Seite drucken Entscheidung als PDF runterladen
Das Geldwäschegesetz geht hinsichtlich der Begründung der Verpflichteteneigenschaft grundsätzlich von einem weiten Verständnis des "Mitwirkens" an den in § 2 Abs. 1 Nr. 10 lit. a) aa) GwG genannten Geschäften aus.
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe:
2Der sinngemäße Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der gegen die Verfügung in Ziffer 2. des Bescheides der Antragsgegnerin vom 19. April 2023 erhobenen Klage 18 K 2166/23 anzuordnen,
4ist zulässig, aber unbegründet.
5I.
6Der Antrag auf gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist zulässig. Er ist insbesondere gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft, da eine Anfechtungsklage gegen die in § 51 Abs. 2 Satz 1 bis 3 des Geldwäschegesetzes (GwG) genannten Maßnahmen gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. 51 Abs. 2 Satz 4 GwG keine aufschiebende Wirkung hat.
7Der Antragsteller hat eine Anfechtungsklage gegen eine Maßnahme gemäß § 51 Abs. 2 Satz 1 und 2 GwG erhoben, soweit er sich mit seiner Klage gegen die Anordnung der Antragsgegnerin, eine Risikoanalyse nach § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 3 GwG bis zum 19. Mai 2023 zu dokumentieren und vorzulegen (Ziffer 2. des Bescheides vom vom 19. April 2023), wendet. Soweit er mit der Klage unter Aufhebung der Verfügung in Ziffer 1. des Bescheides der Antragsgegnerin vom 19. April 2023 die Erteilung einer Befreiung von der Pflicht zur Dokumentation einer Risikoanalyse begehrt, handelt es sich hingegen um eine Verpflichtungsklage, die nicht Gegenstand des vorliegenden Antrages auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 VwGO sein kann. Angesichts des eindeutigen Wortlautes des anwaltlich gestellten Antrages – „die aufschiebende[n] Wirkung der Klage wird angeordnet“ – ist in diesem, auch unter Berücksichtigung der Auslegungsregel in § 123 Abs. 5 VwGO, kein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu sehen.
8II.
9Der Antrag ist jedoch unbegründet. Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage ist begründet, wenn das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Klage gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes überwiegt. Die insoweit vorzunehmende Interessenabwägung hat sich in erster Linie an den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu orientieren. Vorliegend überwiegt bei der Abwägung das behördliche Vollzugsinteresse, da der Rechtsbehelf in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Nach der insoweit gebotenen summarischen Prüfung bestehen keine ernstlichen Zweifel an der nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Bescheiderlasses zu beurteilenden Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung in Ziffer 2. des Bescheides vom 19. April 2023.
10Ermächtigungsgrundlage für die Verfügung ist § 51 Abs. 2 Satz 1 und 2 GwG. Nach der Generalklausel in Satz 1 der Norm können die Aufsichtsbehörden im Rahmen der ihnen gesetzlich zugewiesenen Aufgaben die geeigneten und erforderlichen Maßnahmen und Anordnungen treffen, um die Einhaltung der im Geldwäschegesetz und der in aufgrund dieses Gesetzes ergangenen Rechtsverordnungen festgelegten Anforderungen sicherzustellen. Insbesondere können die Aufsichtsbehörden in diesem Rahmen durch erforderliche Maßnahmen und Anordnungen sicherstellen, dass die Verpflichteten diese Anforderungen auch im Einzelfall einhalten und nicht entgegen diesen Anforderungen Geschäftsbeziehungen begründen oder fortsetzen und Transaktionen durchführen (Satz 2).
111. Die Verfügung der Antragsgegnerin in Ziffer 2. des Bescheides vom 19. April 2023 ist formell rechtmäßig. Die Antragsgegnerin ist für die ausgesprochene Anordnung gemäß § 50 Nr. 3 GwG i.V.m. § 60 der Bundesrechtsanwaltsordnung zuständig, da der Antragsteller als in ihrem Bezirk zugelassener Rechtsanwalt deren Mitglied ist.
