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1. Wirksamkeit einer Baugenehmigung trotz Auswechslung von Bauvorlagen im Rahmen des Bauantragsverfahrens durch den Bauvorlageersteller ohne Kenntnis des Bauherrn (§§ 43, 42 VwVfG NRW).2.
2. Zur Abgrenzung einer Hobbypferdezucht zu einem gewerblichen Pferdezuchtbetrieb (landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb i.S.v. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) u.a. anhand des Tierbestandes und seiner Zusammensetzung sowie weiterer Indizien.
3. Anforderungen an die tatsächlichen Grundlagen der wirtschaftlichen Prognoseentscheidung im Falle eines Pferdezuchtbetriebes.
4. Allein dass ein neu errichtetes Gebäude die Bodenplatte des im Übrigen vollständig abgerissenen Bestandsgebäudes weiter nutzt, ist für die Wahrung des Bestandsschutzes nicht hinreichend.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger wendet sich gegen eine Bauordnungsverfügung des Beklagten, mit der ihm die Beseitigung eines auf seinem Grundstück errichteten Nebengebäudes – einer Remise – aufgegeben worden ist.
3Er ist Eigentümer des Grundstückes Gemarkung E. , G. 16, G1. 62 (L.---------straße 7, I. ), das sich im Außenbereich der Gemeinde I. befindet. Der Flächennutzungsplan der Gemeinde stellt den Bereich als Fläche für die Landwirtschaft dar. Das Grundstück ist mit mehreren, ursprünglich zu einem landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb gehörenden Gebäuden bebaut. Den südlich gelegenen zwei Wohngebäuden lagen nördlich ursprünglich zwei aneinandergebaute Nebengebäude gegenüber. Das westliche dieser Nebengebäude wird als Stallung mit sechs Pferdeboxen und Scheune genutzt. Das ursprünglich östlich gelegene, unmittelbar an die L.--------- angrenzende Nebengebäude wurde als Abstellfläche genutzt und ist zwischenzeitlich durch die hier streitgegenständliche Remise ersetzt worden.
4Mit Bauantrag vom 00.00.0000 beantragte der Kläger die Änderung der Dachkonstruktion und Neuverkleidung der Außenwand des ursprünglich bestehenden östlichen Nebengebäudes. Weil dieses Bestandsgebäude aufgrund der sehr geringen Traufhöhe nicht als Garage genutzt werden könne, solle der Traufbereich auf ca. 3,00 m angehoben werden. Es sei außerdem geplant, die Außenwände mit Fachwerkmauerwerk zu verkleiden. Eine sonstige Erweiterung sei nicht geplant. Zur Verdeutlichung der örtlichen Gegebenheiten waren dem Bauantrag zwei Lichtbilder der Bestandssituation sowie vom Kläger unter dem 00.00.0000 unterschriebene Bauvorlagen beigefügt. Auf letzteren wies das Gebäude Außenmaße von 9,67 m (Südseite) und 8,59 m (Ostseite) auf. Die Bauvorlagen sahen vor, die Außenwände weitgehend neu zu errichten. Die südliche, zum Hof hin weisende Außenwand sollte statt mit der bisherigen Traufhöhe von etwa 2,10 m mit einer Traufhöhe von etwa 3,14 m neu errichtet werden. In Folge dieser Änderung sollte der nach Süden weisende Teil des ursprünglich symmetrischen, mit einer Dachneigung von 30° ausgeführten Satteldaches abgerissen, und mit einer Dachneigung von 16° neu errichtet werden. In der Ansichtszeichnung ergab sich aus diesen Maßen für die östliche Giebelseite eine Breite von acht und eine Höhe von dreieinhalb Gefachen.
5Mit Anhörungsschreiben vom 00.00.0000 teilte der Beklagte dem Kläger mit, sie halte sein Vorhaben für nicht genehmigungsfähig. Aufgrund der Änderung der Dachkonstruktion und des damit einhergehenden Eingriffs in die Statik handele es sich nicht um eine Änderung des vorhandenen Gebäudes, sondern um einen Neubau. Eine Genehmigung für einen Neubau im Außenbereich könne jedoch nicht erteilt werden, weil dies bauplanungsrechtlich unzulässig sei. In zwei Gesprächen des klägerischen Architekten G2. am 00. und 00.00.000 mit der zuständigen Sachbearbeiterin und dem Kreisbaudirektor der Beklagten wies der Beklagte überdies darauf hin, dass die Außenmaße des Bestandsgebäudes in den neusten vorhandenen Unterlagen aus dem Jahre 0000 etwa 9,00 m (Südseite) x 7,50 m (Ostseite) betrugen. Der Beklagte schlug als Kompromiss vor, das Dach im Bereich des vorhandenen Tores anzuheben, um eine Durchfahrbarkeit für Pkw zu erreichen.
6Mit Schreiben vom 00.00.0000 übersandte Architekt G2. vom Kläger nicht unterschriebene Planunterlagen vom 8. November 2013. Diese Bauvorlagen sahen für die Remise Außenmaße von 9,05 m (Südseite) und 7,50 m (Ostseite) vor. Die Außenwände sollten weitgehend erhalten und lediglich mit einer neuen Verkleidung versehen werden. Die südliche, zum Hof hin weisende Außenwand sollte weiterhin statt mit der bisherigen Traufhöhe von etwa 2,10 m mit einer Traufhöhe von etwa 3,16 m neu gebaut und der nach Süden weisende Teil des Satteldaches abgerissen, und mit einer Dachneigung von 16° neu errichtet werden. In der Ansichtszeichnung ergab sich aus diesen Maßen für die östliche Giebelseite eine Breite von sieben und eine Höhe von dreieinhalb Gefachen.
7Im Rahmen der Behördenbeteiligung nahm die L. O. (000) mit Schreiben vom 00.00.0000 zum Vorhaben des Klägers Stellung. Der Kläger habe zuletzt im Jahr 0000 eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 1,24 ha bewirtschaftet, eine aktuelle Bewirtschaftung von Flächen sei nicht bekannt. Er betreibe daher keine Landwirtschaft gem. § 201 BauGB, so dass eine Genehmigung des Vorhabens auf Grundlage von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nicht in Betracht komme. Auch eine Genehmigung auf Grundlage von § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB erscheine fraglich. Deshalb sei das Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilen.
8Mit Bescheid vom 00.00.0000 genehmigte der Beklagte daraufhin die beantragten baulichen Maßnahmen als „Umbau eines ehem. landwirtschaftlichen Nebengebäudes in eine Garage“. Dabei machte er insbesondere die Bauvorlagen vom 00.00.0000 durch Grünstempel zum Gegenstand der Baugenehmigung und versah die Genehmigung u.a. mit folgenden Hinweisen:
9„5. Abweichungen von den genehmigten Plänen sind nur nach meiner vorherigen Genehmigung zulässig. Eigenmächtige Änderungen während der Bauausführung können die sofortige Baueinstellung und die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens zur Folge haben und werden dann regelmäßig mit einer Geldbuße geahndet. Eventuell muss auch mit dem Erlass einer Beseitigungsanordnung gerechnet werden.
