen gegen die Entstehung oder die Höhe des zu vollstreckenden An-spruchs außerhalb des Zwangsverfahrens mit den hierfür zugelassenen Rechtsmitteln geltend zu machen.
31Die Vollstreckung ist auch nicht einzustellen oder zu beschränken, weil eine der Voraussetzungen des § 6a VwVG NRW erfüllt wurde.
32II.
33Hinsichtlich der Höhe der Forderungssumme bestehen hingegen ernstliche Zweifel an der Rechtsmäßigkeit der streitgegenständliche Pfändungsverfügung der Antragsgegnerin vom 16. Juli 2020 in ihrer Fassung des Bescheids vom 27. August 2020, soweit die Antragsgegnerin eine „Vollstreckungsgebühr“ in Höhe von 27,00 Euro gemäß § 11 Abs. 1 VO VwVG NRW sowie Auslagen für Postzustellungen in Höhe von 4,05 Euro mitvollstreckt. Im Übrigen begegnet die Gebühren- und Auslagenfestsetzung keinen rechtlichen Bedenken.
34Nach § 20 Abs. 1 VwVG NRW fallen die Kosten der Mahnung und der Zwangsvollstreckung dem Vollstreckungsschuldner, hier also der Antragstellerin, zur Last. Sie sind mit dem Anspruch beizutreiben. Art und Höhe der Vollstreckungskosten richten sich gemäß § 77 Abs. 1 VwVG NRW nach den Vorschriften der Verordnung zur Ausführung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VO VwVG NRW).
35Nach diesen erweist sich die Erhebung einer Pfändungsgebühr in Höhe von 27,00 Euro als rechtmäßig. Gemäß den §§ 8 Nr. 2, 10 Abs. 1 Nr. 1 und 11 VO VwVG NRW wird bei der Pfändung von Sachen, Forderungen oder anderen Vermögensrechten eine Pfändungsgebühr erhoben. Die Gebührenschuld entsteht bei der Forderungspfändung, sobald die Vollstreckungsbehörde die Pfändungsverfügung zum Zwecke der Zustellung zur Post gegeben oder der mit der Zustellung Beauftragte Schritte zur Ausführung des Antrages unternommen hat, mithin hier mit der Aufgabe der Pfändungsverfügung vom 16. Juli 2020 zur Post, vgl. § 11 Abs. 2 Nr. 2 VO VwVG NRW. Nach der mit Bescheid vom 26. August 2020 erfolgten Reduzierung von 28,00 Euro auf 27,00 Euro ist auch der festgesetzte Betrag nicht zu beanstanden. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 VO VwVG NRW beträgt die Pfändungsgebühr von dem Betrag bis zu 50 Euro einschließlich 20 Euro, von dem Mehrbetrag eins vom Hundert. Bei einer Hauptforderung in Höhe von 821,00 Euro fällt demnach für die ersten 50,00 Euro ein Betrag von 20,00 Euro sowie eins vom Hundert auf die übrigen 771,- Euro (= 7,- Euro, auf volle Euro abgerundet gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 VO VwVG NRW), insgesamt mithin ein Betrag von 27,00 Euro, als Pfändungsgebühr an.
36Demgegenüber dürfte es für die Vollstreckung einer „Vollstreckungsgebühr“ in Höhe von 27,00 Euro für die Vollstreckungsankündigung an einer rechtlichen Grundlage fehlen. Die VO VwVG NRW sieht einen Gebührentatbestand „Vollstreckungsgebühren“ nicht vor. Die in § 8 VO VwVG NRW enthaltene Auflistung der Gebührenarten ist abschließend. Soweit die Antragsgegnerin auf eine entsprechende Heranziehung des § 11 Abs. 1 VO VwVG NRW abstellt, steht dem der ausdrückliche Wortlaut des § 11 Abs. 2 VO VwVG NRW entgegen, wonach die Gebührenschuld bei der Pfändung von Forderungen und anderen Vermögensrechten entsteht, sobald die Vollstreckungsbehörde die Pfändungsverfügung zum Zwecke der Zustellung zur Post gegeben oder mit der Zustellung Beauftragte Schritte zur Ausführung des Auftrages unternommen hat. Die Vollstreckungsankündigung führt danach im Umkehrschluss noch nicht zur Entstehung einer Gebührenschuld. Der Antragsgegnerin steht für den insoweit entstehenden Arbeitsaufwand kein Gebührenanspruch über die gesetzlich eindeutig hinaus geregelten Fälle zu. Dies gilt zumal die Antragsgegnerin gemäß § 5 Abs. 1 VO VwVG NRW eine pauschale Vergütung des Beigeladenen für ihre Vollstreckungstätigkeit in Höhe von derzeit 37,00 Euro pro Vollstreckungsersuchen erhält.
37Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 23. Juni 2020 – 27 K 643/19 –, juris.
38Die im Übrigen mit dem Anspruch beigetriebenen Auslagen dürften zudem der Höhe nach insoweit rechtswidrig sein, als die Antragsgegnerin für die Zustellung der Pfändungsverfügung vom 16. Juli 2020 an die Drittschuldnerin per Postzustellungsurkunde Kosten in Höhe von 7,50 Euro statt 3,45 Euro in Ansatz gebracht hat. Rechtsgrundlage für die geltend gemachten Auslagen für Postzustellungen ist § 20 Abs. 2 Nr. 1 VO VwVG NRW. Die Höhe des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den tatsächlich erbrachten Aufwendungen, die sich gegenwärtig für Postzustellungen der Deutsche Post AG auf 3,45 Euro belaufen. § 344 Abs. 1 Nr. 3 der Abgabenordnung findet entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin mangels Verweisung keine Anwendung.
39Soweit die Pfändungsverfügung vom 16. Juli 2020 dem Grunde und – mit Ausnahme der „Vollstreckungsgebühr“ und der über 3,45 Euro hinausgehenden Auslagen – auch der Höhe nach rechtlich nicht zu beanstanden ist, sind schließlich Gründe, welche die Vollstreckung als unbillig oder unverhältnismäßig erscheinen ließen, weder vorgetragen noch ersichtlich.
40Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht aus Billigkeit erstattungsfähig, da dieser sich nicht durch die Stellung eines Sachantrags dem Kostenrisiko ausgesetzt hat, sondern lediglich inhaltlich zur Unbegründetheit des Antrags Stellung genommen hat.
41Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 3 GKG i.V.m. Ziffer 1.7.1 des Streitwert-katalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, nach der im selbständigen Vollstreckungsverfahren ¼ des Werts des Hauptsacheverfahrens – hier mithin der (ursprünglich) zu vollstreckenden Forderung von 886,00 Euro – anzusetzen ist.
42Rechtsmittelbelehrung:
43Gegen den Beschluss zu 1. steht den Beteiligten die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster zu.
44Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Beschlusses schriftlich oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV), bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, einzulegen. Sie ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV, einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
45Im Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss zu 1. muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO.
46Gegen den Beschluss zu 2. findet innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
47Die Beschwerde ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV, bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen einzulegen. Über sie entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, falls das beschließende Gericht ihr nicht abhilft.