12Vor Erlass der angefochtenen Anordnung hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Schreiben vom 12. Dezember 2022 mitgeteilt, dass sie ihn als Verpflichteten gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG betrachte und ihn dazu aufgefordert, eine Risikoanalyse vorzulegen. Ferner hat sie ihn in diesem Schreiben darauf hingewiesen, dass dieses Schreiben der Vorbereitung der Beschlussfassung der zuständigen Abteilung VII des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer Hamm diene. Da die dem Antragsteller im angefochtenen Bescheid aufgegebene Dokumentation einer Risikoanalyse naturgemäß deren Vorlage bei der Antragsgegnerin zeitlich vorgeht, hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller gemäß § 28 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) in schlüssiger Weise auch hinsichtlich der Dokumentationspflicht hinreichend Gelegenheit gegeben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Selbst wenn der Antragsteller mit diesem Schreiben nicht konkret angehört worden sein sollte, wäre ein etwaiger Verfahrensfehler jedenfalls nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 VwVfG NRW im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens geheilt worden, da sich die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 26. Mai 2023 dezidiert mit den Einwänden des Antragstellers auseinandergesetzt hat.
132. Die Verfügung der Antragsgegnerin in Ziffer 2. des Bescheides vom 19. April 2023 ist auch materiell rechtmäßig.
14a) Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 Satz 1 GwG liegen vor. Dieser setzt voraus, dass der Adressat der Anordnung Verpflichteter einer ihn treffenden Anforderung des Geldwäschegesetzes ist. Der Antragsteller ist Verpflichteter in diesem Sinne. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 lit. a) aa) GwG sind Verpflichtete unter anderen Rechtsanwälte, soweit sie in Ausübung ihres Berufs handeln und für einen Mandanten an der Planung eines Kaufs oder Verkaufs von Gewerbebetrieben mitwirken. Dies ist bei dem Antragsteller der Fall. Er hat nach seinen Angaben vom 28. Oktober 2022 auf dem Fragebogen „II“ der Antragsgegnerin „zu den Pflichten nach dem GwG (Schriftliche Prüfung)“ im Prüfzeitraum 2021 in einem Fall gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 10 lit. a) aa) Var. 2 GwG an der Planung oder Durchführung eines Kaufs oder Verkaufs eines Gewerbebetriebes mitgewirkt. Dass sich seine Tätigkeit nach seinen anschließenden Angaben auf die einmalige Erstellung eines Entwurfes eines Kaufvertrages für den Erwerb von GmbH-Gesellschaftsanteilen durch seine Mandantin von einem alleinigen Gesellschafter beschränkt habe, wobei dieser Entwurf später durch einen anderen Rechtsanwalt noch geändert worden sei, lässt seine Eigenschaft als Verpflichteter nicht entfallen. Das Geldwäschegesetz ist bereits bei Vorliegen eines einzigen relevanten Falles eröffnet. Es geht für die Begründung der Verpflichteteneigenschaft mit Blick auf den mit dem Gesetz verfolgten risikobasierten Ansatz (vgl. § 3a GwG) ersichtlich von einem weiten Verständnis des „Mitwirkens“ an derartigen Geschäften aus. Eine Mitwirkung an der Planung oder Durchführung liegt bereits bei jeder begleitenden Rechtsberatung vor. Es genügt eine rein unterstützende Tätigkeit. Werden etwa bei Unternehmenstransaktionen verschiedene Kanzleien für die Bearbeitung unterschiedlicher rechtlicher Aspekte mandatiert, wirken alle an der Transaktion mit. Bei der Planung von Transaktionen handelt es sich um nur vorbereitende Tätigkeiten, insbesondere die Entwicklung von Strukturierungsgestaltungen. Der Begriff der Durchführung von Geschäften betrifft nicht nur die Erstellung von Verträgen, sondern umfasst auch alle damit im Zusammenhang stehenden Handlungen wie die Teilnahme an Vertragsverhandlungen. Eine trennscharfe Abgrenzung zwischen und Planung und Durchführung von Transaktionen ist indes nicht möglich.
15Vgl. VG Augsburg, Urteil vom 24. September 2020 – Au 2 K 19.254 –, juris Rn. 41 m. w. N.; Kaetzler in: Zentes/Glaab, Geldwäschegesetz, 3. Aufl. 2022, § 2, Rn. 187 m. w. N.; Pelz, in: BeckOK GwG, 2. Ed. 1.2.2020, § 2, Rn. 168.
16Eine Mitwirkung bei der Planung bzw. Durchführung liegt danach bereits in der einmaligen Erstellung eines Kaufvertragsentwurfs. Die Änderungen durch einen weiteren Rechtsanwalt können allenfalls als eine weitere Rechtsberatung betrachtet werden. Eine genaue Einordnung der Tätigkeit des Antragstellers als Planungs- oder Durchführungsmaßnahme ist im vorliegenden Fall nicht erforderlich, weil die Erstellung eines Kaufvertragsentwurfs nach den vorstehenden Maßstäben jedenfalls von dem Tatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 10 lit. a) aa) Var. 2 GwG entweder als vorbereitende Handlung oder als Teil der Durchführung eines Erwerbsgeschäfts erfasst ist.