10[…]
118. Der Genehmigungsumfang bezieht sich nur auf die beantragten und in den Bauvorlagen beschriebenen Änderungen des Gebäudes / des Vorhabens. Etwaige, als Bestand dargestellte und nicht mit beantrage und als solche gekennzeichnete Änderungen gegenüber den bisher erteilten Genehmigungen, sind nicht Bestandteil der Genehmigung und bleiben hiervon unberührt.“
12Eine Ortsbesichtigung am 00.00.0000 ergab ausweislich der dabei gefertigten Lichtbilder (Bl. 50 bis 54 R des Verwaltungsvorgangs), dass Außenwände und Dachkonstruktion des Bestandsgebäudes vollständig beseitigt und durch den Neubau einer (Fachwerk-)Remise ersetzt worden waren. Die östliche Giebelseite wies überdies eine Breite von zehn statt der genehmigten sieben Gefache, sowie eine Höhe von fünfeinhalb statt der genehmigten dreieinhalb Gefache auf. Außerdem war das Dach symmetrisch angehoben worden, d.h. beide Seiten des Satteldaches wiesen die gleiche Dachneigung auf. Noch vor Ort erklärte eine Mitarbeiterin des Beklagten gegenüber der Ehefrau des Klägers die Stilllegung der Baustelle und kündigte eine schriftliche Stilllegungsverfügung an. Mit Ordnungsverfügung vom 00.00.0000 gab der Beklagte dem Kläger unter gleichzeitiger Anordnung sofortiger Vollziehung auf, die ohne bauaufsichtliche Genehmigung in Angriff genommenen Bauarbeiten auf seinem Grundstück einzustellen bzw. einstellen zu lassen und drohte ihm für den Fall der Zuwiderhandlung die amtliche Versiegelung der Baustelle an. Zur Begründung führte sie aus, dass die am 00.00.0000 erteilte Baugenehmigung den Abbruch des Gebäudes und den Neubau eines gegenüber dem bisherigen Gebäude deutlich vergrößerten Nebengebäudes nicht abdecke. Diese Ordnungsverfügung ist bestandskräftig geworden.
13Mit Anhörungsschreiben vom 00.00.0000 teilte der Beklagte dem Kläger mit, er beabsichtige, ihm die Beseitigung der Remise aufzugeben. Die Neuerrichtung einer Remise sei durch die Baugenehmigung vom 00.00.0000 nicht gedeckt und eine Genehmigung für die Remise sei bisher nicht beantragt worden. Sie sei im Außenbereich auch nicht genehmigungsfähig, weil sie kein nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiertes Vorhaben, sondern als sonstiges Außenbereichsvorhaben an § 35 Abs. 2 BauGB zu messen sei. Nach diesem Maßstab erweise sie sich als unzulässig, weil sie öffentliche Belange nach § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtige.
14In der Folge wurde die Anhörungsfrist mehrfach verlängert, weil der Kläger den Versuch unternahm, landwirtschaftliche Nutzflächen anzupachten und einen landwirtschaftlichen Betrieb zu errichten. Im Rahmen seiner Bemühungen teilte der Kläger der Beklagten unter dem 00.00.0000 mit, seine Ehefrau betreibe eine Pferdezucht mit aktuell 9 Tieren auf ca. 2 ha Eigenland und Bewirtschaftungsverträgen für einige weitere ha im Eigentum der C. J. . In der Folge legte er drei Pachtverträge über die Dauer von acht bis zehn Jahren und Flächen von insgesamt 9,56 ha sowie den Nachweis der Gründung des A. -, S. - und G3. „E1. F. e.V. I. “ vor. Trotz der vorgelegten Unterlagen sah der Beklagte die Remise nach wie vor als nicht genehmigungsfähig an, legte dies dem Kläger im Schreiben vom 00.00.0000 im Einzelnen dar und hörte ihn zugleich erneut zur beabsichtigten Beseitigung der Remise an.
15Am 00.00.0000 wandte sich der Kläger mit dem Anliegen des Erhalts der Remise an den Petitionsausschuss des Landtags Nordrhein-Westfalen. Nach Durchführung eines Ortstermins am 00.00.0000 kam der Petitionsausschuss in seiner Sitzung vom 00.00.0000 zu dem Ergebnis, dass die dem Kläger erteilte Baugenehmigung lediglich den Umbau des alten Nebengebäudes unter Beibehaltung der Bestandsmauern, nicht aber den Neubau der Remise rechtfertige. Es sei jedoch durchaus denkbar, dass die Halle im Kontext eines landwirtschaftlichen Betriebes stehen könne. Der Kläger müsse ein diesbezügliches Konzept erarbeiten und auf dieser Basis einen Bauantrag stellen. Der Beklagte werde ihm die Zeit hierfür einräumen und die Remise vorerst weiter dulden.
16Noch während des Petitionsverfahrens ließ sich der Kläger zum beabsichtigten Erlass einer Beseitigungsverfügung mit Schriftsatz vom 00.00.0000 wie folgt ein: Das ursprüngliche Nebengebäude sei weder vollständig entfernt noch so wesentlich verändert worden, dass der Bestandsschutz weggefallen sei. Vielmehr sei die Remise auf der alten vorhandenen Bodenplatte errichtet worden. Auch die Baugenehmigung vom 00.00.0000 sei nach wie vor gültig und ausnutzbar. Die entstandenen Irritationen seien vor allen Dingen auf den früheren Architekten des Klägers zurückzuführen, der – ohne dass dies der Kläger inhaltlich zur Kenntnis genommen habe - veränderte Bauvorlagen eingereicht habe. Überdies sei sein Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr.1 BauGB privilegiert, weil es unzweifelhaft landwirtschaftlichen Zwecken diene.
17Am 00.00.0000 stellte der Kläger bei dem Beklagten eine Bauvoranfrage zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der Neugründung eines landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetriebes / Neubau landwirtschaftlicher Gebäude (Pferdestall, Reithalle, Reitplatz, Remise) auf seinem Grundstück in I. . Auf Grundlage der Antragsunterlagen, der sonstigen überreichten Nachweise sowie der Stellungnahmen der L – auf deren Inhalt Bezug genommen wird – hörte der Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 00.00.0000 zur beabsichtigen Ablehnung seiner Bauvoranfrage an. Er erläuterte ihm ausführlich, warum das vom Kläger dargelegte Konzept aus Pensionspferdehaltung und Pferdezucht nicht die Anforderungen erfülle, die an einen landwirtschaftlichen Betrieb zu stellen seien. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Anhörungsschreiben vom 00.00.0000 Bezug genommen. Daraufhin nahm der Kläger seine Bauvoranfrage unter dem 00.00.0000 zurück.
18Mit Schreiben vom 00.00.0000 hörte der Beklagte den Kläger erneut zur beabsichtigten Beseitigung der Remise an. Hierzu nahm der Kläger mit Schriftsatz vom 00.00.0000 wie folgt Stellung: Die Voraussetzungen für den Erlass einer Beseitigungsverfügung seien nicht gegeben. Die ursprünglich mit dem Bauantrag eingereichten Bauvorlagen vom 00.00.0000 seien genehmigungsfähig gewesen. Es sei dem Kläger nicht erinnerlich, die der Baugenehmigung zugrunde gelegten Bauvorlagen vom 00.00.0000 einmal gesehen zu haben. Deshalb habe er das Bestandsgebäude bis auf die Bodenplatte abreisen und auf dieser die Remise errichten lassen; dies abweichend von den genehmigten Bauvorlagen, aber innerhalb der Außengrenzen des alten Bestandes und in Einklang mit den Bauvorlagen vom 00.00.0000. Zwar habe der Kläger auch höher gebaut als genehmigt. Dies deshalb, weil er auf Basis der Bauvorlagen vom 00.00.0000 und aufgrund des bestandsgeschützten Gebäudes eine Genehmigung hätte erhalten müssen. Daraus folge, dass nach wie vor Bestandsschutz bestehe.
19Mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid vom 00.00.0000 forderte der Beklagte den Kläger auf, innerhalb von sechs Monaten nach Unanfechtbarkeit der Ordnungsverfügung das auf seinem Grundstück ohne Genehmigung errichtete Nebengebäude einschließlich etwaiger Fundamente vollständig zu entfernen und drohte ihm für den Fall der Nichtbefolgung ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500 € an. Zur Begründung führte er an: Bei einer Ortsbesichtigung am 00.00.0000 sei festgestellt worden, dass bei der bereits im Rohbau befindlichen Remise weder hinsichtlich der zu erhaltenden Bausubstanz noch hinsichtlich der äußeren Gestalt die Maßgaben der dem Kläger erteilten Baugenehmigung vom 00.00.0000 eingehalten worden seien. Deshalb handele es sich bei der Remise um einen Neubau (Ersatzbau), der nach kompletter Beseitigung der ursprünglich zu erhaltenden Bausubstanz entstanden sei und von der erteilten Genehmigung nicht gedeckt werde. Die Remise könne auch nicht nachträglich genehmigt werden. Denn sie erweise sich am Maßstab des wegen ihrer Lage im Außenbereich maßgeblichen § 35 BauGB als bauplanungsrechtlich unzulässig. Das im Rahmen der Bauvoranfrage des Klägers vom 00.00.0000 vorgestellte Konzept aus Pensionspferdehaltung und Pferdezucht erfülle nicht die Voraussetzungen eines landwirtschaftlichen Betriebes. Aufgrund eines Missverhältnisses von eingesetztem Kapital und prognostiziertem Gewinn sei es – auch unabhängig von Vorbehalten gegen die Tatsachengrundlage der vom Kläger vorgelegten Wirtschaftlichkeitsberechnung – mehr als zweifelhaft, ob ein vernünftiger Landwirt ein solches Betriebskonzept umsetzen würde. Das Vorliegen eines landwirtschaftlichen (Nebenerwerbs-)Betriebs habe der Kläger deshalb weder durch seine Bauvoranfrage noch sonst nachgewiesen. Da auch kein anderer der Privilegierungstatbestände des § 35 Abs. 1 BauGB einschlägig sei, handele es sich bei der Remise um ein „sonstiges Außenbereichsvorhaben“ i.S.v. § 35 Abs. 2 BauGB, dass sich als unzulässig erweise, weil es öffentliche Belange nach § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtige. In Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens habe der Beklagte sich entschieden, dem Kläger als Zustands- und Verhaltensstörer i.S.v. §§ 18, 17 OBG O. zur Herbeiführung rechtmäßiger Zustände die Entfernung des Nebengebäudes aufzugeben. Dies sei auch verhältnismäßig, weil anders die Beseitigung des baurechtswidrigen Zustandes nicht erreicht werden könne. Demgegenüber müsse das private Interesse des Klägers am Erhalt der Remise zurücktreten. Andernfalls wäre auch derjenige, der sich gesetzeswidrig verhalte gegenüber gesetztestreuen Bürgern im Vorteil. Überdies käme es zu einer negativen Vorbildwirkung, wollte man die Remise bestehen lassen.
20Der Kläger hat am 8. November 2017 Klage erhoben.
21Zur Begründung nimmt er auf seinen Schriftsatz an den Beklagten vom 00.00.0000 Bezug. Ergänzend führt er aus: Es sei die Baugenehmigungsbehörde selbst gewesen, die den Architekten G2. veranlasst habe, gegenüber den ursprünglichen Antragsunterlagen vom 00.00.0000 veränderte Bauvorlagen einzureichen, die hinter den bestandsgeschützten Maße zurückgeblieben seien. Deshalb sei das Bauvorhaben aus dem Ruder gelaufen, so dass er schon deshalb einen Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung für sein Vorhaben in der Fassung der Bauvorlagen vom 00.00.0000 habe.Überdies lägen die Voraussetzungen des § 61 BauO O. nicht vor. Die Remise sei schon nicht formell illegal. Weil er mit seinem ursprünglichen Bauantrag „Bauen im Bestand“ – nämlich in den Ursprungsmaßen des ehemaligen Nebengebäudes von 8,59m x 9,67 m – beantragt habe, liege in der hinter diesen Maßen zurückbleibenden Genehmigung ein offensichtlicher Fehler i.S.v. § 42 VwVfG, der sich durch falsche Angaben seitens des Beklagten ergeben habe und ihm nicht zuzurechnen sei. Deshalb sei die bestandskräftige Baugenehmigung vom 6. März 2014 nach § 42 VwVfG dahingehend zu korrigieren, dass das Vorhaben nicht mit den Außenmaßen von 9,05 m x 7,50 m, sondern 9,67 m x 8,59 m genehmigt und folglich formell legal sei. Das Gebäude genieße damit auch Bestandsschutz.Im Übrigen sei die Umgestaltung des Gebäudes jedenfalls genehmigungsfähig und damit nicht materiell illegal. Das Vorhaben sei nach § 35 Abs. 1 BauGB zu beurteilen und zulässig. Die Errichtung der Remise als Unterstellplatz für Maschinen, Pkw und als Heulager diene einem landwirtschaftlichen Betrieb, nämlich seiner Pferdezucht. Pferdezucht auf eigener Futtergrundlage einschließlich der reiterlichen Erstausbildung der drei- und vierjährigen Jungpferde sei nach der Rechtsprechung des BVerwG als Landwirtschaft i.S.v. § 201 BauGB anzusehen. Seine Pferdezucht sei auch auf Dauer lebensfähig und werde mit nachhaltiger Gewinnerzielungsabsicht geführt. Dabei sei es unschädlich, wenn (bisher) ein Gewinn nicht erzielt worden und auch in absehbarer Zeit (noch) nicht zu erzielen sei. Sein Ziel sei es, sich im Elitezuchtsegment zu etablieren und so die Kosten zu amortisieren und mittelfristig einen über die jetzige Prognose hinausgehenden erheblichen Gewinn zu erzielen. Der Beklagte verkenne, dass ihm dazu eine längere Anlaufphase einzuräumen sei, in der selbst Verluste keinen Zweifel an der Betriebseigenschaft begründen. Entscheidend sei die prognostische Entwicklung der Pferdezucht. Insoweit sei ein Fohlen des Jahrgangs 2013 („C1. “) für € 32.000 verkauft worden, wie sich aus dem in Kopie übersandten Pferdekaufvertrag vom 27. Januar 2017 ergebe. Bei einem Stutfohlen des Jahrgangs 2014 („C2. T1. “) sei von einem Marktwert von € 100.000 auszugehen. Das Fohlen habe die Auszeichnung „Staatsprämie“ erhalten und hätte – wie der Vergleich mit dem nicht prämierten Fohlen einer befreundeten Züchterin zeige, dass für € 96.000 verkauft worden sei – einen Verkaufserlös von € 100.000 erzielen können. Dieses Fohlen solle jedoch zur qualitativen Aufwertung der Zucht derzeit nicht verkauft werden. Ein weiteres Fohlen aus dem Jahrgang 2016 („C3. “) solle ab 2019 von seiner Ehefrau ausgebildet und im Anschluss als Reitpferd verkauft werden. Ein Stutfohlen des Jahrgangs 2017 („M. T. “) habe sich für das Deutsche Fohlenchampionat in L. qualifiziert und solle nach erfolgreicher Stutenleistungsprüfung im Jahr 2020 als Zucht- und Reitpferd über die Auktion vermarktet werden. Schließlich sei ein Stutfohlen des Jahrgangs 2018 am Tag nach seiner Geburt für € 3.500 verkauft worden. Daneben verfüge seine Pferdezucht mit Eigenflächen von 1,24 ha und Pachtflächen von 3,35 ha bei einer Laufzeit von 18 Jahren angesichts des Bestandes von zwölf Pferden auch über ausreichende Flächen und habe alle Landmaschinen angeschafft, die ein Pferdezuchtbetrieb erfordere. Da seine heute 13jährige Tochter begeisterte Pferdesportlerin sei und den Betrieb übernehmen solle, sei auch eine Betriebsnachfolge und damit die Dauerhaftigkeit der Pferdezucht gesichert. Selbst wenn man dieser Einschätzung nicht folgen und die Remise nach Maßgabe des § 35 Abs. 2 BauGB beurteilen wollte, sei sie genehmigungsfähig. Insbesondere Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege würden durch das Bauvorhaben nicht beeinträchtigt. Es erweise sich auch nicht als rücksichtslos.Demgegenüber sei die Beseitigungsverfügung des Beklagten unverhältnismäßig, weil diese für die Wahrung der Belange des Außenbereichs nicht erforderlich und auch im engeren Sinne nicht angemessen sei. Wegen der nur geringen Überschreitung der genehmigten Maße werde der Außenbereich in keiner Weise beeinträchtigt, die einen Abriss des Gebäudes und die damit einhergehenden Verluste für ihn rechtfertigen könnte. Als milderes Mittel sei insbesondere die zeitlich begrenzte Duldung geeignet, über einen Zeitraum von fünf Jahren die Entwicklung des klägerischen Betriebes abzuwarten und dann erneut über die Frage der Beseitigung der Remise zu entscheiden.