17Auch ist die Mitwirkung bei dem Erwerb bzw. dem Verkauf von Geschäftsanteilen an dem Gewerbebetrieb vorliegend ohne Weiteres als eine Mitwirkung beim Kauf bzw. Verkauf eines Gewerbebetriebes anzusehen. Ob die veräußerte bzw. erworbene Beteiligung an der Gesellschaft eine gewisse Mindesthöhe erreichen muss, hat die Kammer vorliegend nicht zu entscheiden, da es sich nach den Angaben des Antragstellers um einen Verkauf der Anteile des alleinigen Gesellschafters an seine Mandantin handelte.
18Vgl. Kaetzler in: Zentes/Glaab, Geldwäschegesetz, § 2, 3. Aufl. 2022, Rn. 188 m. w. N.
19Soweit der Antragsteller vorträgt, die hinter der erwerbenden Gesellschaft stehenden wirtschaftlich Berechtigten bereits vor dem Vertragsschluss persönlich gekannt zu haben, führt auch dies nicht dazu, dass er aus dem Kreis der Verpflichteten ausgenommen ist. Das Geldwäschegesetz sieht eine solche Ausnahme allenfalls dann vor, wenn die beratende Tätigkeit insgesamt nicht „in Ausübung des Berufs“ (§ 2 Abs. 1 GwG), also nicht im Rahmen einer auf Dauer angelegten und der Schaffung und Aufrechterhaltung einer Lebensgrundlage dienenden Betätigung,
20vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 – 2 BvR 2347/15, 2 BvR 651/16, 2 BvR 1261/16, 2 BvR 1593/16, 2 BvR 2354/16, 2 BvR 2527/16 – juris Rn. 310 und 318, m. w. N.,
21von einem Angehörigen der in § 2 GwG aufgezählten Berufe bzw. Tätigkeitsbereiche ausgeübt wird. Ob eine nach dem Geldwäschegesetz grundsätzlich verpflichtete Person eines rechtsberatenden Berufes im Einzelfall ihre Tätigkeiten vollständig nicht „in Ausübung ihres Berufs“, also unentgeltlich erbringt oder erbracht hat, ist wegen der Grundannahme der Norm, dass rechtsberatende Tätigkeiten im Regelfall entgeltlich erfolgen, vom jeweiligen Betroffenen stichhaltig einzuwenden. Anhaltspunkte dafür hat der Antragsteller weder vorgetragen noch sind diese sonst ersichtlich.
22Ob der Antragsteller daneben auch gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 10 lit. d) GwG Verpflichteter ist, weil er durch seine Tätigkeit Beratung oder Dienstleistungen im Zusammenhang mit Zusammenschlüssen oder Übernahmen erbracht hat, kann nach dem Vorstehenden dahinstehen.
23b) Da die Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 Satz 1 und 2 GwG im Falle des Antragstellers vorliegen, ist die Antragsgegnerin nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl. § 40 VwVfG NRW) berechtigt, ihm gegenüber geeignete und erforderliche Maßnahmen und Anordnungen zu treffen, um sicherzustellen, dass er die Anforderungen des Geldwäschegesetzes im Einzelfall einhält. Diese Ermessensentscheidung überprüft das Gericht allein anhand der Maßstäbe des § 114 Satz 1 VwGO dahingehend, ob Ermessensfehler vorliegen. Die angefochtene Verfügung in Ziffer 2. des Bescheides vom 19. April 2023 ist bei summarischer Prüfung ermessensfehlerfrei.
24Mit Blick darauf, dass der Antragsteller erklärt hat, aus seiner Sicht nicht zur Dokumentation einer Risikoanalyse verpflichtet zu sein, ist die Anordnung der Dokumentation und Vorlage einer Risikoanalyse nicht nur geeignet, sondern auch erforderlich, um den legitimen Zweck der Umsetzung der dahingehenden gesetzlichen Pflichten zu erreichen.
25Die angeordnete Überprüfung ist auch angesichts der berührten Belange und betroffenen Rechte des Antragstellers verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Aufgabe der Dokumentation und Vorlage der Risikoanalyse steht nicht offenkundig außer Verhältnis zu den rechtlich geschützten Belangen des Antragstellers. Umfang und Intensität der verfügten Aufsichtsmaßnahme sind auch angesichts des erhobenen Einwandes, nur in einem Fall im Zusammenhang mit dem Kauf bzw. Verkauf eines Gewerbebetriebes anwaltlich tätig geworden zu sein und die hinter der erwerbenden Gesellschaft stehenden wirtschaftlich Berechtigten persönlich gekannt zu haben, wegen der abstrakt präventiven risikobasierten Zielrichtung des Geldwäschegesetzes nicht unangemessen. Denn die Aufgabe der Erfüllung der abstrakten gesetzlichen Pflicht der im Rahmen des Kanzleirisikomanagements vorzunehmenden Risikoanalyse gemäß § 5 GwG verletzt den Antragsteller nicht in seinen Grundrechten, insbesondere nicht in seinem durch Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes geschützten Recht auf freie Ausübung des Berufes als Rechtsanwalt. Sowohl die gesetzliche Pflicht als auch die angefochtene Verfügung dienen der Verhinderung der Einschleusung von inkriminierten Geldern in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf durch betriebsinterne Maßnahmen des jeweils Verpflichteten, und damit einem gewichtigen Gemeinwohlbelang.
26Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Mai 2019 – 6 A 10204/19.OVG – in: DVBl. 2020, S. 135, 139, Rn. 46 mit Verweis auf BT-Drucks. 17/6804, S. 32 f. (zu einer auf § 51 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 GwG gestützten Anordnung zur Bestellung eines Geldwäschebeauftragten für ein Finanzunternehmen nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 GwG).
27Dieser rechtfertigt die vorliegend in Rede stehende Berufsausübungsregelung. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 GwG richtet sich der Umfang der Risikoanalyse nach Art und Umfang der Geschäftstätigkeit der Verpflichteten. Ausgehend von dem vom Antragsteller bezeichneten Umfang seiner Tätigkeit in dem in § 2 GwG benannten Bereich (Erstellung eines Kaufvertragsentwurfs für den Erwerb von Gesellschaftsanteilen eines Gewerbebetriebes) belastet ihn die Dokumentation und die Vorlage einer Risikoanalyse nicht unzumutbar. Die Verhältnismäßigkeit seiner Pflicht zur Dokumentation und Vorlage einer Risikoanalyse ist dadurch gewahrt, dass der dem Antragsteller insoweit abverlangte Aufwand angesichts der nach seinen Angaben bisher nur einmaligen Tätigkeit im Bereich des § 2 GwG nicht sehr groß ist. Dies gilt umso mehr, als er sich dabei an einem von der Antragsgegnerin erstellten Musterbeispiel orientieren kann, in dem die erforderliche Berücksichtigung der nationalen Risikoanalyse beispielhaft erfolgt ist. Insoweit ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller sich zu einer entsprechenden Aufstellung mandantenspezifischer Risiken im Hinblick auf das bereits in den Fragebögen angegebene Mandat sowie die erforderlichen Ergänzungen, etwa hinsichtlich künftiger Risiken durch neue Mandate und die hierbei auch durch Mitarbeiter vorzunehmenden Risikobewertungen und Prüfungen, nicht in der Lage sehen könnte.
28Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. November 2020 – 4 B 1788/20 –, juris Rn. 13 f.
29Der Antragsteller hatte nach Lage der Dinge im für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Befreiung von der Pflicht zur Dokumentation der Risikoanalyse gemäß § 5 Abs. 4 GwG, der im Falle eines Bestehens die Verhältnismäßigkeit der angefochtenen Verfügung in Frage stellen könnte. Nach dieser Vorschrift kann die Aufsichtsbehörde einen Verpflichteten auf dessen Antrag von der Dokumentation der Risikoanalyse befreien, wenn der Verpflichtete darlegen kann, dass die in dem jeweiligen Bereich bestehenden konkreten Risiken klar erkennbar sind und sie verstanden werden. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Unbeschadet des Umstandes, dass ein Anspruch auf Erteilung einer Befreiung nur bestanden hätte, wenn das Ermessen der Antragsgegnerin zur Erteilung einer Befreiung „auf Null reduziert“ gewesen wäre, liegen bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs. 4 GwG nicht vor. Der Antragsteller hat im Verwaltungsverfahren bereits nicht dargelegt, dass ihm die konkreten Risiken klar erkennbar sind und sie verstanden werden. In seinem Antrag auf Befreiung vom 13. Februar 2023 hat er keine Gründe für diesen genannt. In seinem Schreiben an die Antragsgegnerin vom 17. Februar 2023 hat er vorgetragen, dass er sich nicht als nach dem Geldwäschegesetz Verpflichteter betrachte, weil er lediglich vorbereitende Handlungen durchgeführt habe und er die hinter der erwerbenden Gesellschaft stehenden wirtschaftlich Berechtigten gekannt habe. Deren Identifizierung nach § 11 Abs. 5 GwG habe er aus diesem Grund nicht für erforderlich gehalten. Er habe gewusst, dass es sich nicht um „politisch exponierte Personen“ (PEP) gehandelt habe und sie nicht als Familienmitglied oder nahestehende Person einer PEP aufgetreten seien. Sein Vortrag zielt damit darauf ab, die Verpflichtung zur Dokumentation und Vorlage einer Risikoanalyse in Frage zu stellen und nicht darauf, darzulegen, dass die bestehenden konkreten Risiken klar erkennbar sind und sie verstanden werden.