22Der Kläger hat im weiteren Verlauf diverse Nachweise über den Kauf- und Verkauf von Pferden und Landmaschinen sowie eine Bescheinigung der Pferdeambulanz Reyering übersandt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
23Im Rahmen der mündlichen Verhandlung konkretisierte der Kläger seinen Vortrag hinsichtlich der von ihm gehaltenen Pferde auf Nachfrage des Gerichts wie folgt: Er halte insgesamt acht Tiere. Zur Zucht seien aber nur drei Pferde, die Stuten „V.“, „C2. T. “ und – je nach ihrer weiteren Entwicklung – „M. T. “ vorgesehen. Mit zwei weiteren Tieren – einem Haflinger und einem Pony – erteile seine Ehefrau lediglich Reitstunden, Zucht werde mit diesen Tieren nicht betrieben. Schließlich seien noch ein Pensionspferd und – vorübergehend – zwei aus seiner Pferdezucht hervorgegangene und bereits verkaufte Fohlen bei ihm eingestallt.
24Der Kläger beantragt,
25den Bescheid des Beklagten (Ordnungsverfügung) vom 23. Oktober 2017, Az. 63-890-2874.2014, aufzuheben.
26Der Beklagte beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Zur Begründung nimmt er auf die Ausführungen in der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung Bezug. Ergänzend führt er aus: Für die formelle Illegalität der Remise sei allein relevant, dass der Gegenstand der Baugenehmigung vom 00.00.0000 eine Änderung der Dachkonstruktion und die Verkleidung der Außenwände des ursprünglich vorhandenen Nebengebäudes gewesen sei. Durch die Beseitigung des Ursprungsgebäudes sei diese Baugenehmigung erloschen und der Bestandsschutz des Ursprungsgebäudes entfallen.Wenn der Kläger nach Rücknahme einer Bauvoranfrage betreffend der planungsrechtlichen Zulässigkeit einer Pensionspferdehaltung mit Pferdezucht nun angebe, eine Pferdezucht zu betreiben, liege darin nur ein weiterer Versuch, die Beseitigung der Remise hinauszuzögern. Weder sei ein Verkaufserlös nachgewiesen, noch ersichtlich, welche Kosten diesem Erlös gegenüberstünden. Überdies habe bei der Kombination von Pensionspferdehaltung und Pferdezucht nach der Wirtschaftlichkeitsberechnung der L. im Rahmen der Bauvoranfrage allein die Pensionspferdehaltung den (geringen) Gewinn erwirtschaftet. Es seien im Übrigen zu keiner Zeit zehn Tiere eingestallt, sondern die Zucht bislang mit insgesamt vier Tieren geplant gewesen. Dieser Tierbestand ist jedoch nicht ausreichend für die Annahme eines landwirtschaftlichen Betriebes, selbst wenn beachtliche Erlöse erzielt werden. Auch die L. weise in ihrer von dem Beklagten eingeholten Stellungnahme vom 00.00.0000 darauf hin, dass es angesichts der sehr stark schwankenden Verkaufserlöse auf Auktionen und den mit der Pferdezucht verbundenen Risiken fraglich sei, ob die relativ geringe Anzahl an Zuchtstuten geeignet sei, die Annahme eines auf Dauer angelegten landwirtschaftlichen Betriebes zu rechtfertigen.
29Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
30E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
31Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
32I. Die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 00.00.0000 betreffend die Beseitigung der Remise ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
33Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 61 Abs. 1 BauO O. . Nach Satz 1 dieser Vorschrift haben die Bauaufsichtsbehörden bei der Errichtung baulicher Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden. Nach Satz 2 dieser Vorschrift haben die Bauaufsichtsbehörden in Wahrnehmung dieser Aufgaben nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Der Erlass einer Beseitigungsverfügung setzt dabei regelmäßig voraus, dass die bauliche Anlage formell und materiell baurechtswidrig ist und nicht aus sonstigen Gründen Bestandsschutz genießt.
34Vgl. OVG O. , Urteile vom 28. August 2014 – 7 A 2665/12 –, juris Rn 21 und vom 2. Dezember 2014 – 2 A 1675/13 –, juris Rn 34, jeweils m.w.N.
35Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.
361. Die vom Kläger bereits ins Werk gesetzte Errichtung der streitgegenständlichen Remise war im Zeitpunkt des Erlasses der Beseitigungsverfügung formell illegal. Eine legalisierende Baugenehmigung liegt nicht vor.
37Der Kläger kann sich insoweit nicht auf die ihm erteilte Baugenehmigung vom 00.00.0000 berufen. Er hat von dieser Genehmigung nämlich keinen Gebrauch gemacht, sondern die streitgegenständliche Remise unter wesentlicher Abweichung von dieser Baugenehmigung realisiert (sogenanntes aliud). Eine solche wesentliche Abweichung ist anzunehmen, wenn sich für das abweichend von der Baugenehmigung verwirklichte Vorhaben die Frage der Genehmigungsfähigkeit wegen geänderter tatsächlicher oder rechtlicher Voraussetzungen neu stellt.
38Vgl. nur OVG O. , Urteil vom 18. Februar 2016 - 10 A 985/14 - juris Rn 39.
39Im vorliegenden Fall liegt eine wesentliche Abweichung vor, weil die tatsächlichen Außenmaße der Remise – nach Angaben des Klägers entsprechend der Bauvorlagen vom 00.00.0000 9,67 m x 8,59 m – deutlich über die genehmigten und aus den grüngestempelten Bauvorlagen vom 00.00.0000 ersichtlichen Außenmaße von 9,05 m x 7,50 m hinausgehen. Darüber hinaus weist das Gebäude ausweislich der von dem Beklagten unter dem 00.00.0000 gefertigten Lichtbilder auch eine andere – symmetrische – Dachform als genehmigt auf und geht auch hinsichtlich der First- und Traufhöhe deutlich über die mit der Baugenehmigung vom 00.00.0000 zugelassenen Maße hinaus. Schließlich ist den Lichtbildern wie auch dem Vortrag des Klägers zu entnehmen, dass das Bestandsgebäude bis auf die Bodenplatte abgerissen wurde, um die Remise zu errichten. Die Baugenehmigung vom 00.00.0000 sah hingegen vor, dass die nördliche Seite des Satteldaches vollständig, die Außenwände fast vollständig erhalten und lediglich mit einer neuen (Fachwerk-)Verschalung versehen werden sollten. Bei der errichteten Remise handelt sich mithin um ein völlig anderes Gebäude als das, dass der Beklagte genehmigt hat. Dies wirft – erst Recht mit Blick auf die Lage der Remise im vom Gesetzgeber besonders geschützten Außenbereich – die Genehmigungsfrage neu auf.
40An dieser Bewertung ändert sich auch dann nichts, wenn ein Fehler der Beklagten (mit-)ursächlich dafür geworden sein sollte, dass der Architekt des Klägers auf einen Hinweis der Beklagten hin und ohne den Kläger zu informieren nachträglich die ursprünglichen Bauvorlagen vom 00.00.0000 durch die Bauvorlagen vom 00.00.0000 ersetzt hat. Denn gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 VwVfG wird ein Verwaltungsakt mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird. Die Baugenehmigung vom 6. März 2014 nimmt in ihrem Verfügungssatz hinsichtlich der Außenmaße ausdrücklich Bezug auf die grüngestempelten Bauvorlagen vom 00.00.0000, die der Architekt des Klägers kannte und der Kläger – selbst wenn er sie nicht unterschrieben hatte – als Bauherr kennen musste. Wollte der Kläger über die damit genehmigten Dimensionen hinaus bauen, konnte er sich ersichtlich nicht auf diese Baugenehmigung berufen und hätte – um das streitgegenständliche Gebäude errichten zu dürfen – einer anderen Baugenehmigung bedurft.
41Nichts anderes folgt aus dem Umstand, dass der Kläger mit seinem ursprünglichen Bauantrag „Bauen im Bestand“ beantragt hat. Wenn er daraus den Schluss zieht, die Baugenehmigung vom 00.00.0000 habe entsprechend der zuerst eingereichten Bauvorlagen vom 00.00.0000 tatsächlich die Errichtung der Remise mit den Maßen des Bestandsbaus von 9,67 m x 8,59 m genehmigt und die Baugenehmigung sei hinsichtlich der dahinter zurückbleibenden Maße offensichtlich fehlerhaft und insoweit nach § 42 VwVfG zu korrigieren, ist dem nicht zu folgen. Dabei kann offenbleiben, ob – was im Hinblick auf die dem Liegenschaftskataster zu entnehmenden Maße zweifelhaft erscheint – das Bestandsgebäude ursprünglich über die vom Kläger behaupteten Außenmaße verfügte. Denn jedenfalls liegt auch nach dem Vortrag des Klägers keine von § 42 T. .1 VwVfG tatbestandlich vorausgesetzte ähnliche offenbare Unrichtigkeit vor. Aus dem Vergleich mit den ausdrücklich im Normtext aufgeführten Schreib- und Rechenfehlern wird deutlich, dass darunter nur Fehler bei der Willensäußerung, d.h. eine Abweichung von Gewolltem und Erklärten, nicht aber Fehler bei der Willensbildung, d.h. hinsichtlich von Tatsachenfeststellung, Tatsachenwürdigung und Rechtsanwendung fallen.
42Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG-Kommentar, 10. Auflage 2008, § 42 Rn 5 m.w.N.
43Auf Grundlage des Anhörungsschreibens vom 20. August 2013 sowie der Vermerke über Gespräche des Beklagten mit dem Architekten des Klägers ist das Gericht davon überzeugt, dass der Beklagte die Baugenehmigung gerade auf Grundlage der grüngestempelten Unterlagen vom 00.00.0000 erteilen wollte, weil er das Bauvorhaben des Klägers auf Grundlage der Bauvorlagen vom 00.00.0000 für nicht genehmigungsfähig hielt. Insoweit kann allenfalls ein Willensbildungsfehler – nämlich der vom Kläger behauptete Irrtum über die baulichen Maße des Bestandsbaus –, nicht aber der von § 42 VwVfG vorausgesetzte Fehler bei der Willensäußerung vorgelegen haben. Im Übrigen trüge die Argumentation des Klägers nur dann, wenn die tatsächlich errichtete Remise nicht nur hinsichtlich der Außenmaße, sondern auch im Übrigen mit den Bauvorlagen vom 00.00.0000 überstimmte. Der Kläger hat die Remise jedoch auch unter erheblichen Abweichungen von diesen Bauvorlagen errichtet. Denn auch die Bauvorlagen vom 00.00.0000 sahen ein asymmetrisches Satteldach, die Erhaltung des südlichen Teils des Satteldaches sowie eine deutlich geringere First- und Traufhöhe vor, als die tatsächlich errichtete Remise aufweist.
44Mangels entsprechender Rechtsgrundlage führt das vom Kläger behauptete Fehlverhalten des Beklagten darüber hinaus auch weder zur Fiktion einer zur formellen Legalität des streitgegenständlichen Bauvorhabens führende Baugenehmigung, noch begründet es – abweichend von dem insoweit allein maßgeblichen § 75 BauO O. – einen Anspruch auf den Erlass einer solchen.
452. Die streitgegenständlich Remise widerspricht auch dem materiellen Baurecht. Sie erweist sich nach dem aufgrund ihrer Lage im Außenbereich einschlägigen Maßstab des § 35 BauGB als planungsrechtlich unzulässig, weil sie nicht zu den privilegierten Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB gehört [dazu a)] und öffentliche Belange nach § 35 Abs. 2 und 3 BauGB beeinträchtigt [dazu b)].
46a) In Betracht kommt vorliegend allein eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Nach dieser Vorschrift ist ein Vorhaben im Außenbereich – wie hier – unter anderem nur dann zulässig, wenn es einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt.
47Ein landwirtschaftlicher Betrieb setzt dabei eine spezifische betriebliche Organisation und eine Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung voraus. Es muss sich um ein auf Dauer gedachtes und auch lebensfähiges Unternehmen zur planmäßigen und eigenverantwortlichen Bodennutzung handeln.
48Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Januar 1967 - 4 C 41.65 -, BVerwGE 26, 181 und vom 11. April 1986 - 4 C 67.82 -, BRS 46 Nr. 75; OVG O. , Urteile vom 21. Juli 1999 ‑ 7 A 10/98 -, BRS 62 Nr. 104 und vom 18. Dezember 2003 - 10 A 1574/01 -, juris.
49Ob sich ein Betrieb auf Dauer als lebensfähig erweist, ist im Wege einer Prognose zu beantworten. Notwendig ist eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Dabei sind die Umstände, die für oder gegen die Annahme der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit des Betriebes sprechen, ihrerseits zu gewichten und ins Verhältnis zueinander zu setzen. Es handelt sich um Hilfstatsachen, die im Rahmen einer Gesamtschau zu bewerten sind. Zu den Merkmalen zur Bestimmung der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebs, denen indizielle Bedeutung zukommt, zählt auch die Möglichkeit der Gewinnerzielung. Der nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegierte landwirtschaftliche Betrieb muss nach Art und Umfang grundsätzlich geeignet sein, wirtschaftlich, d.h. mit Gewinnerzielungsabsicht geführt zu werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass stets und in allen Fällen die Betriebseigenschaft und damit die Privilegierung im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu verneinen ist, wenn (bisher) ein Gewinn nicht erzielt wurde und auch in absehbarer Zeit (noch) nicht zu erzielen ist. Die Gewinnerzielung ist nur ein Indiz, dem allerdings bei kleiner Nutzfläche und geringem Tierbestand erhöhte Bedeutung zukommt. In diesem Fall ist mit besonderer Aufmerksamkeit zu prüfen, ob anstelle eines privilegierten landwirtschaftlichen (Nebenerwerbs-) Betriebes nicht eine bloße Hobbytierhaltung aus Liebhaberei vorliegt. Bauanträge für Nebenerwerbsstellen sind nämlich in erhöhtem Maße dafür anfällig, dass ein Bauherr Ackerbau, Wiesen- oder Weidewirtschaft mehr oder weniger vorschiebt, um unter dem Deckmantel des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Außenbereich ein an sich unzulässiges Bauvorhaben errichten zu können. Während die Bedeutung der Gewinnerzielung bei der Erweiterung eines bereits seit etlichen Jahren bestehenden landwirtschaftlichen Betriebes mit niedriger Rentabilität einen geringeren Stellenwert hat, kommt der Gewinnerzielungsabsicht bei Neugründungen aufgrund der ihnen innewohnenden Missbrauchsgefahr ein besonderes Gewicht zu; an die Betriebseigenschaft sind in diesem Fall strenge Anforderungen zu stellen.