30Zieht man den Vortrag des Antragstellers dennoch als Begründung des Befreiungsantrags heran, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Der Antragsteller hat jedenfalls nicht dargelegt, dass die bestehenden konkreten Risiken klar erkennbar sind. Diese Bedingung liegt insbesondere vor, wenn der Verpflichtete keine komplexen Geschäftstätigkeiten betreibt, der Transaktionsumfang seines Geschäfts übersichtlich ist, die Kundenstruktur homogen ist und keine weiteren Umstände gegeben sind, die das Risiko der Geldwäsche bzw. Terrorismusfinanzierung erhöhen. Da sich der Umfang der Risikoanalyse nach § 5 Abs. 1 Satz 3 GwG an der Geschäftstätigkeit des Verpflichteten orientiert, ist dies analog auch bei der Dokumentation der Risikoanalyse zu berücksichtigen. Danach wachsen die Pflichten an die Dokumentation, sofern höhere und kritischere Risiken mit der Geschäftstätigkeit des Verpflichteten verbunden sind, während hingegen bei geringeren Risiken, die Befreiung von der Dokumentationspflicht eher in Aussicht gestellt werden kann.
31Kruse in: Zentes/Glaab, Geldwäschegesetz, 3. Aufl. 2022, § 5, Rn. 75.
32In seinem Schreiben an die Antragsgegnerin vom 28. Oktober 2022 hat der Antragsteller erklärt, dass er an der Erstellung eines sehr umfangreichen Unternehmenskaufvertrages mitgewirkt hat. Demgemäß spricht die Wertung des § 15 Abs. 3 Nr. 3 lit. a) GwG, wonach eine Transaktion ein höheres Risiko aufweist, wenn sie im Vergleich zu ähnlichen Fällen besonders komplex oder ungewöhnlich groß ist, für ein gehobenes Risiko. Allein mit dem Hinweis darauf, er habe die wirtschaftlich Berechtigten hinter der erwerbenden Gesellschaft gekannt, ist nicht dargelegt, dass er sämtliche konkreten Risiken dieses offenbar komplexen Geschäftes hat überblicken können. Die konkreten Risiken hat er nicht näher dargelegt. Danach ist es mit Blick auf das Ziel einer Risikoanalyse, die spezifischen Risiken in Bezug auf Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung im Geschäftsbetrieb des Verpflichteten umfassend und vollständig zu erfassen, zu identifizieren, zu kategorisieren, zu gewichten sowie darauf aufbauend geeignete Geldwäsche-Präventionsmaßnahmen, insbesondere interne Sicherungsmaßnahmen zu treffen,
33BT-Drs. 18/11555, S. 110,
34nicht gerechtfertigt, ausnahmsweise keine Dokumentation der Risikoanalyse zu verlangen.
35Schließlich ist die für die Dokumentation und Vorlage der Risikoanalyse gesetzte Frist von etwa einem Monat nicht unangemessen kurz. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des Umstandes, dass der Antragsteller sich an einem von der Antragsgegnerin erstellten Musterbeispiel orientieren kann und der Umfang seiner bisherigen in die Risikoanalyse einzubeziehenden Tätigkeit im Bereich des § 2 GwG nach seinen eigenen Angaben gering ausfällt.
36III.
37Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
38Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes. Sie orientiert sich an dem im Hauptsacheverfahren für Maßnahmen nach § 51 GwG maßgeblichen Auffangstreitwert von 5.000 Euro,
39vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. November 2020 – 4 B 1788/20 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 12. November 2020 – 18 L 1512/20 –, und vom 11. Januar 2021 – 18 L 1703/20 –, juris; VG Augsburg, Urteil vom 24. September 2020 – Au 2 K 19.254 –, juris.
40der wegen der Vorläufigkeit von Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gemäß Ziffer 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der aktuell geltenden Fassung aus dem Jahr 2013 zu halbieren ist.