50Vgl. BVerwG, Urteile vom 16. Dezember 2004 - 4 C 7/04 -, BVerwGE 122, 308 = juris und vom 11. Oktober 2012 - 4 C 9/11 -, juris.
51Fehlt es an dem Nachweis eines Gewinns, können durchaus andere Indizien für die Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung und damit für die Betriebseigenschaft im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sprechen. Hierzu zählen die Größe der landwirtschaftlichen Nutzflächen, der Bestand an Tieren und Maschinen sowie die Betriebsform und Betriebsorganisation. Auch eine geplante Vergrößerung der Betriebsflächen oder Erhöhung der Zahl der zu haltenden und zu verkaufenden Tiere kann Anhaltspunkt für die Dauerhaftigkeit des Betriebes sein.
52Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2012 - 4 C 9/11 -, BRS 79 Nr. 111 = juris.
53Nachdem der Kläger in seinem Schriftsatz vom 8. Juni 2018 deutlich gemacht hat, dass er an den noch im Rahmen von Verwaltungs- und Petitionsverfahren angedachten verschiedenen Betriebsinhalten und Organisationsformen (Pensionspferdehaltung mit Pferdezucht, Pferdezucht mit dem bzw. über den A. -, T. . - und F. E1. F. e.V.) samt der damit einhergehenden Bauvorhaben nicht mehr festhält, ist diesbezüglich nur noch zu prüfen, ob eine Pferdezucht im Nebenerwerb ohne über die Remise hinausgehende Bauvorhaben einen landwirtschaftlichen Betrieb in diesem Sinne darstellt. Das ist nicht der Fall.
54Zwar zählt eine auf eigener Futtergrundlage betriebene Pferdezucht einschließlich der reiterlichen Erstausbildung der drei- und vierjährigen Pferde zum Begriff der Landwirtschaft im Sinne von § 201 BauGB.
55Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. April 1985 – 4 C 24/84 –, juris Rn 10 ff.
56Allerdings konnte der Kläger nicht zur Überzeugung des Gerichts darlegen, dass die nach seinem Vortrag bereits aufgenommene Pferdezucht sich auf Dauer als lebensfähig erweisen und nachhaltig wird betrieben werden können.
57aa) Dagegen spricht bereits und allein entscheidungstragend, dass der Kläger nicht über den für eine landwirtschaftlich betriebene Pferdezucht in charakteristischer Zusammensetzung notwendigen Tierbestand verfügt. Die L. weist in ihrer Stellungnahme vom 00.00.0000 zu Recht darauf hin, dass die Pferdezucht nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht, sondern vor allem aufgrund der biologischen Vorgänge, auf denen sie beruht, stark risikobehaftet ist. Pferde können erkranken, Stuten nicht trächtig werden oder ihre Fohlen während der Trächtigkeit verlieren, Fohlen können sterben, Jungpferde sich beim Sport oder der Ausbildung verletzen und letztlich kann es zum Totalverlust wertvoller Zuchttiere kommen, wie ihn der Kläger hinsichtlich der Zuchtstute „S1. “ bereits einmal zu beklagen hatte. Neben den Stuten und den ein- bis dreijährigen Tieren, die für die Ausbildung und den weiteren Verkauf vorgesehen sind, müssen deshalb zur Remontierung des eigenen Bestandes weitere Pferde gehalten werden. Dabei muss die Anzahl der Stuten berücksichtigen, dass wegen der oben genannten Risiken nur mit 0,66 Fohlen pro Stute und Jahr gerechnet werden kann.
58Vgl. HessVGH, Urteil vom 11. Juli 1984 – IV OE 122/79 = RDL 1985, 35, 36; VG Düsseldorf, Urteil vom 4. Mai 1994 – 7 K 5002/91 = RDL 1994, 234, 236.
59Eine Pferdezucht kann auch im Nebenerwerb deshalb nur dann kontinuierlich und nachhaltig betrieben werden, wenn annähernd 20 bis 25 Tiere vorhanden sind.
60Vgl. VGH BaWü, Urteil vom 10. Oktober 2003 – 5 T. 1692/02 -, juris Rn 36; OVG SH, Urteil vom 28. Oktober 1991 – 1 L 69/91 -, juris Rn 62 ff.; OVG Nds., Urteil vom 28. März 1988 – 1 OVG A 127/86; HessVGH, Urteil vom 11.7.1984 – IV OE 122/79 = RDL 1985, 35, 36; VG München, Urteil vom 26. April 2007 – M 11 K 06.1084 –, juris; VG Düsseldorf, Urt. v. 4.5.1994 – 7 K 5002/91 = RDL 1994, 234, 236.
61Zwar hat das BVerwG in einem Einzelfall auch bei einer Pferdezucht mit einem Bestand von durchschnittlich acht bis fünfzehn Pferden die notwendige Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit für eine landwirtschaftliche Betriebsführung angenommen. Dies aber nur im Hinblick auf ergänzende Indizien wie die über Jahre hinweg kontinuierlich betriebene Vergrößerung des zum Betrieb gehörenden Eigenlandes, des Kapitaleinsatzes und der eingesetzten Arbeitskraft. Überdies hat das Gericht in seine Abwägung eingestellt, dass das dort streitgegenständlichen Bauvorhaben keinerlei Anlass zu der Vermutung gab, dass sich der dortige Kläger in rechtsmissbräuchlicher Weise, unter dem Vorwand Pferde züchten zu wollen, in Wahrheit nur den Wunsch habe verwirklichen wollen, im Außenbereich zu wohnen.
62Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. April 1986 – 4 C 67/82 -, juris Rn 20.
63Der Pferdebestand des Klägers genügt den dargelegten Anforderungen weder in quantitativer Hinsicht, noch im Hinblick auf seine Zusammensetzung. Der Kläger hält gegenwärtig nur drei – jedenfalls potentiell – für die Zucht bestimmte Pferde. Dazu zählen die Zuchtstute „T2. “ sowie die selbst gezüchtete Stute „C2. “, die vierjährig in 2018 erstmalig gedeckt werden soll. Bei der in 2017 geborenen Stute „M. T. “ will der Kläger deren weitere Entwicklung abwarten, bis er endgültig darüber entscheidet, ob sie zur Zucht verwendet oder als Reitpferde verkauft werden soll. Die übrigen fünf vom Kläger gehaltenen Pferde sind nicht zur Zucht bestimmt und stehen überwiegend auch nicht in seinem Eigentum. Auch das der Tierbestand in Zukunft hinsichtlich Anzahl und Zusammensetzung den oben dargelegten Kriterien genügen wird, ist nicht ersichtlich. Dazu hätte der Kläger nicht nur dartun müssen, wie und über welchen Zeitraum er die nötige Bestandsergänzung vornehmen und finanzieren will. Im Hinblick auf den Umstand, dass in dem einzigen Stallgebäude derzeit lediglich sechs Pferdeboxen vorhanden sind, hätte er darüber hinaus auch darlegen müssen, welche baulichen Veränderungen er diesbezüglich plant. Legt man den Maßstab für Pensionspferdehaltung aus Ziffer 3.1.1 des Außenbereichserlasses O. an, löste eine für die Annahme einer nachhaltigen Pferdezucht hinreichende Vergrößerung des Pferdebestandes außerdem einen zusätzlichen Bedarf an landwirtschaftlicher Nutzfläche von 0,35 ha je Pferd aus. Insoweit hätte der Kläger auch darlegen müssen, wie er diesen zusätzlichen Flächenbedarf zu decken gedenkt.Nichts anderes ergibt sich, wenn man die Kriterien der vom BVerwG getroffenen Einzelfallentscheidung zugrunde legt. Der Pferdebestand des Klägers erreicht auch das in dieser Entscheidung zugrunde gelegte – niedrigere – Niveau nicht. Darüber hinaus kann sich der Kläger nicht darauf berufen, bereits über Jahre hinweg eine Hobbyzucht kontinuierlich zu einem landwirtschaftlichen Betrieb entwickelt zu haben. Schließlich gibt der Umstand, dass der Kläger im Laufe des Verwaltungs- und Petitionsverfahrens versucht hat, die Genehmigungsfähigkeit der Remise unter Berufung auf andere Betriebsinhalte und Organisationsformen darzulegen, durchaus Anlass zu der Vermutung, dass es ihm vorrangig nicht um die Pferdezucht geht, sondern darum, seine Investitionen in die bereits errichtete Remise zu retten.
64bb) Der Kläger hat das Gericht daneben auch nicht davon überzeugt, dass seine Pferdezucht nach Art und Umfang grundsätzlich geeignet ist, wirtschaftlich, d.h. mit Gewinnerzielungsabsicht geführt zu werden. Eine Wirtschaftlichkeitsberechnung, die sich allein mit der Pferdezucht des Klägers befasst, hat er nicht vorgelegt, obwohl er dieses Instrument aus der von ihm betriebenen Bauvoranfrage kannte. Nachgewiesen wurden zwar Verkaufserlöse i.H.v. € 32.000 im 000.0000 (Verkauf „C1. “) sowie € 3.500 im 0000 0000 (Verkauf eines unbenannten Stutfohlen). Diese sind für sich betrachtet jedoch nicht geeignet, zu der Beurteilung zu kommen, dass der Kläger Pferdezucht in Form eines landwirtschaftlichen Betriebes betreibt. Denn auch bei einer Hobbypferdehaltung können beim An- und Verkauf von Pferden, auch von gelegentlich nachgezüchteten, nennenswerte Erlöse erzielt werden.
65Vgl. VGH Baden-Würtemberg, Urteil vom 10. Oktober 2003 – 5 T. 1692/02 –, juris Rn 36.
66Vielmehr hätte es zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Pferdezucht auch der Gegenüberstellung mit den anfallenden Kosten bedurft. Welche Kosten mit der Pferdezucht verbunden waren und welche Arbeit(-szeit) er und seine Ehefrau investiert haben, legt der Kläger jedoch nicht dar. In ihrer – vom Kläger kritisierten – Stellungnahme vom 00.00.0000 geht die L. auf Grundlage der Ausführungen des Klägers davon aus, das die erzielten Verkaufserlöse nicht hinreichend waren, um die – wohl geschätzten – laufenden Kosten (Bestandsergänzung, Futter, Einstreu, Strom, Wasser, Versicherungen, Zaunkosten etc.) und die Festkosten (Abschreibungen und Unterhaltung für Stall, Stalleinrichtung und ggf. Maschinen) zu decken. Ein Unternehmergewinn zur Deckung der eingesetzten Arbeit und des eingesetzten Kapitals habe nicht erwirtschaftet werden können. Zu dem gleichen Ergebnis gelangt man jedoch auch, wenn man hilfsweise die auf Grundlage von Angaben des Klägers im Rahmen seiner Bauvoranfrage erstellte Wirtschaftlichkeitsberechnung der L. hinsichtlich eines Pensionspferdebetriebes mit Pferdezucht zugrunde legt. Danach decken die durchschnittlichen Einnahmen aus der Pferdezucht gerade die durch sie verursachten Direktkosten und weiteren Kosten. Unberücksichtigt bleiben dabei aber der zu investierende Arbeitsaufwand des Klägers und seiner Ehefrau sowie die Abschreibungen pp. für Gebäude und den Maschinenpark des Klägers. Dabei lässt sich dieser Berechnung nicht entgegenhalten, dass sie als Verkaufserlös einen Richtwert-Deckungsbeitrag von € 5.725 angesetzt hat. Denn hinsichtlich der Einnahmen aus einer Pferdezucht ist – wie die L. in ihrer Stellungnahme vom 00.00.0000 überzeugend ausführt – zu berücksichtigen, dass der Wert eines (Zucht-)Pferdes insbesondere auf Auktionen stark abhängig vom übrigen Angebot auf der Auktion, der Abstammung des Tieres (Stammbaum), von den bereits erzielten sportlichen Erfolgen, von Prämierungen und vielen weiteren Faktoren ist. Es ist deshalb nicht davon auszugehen, dass in den nächsten Jahren erneut und ständig – wie im Fall der Stute „C1. “ – überdurchschnittliche Preise realisiert werden können. Das nicht jede Auktion überdurchschnittliche Erlöse erbringen wird, kann der Kläger angesichts des kleinen Tierbestandes auch nicht dadurch kompensieren, dass er mehr Tiere verkauft. Vielmehr sind angesichts der Größe der Zucht Einnahmeausfälle von erheblichem Gewicht im Verhältnis zu den Gesamteinnahmen zu besorgen, wenn in einem Jahr keine Fohlen geboren werden oder eines der (wenigen) Fohlen vor dem Verkauf verstirbt.Auch wenn man dem Kläger im Hinblick auf sein Ziel, sich im Elitezuchtsegment zu etablieren, eine längere Anlaufzeit zugestehen wollte, innerhalb derer Verluste mit Blick auf zukünftige überdurchschnittliche Erlöse hinzunehmen wären, gelangte man zu keinem für den Kläger günstigeren Ergebnis. Eine Prognose dahin, dass der Kläger nach längerer Anlaufzeit überdurchschnittliche Erlöse erzielen wird, setzt nämlich voraus, dass er tatsächliche Umstände darlegt, die diese Prognose zu tragen im Stande sind. Er müsste jedenfalls den Weg hin zu einer gewinnbringenden, wirtschaftlichen Nebenerwerbstätigkeit plausibel aufzeigen. Dies ist jedoch nicht ansatzweise der Fall. Nach den obigen Ausführungen ist vielmehr schon unklar, wie der Kläger mit dem geringen vorhandenen Pferdebestand überhaupt eine dauerhafte, nachhaltige und ernsthafte Zucht begründen und etwaige aus dem Verlust einzelner Tiere herrührende Einnahmeausfälle kompensieren will. Wie dies darüber hinaus im Elitezuchtsegment gelingen soll, bleibt erst Recht offen. Allein der Umstand, dass einmalig ein überdurchschnittlicher Erlös für das Fohlen C1. erzielt wurde, reicht nach den obigen Ausführungen hierzu nicht aus. Und selbst wenn man als wahr unterstellt, dass die Zuchtstute „C2. “ – wie der Kläger angibt – einen Wert von € 100.000 hat, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn welche Maßnahmen er ergreifen will, um seine Zucht im Elitezuchtsegment etablieren zu können und andauernd überdurchschnittliche Preise zu erzielen, bleibt gleichwohl unklar. Gleiches gilt für die für die Realisierung seines Vorhabens aufzubringenden Kosten. Letztlich kann insoweit auf die obigen Ausführungen zur Nachhaltigkeit der Pferdezucht verwiesen werden.Wegen der dargelegten fundamentalen Bedeutung des Tierbestandes auch für den dauerhaften wirtschaftlichen Erfolg einer Pferdezucht bestand für das Gericht im Übrigen kein Anlass, aufgrund der Beweisanregung des Prozessbevollmächtigten des Klägers weitere Ermittlungen zu den derzeitigen und zukünftig geplanten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Pferdezucht des Klägers, insbesondere zur Kostenseite und der vom Kläger und seiner Frau einzusetzenden Arbeitszeit anzustellen.
67cc) Als weiteres Indiz spricht auch die kleine Nutzfläche von nur 4,59 ha (1,24 Eigenland und 3,35 ha langfristige Pachtflächen) dagegen, bei der Pferdezucht des Klägers von einem landwirtschaftlichen Betrieb auszugehen. Sonstige Umstände, die einen gegenteiligen Schluss zuließen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Auch aus der Stellungnahme der Pferdeambulanz R. (Z.) vom 00.00.0000 ergibt sich nichts für den Kläger Günstiges. Die Bescheinigung bestätigt lediglich, dass zur reinen Pferdehaltung vor einigen Jahren die eigene Pferdeaufzucht hinzugekommen sei. Für die Frage, ob es sich bei der Pferdeaufzucht um eine Hobbyzucht oder einen landwirtschaftlichen Betrieb handelt, gibt die Bescheinigung nichts her.
68b) Als sonstiges Außenbereichsvorhaben (§ 35 Abs. 2 BauGB) beeinträchtigt das Vorhaben des Klägers jedenfalls deshalb öffentliche Belange, weil es den Darstellungen des Flächennutzungsplanes widerspricht, der das Baugrundstück als Fläche für die Landwirtschaft ausweist (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB). Ob das Vorhaben daneben auch – wie die Beklagte meint – weitere öffentliche Belange beeinträchtigt, kann deshalb offenbleiben.
693. Der Kläger kann sich auch nicht auf einen – ihn legitimierenden – Bestandsschutz berufen.
70Der aus Art. 14 Abs. 1 GG herzuleitende Bestandsschutz gewährleistet, dass sich eine rechtmäßige Nutzung auch gegen neues entgegenstehendes Recht durchsetzt. Er greift nur, wenn die jeweilige baulich Anlage zu irgendeinem Zeitpunkt ausdrücklich genehmigt worden oder jedenfalls materiell zulässig gewesen und der so bewirkte Bestandsschutz nicht nachträglich entfallen ist, und erstreckt sich lediglich auf den genehmigten beziehungsweise materiell zulässig gewesenen Bestand einer baulichen Anlage und ihre diesbezügliche Funktion. Er erfasst grundsätzlich nicht Bestands- oder Nutzungsänderungen, weil diese über den genehmigten beziehungsweise materiell zulässig gewesenen Zustand hinausgreifen würden und ein solches Hinausgreifen von den die Eigentümerstellung regelnden Bauvorschriften nicht gedeckt wäre.
71Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 24. Juli 2000 - 1 BvR 151/99 -, und vom 15. Dezember 1995 - 1 BvR 1713/92 -; BVerwG, Beschlüsse vom 9. September 2002 - 4 B 52.02 -, und vom 27. Februar 1993 - 4 B 5.93 -; OVG O. , Urteil vom 5. Dezember 2005 - 10 A 2100/03 -, Beschluss vom 15. April 2009 - 10 B 186/09 -, und Urteil vom 16. März 2012 - 2 A 760/10 -, jeweils juris.
72Der Bestandsschutz entfällt insbesondere bei Eingriffen, die das Gebäude so erheblich ändern, dass das geänderte Gebäude nicht mehr mit dem alten, bestandsgeschützten identisch ist. Entscheidend sind Art und Umfang der baulichen Maßnahmen. Ist das Gebäude durch sie derart verändert worden, dass es sich gegenüber dem früheren Zustand als etwas anderes, als ein aliud darstellt, so ist der Bestandsschutz entfallen. Entsprechendes gilt auch für bauliche Änderungen, die nur einzelne Bauteile eines Gebäudes betreffen.
73Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Juli 1994 - 4 B 48.94 -; OVG O. , Beschluss vom 27. August 2002 - 10 B 1233/02 -, Urteil vom 24. April 2001 - 10 A 1402/98 -, und vom 16. März 2012 - 2 A 760/10 -, jeweils juris.
74So liegt der Fall hier: Das ehemals vorhandene Nebengebäude wurde – wie die in den Verwaltungsvorgängen enthaltenen Lichtbilder belegen – vor der Errichtung des streitgegenständlichen Gebäudes vollständig abgerissen, d.h. in seiner Substanz beseitigt. Das streitgegenständliche Gebäude erweist sich deshalb als vollständiger Neubau und kann sich auf Bestandsschutz nicht berufen. Auch wenn – wie der Kläger vorträgt – die ursprüngliche Bodenplatte erhalten geblieben sein sollte, ändert sich daran nichts. Denn die Ersetzung eines bestandsgeschützten Altbaus durch ein neues Vorhaben, das allenfalls noch die Fundamente des alten Gebäudes nutzt, wird vom Bestandsschutz nicht erfasst.
75Vgl. schon BVerwG, Urteil vom 23. Juni 1960 – IV C 63.68 –, juris Rn 20.
764. Die streitgegenständliche Ordnungsverfügung wurde zu Recht an den Kläger als Eigentümer und Bauherren des bereits ins Werk gesetzten Vorhabens als Zustands- (§ 56 BauO i.V.m. § 17 OBG) und zugleich Handlungsstörer (§ 56 BauO i.V.m. § 18 OBG) gerichtet.
775. Die Beklagte hat das ihr nach § 61 Abs. 1 Satz 2 BauO O. eingeräumte Ermessen erkannt und fehlerfrei ausgeübt. Die Ermessensentscheidung für eine Beseitigungsverfügung kann im Regelfall ordnungsgemäß damit begründet werden, dass die zu beseitigende bauliche Anlage formell und materiell illegal ist und dass ein öffentliches Interesse daran besteht, keinen Präzedenz- oder Berufungsfall zu schaffen.
78Vgl. OVG O. , Urteil vom 24. Februar 2016 - 7 A 19/14 -, n. v.; VG Münster, Urteil vom 3. März 2016 – 2 K 1089/14 -, juris.
79Dies ist vorliegend der Fall. Atypische Umstände oder Besonderheiten, die ausnahmsweise eine weitergehende Abwägung erforderlich machen, bestehen nicht.
80Es liegt auch kein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vor. Die Beklagte war gehalten, die vollständige Beseitigung des insgesamt formell und materiell baurechtswidrigen Gebäudes zu fordern. Ein für den Kläger milderes Mittel, welches sich als gleich effektiv erweist, ist nicht gegeben. Im Hinblick auf die bei Fortbestand des Gebäudes von ihm ausgehende negative Vorbildfunktion liegt ein solches insbesondere nicht in einer zeitlich befristeten Duldung über fünf Jahre, während der die Entwicklung des klägerischen Betriebes abgewartet und im Anschluss erneut über die Frage der Beseitigung der Remise entschieden wird.
81II. Auch die zusammen mit der Ordnungsverfügung unter dem 00.00.0000 erlassene Zwangsmittelandrohung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Einwendungen jenseits der Rechtswidrigkeit der zu vollstreckenden Ordnungsverfügung sind seitens des Klägers weder vorgetragen worden, noch sind sie sonst ersichtlich.
82III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 Abs. 2, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
83B e s c h l u s s:
84Der Streitwert wird auf der Grundlage von § 52 Abs. 1 GKG und Nr. 9 lit.a des Streitwertkatalogs der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 17. September 2003 (BauR 2003, 1883) auf € 15.000,-- festgesetzt.