
Zwangsvollstreckung aus dem Schuldtitel aus dem EU-Ausland
Europäische Vollstreckungstitel
Zwangsvollstreckung in Deutschland
Die nachfolgenden Ausführungen sollen lediglich einen Überblick vermitteln und erfolgen unverbindlich und ohne Gewähr.
Die zu beachtenden in- und ausländischen Rechtsgrundlagen und internationalen Vorschriften sind zum Teil ständigen Änderungen unterworfen.
Daher kann keine Gewähr für die Vollständigkeit und inhaltliche Richtigkeit der nachstehenden Angaben übernommen werden.
Inhaltsverzeichnis:
Brüssel Ia-Verordnung (Brüssel Ia-VO)
(EU-Verordnung Nr. 1215/2012 (EuGVVO)
Muss ich zuvor das Vollstreckbarerklärungsverfahren in Deutschland durchführen, um aus dem Schuldtitel aus dem EU-Ausland die Zwangsvollstreckung in Deutschland durchführen zu können?
Nein.
Die Brüssel Ia-Verordnung hat das Vollstreckbarerklärungsverfahren in den
EU-Mitgliedstaaten abgeschafft.
Kann ich aus dem ausl. Schuldtitel unmittelbar die Zwangsvollstreckung in Deutschland betreiben?
Ja.
Die Brüssel Ia-Verordnung ermöglicht die direkte Vollstreckung aus Schuldtiteln aus den EU-Mitgliedstaaten in Deutschland.
Damit entfällt in Deutschland das Verfahren zur Vollstreckbarerklärung, das bislang der Vollstreckung vorgeschaltet war.
Die Gläubigerpartei kann sich daher in Deutschland direkt an das Vollstreckungsorgan wenden.
Soll z. B. aus einem polnischen Schuldtitel in Deutschland vollstreckt werden, so kann die Gläubigerpartei sich direkt an den Gerichtsvollzieher in Deutschland wenden.
Ein ausländischer Schuldtitel ist in Deutschland zu vollstrecken wie eine deutsche Entscheidung, Art. 41 I, (58 I S. 3, 59) EuGVVO.
Weder der ausl. Schuldtitel noch die ausl. Bescheinigung im Sinne der Art. 53 (60) EuGVVO (Formblatt I bzw. II EuGVVO) dürfen in Deutschland in der Sache selbst nachgeprüft werden, Art. 52, (58 I S. 3, 59) EuGVVO.
Wie ist der zeitliche Anwendungsbereich der Brüssel Ia-Verordnung?
Welcher Zeitpunkt ist hierbei maßgebend?
In zeitlicher Hinsicht gilt die EU-Verordnung Nr. 1215/2012 ab 10.01.2015, Art. 66 I EuGVVO.
Nach dem Abkommen zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Dänemark vom 16.11.2005 findet die Brüssel Ia-Verordnung im Verhältnis zu
- Dänemark
ab 10.01.2015 Anwendung.
Im Verhältnis zu künftigen EU-Mitgliedstaaten, deren EU-Beitritt erst nach Inkrafttreten der vorgenannten Verordnung erfolgt, gilt die EU-Verordnung Nr. 1215/2012 im Regelfall erst mit dem Zeitpunkt des EU-Beitritts.
Für gerichtliche Entscheidungen ist
- der Zeitpunkt der Einleitung des gerichtlichen Verfahrens (Klageerhebung/Antragsschrift bzw. Beantragung des Mahnbescheids)
maßgebend.
Für gerichtliche Vergleiche ist dagegen
- der Zeitpunkt der Errichtung des Vergleichs oder des gerichtlichen Beschlusses aufgrund schriftlichen Vergleichsvorschlags der Verfahrensbeteiligten
maßgebend.
Im Verhältnis zu Deutschland findet die EU-Verordnung Nr. 1215/2012 Anwendung ab 10.01.2015.
Die Vorschriften der Art. 66 I, 81 EuGVVO sind dahingehend auszulegen, dass aus dem ausländischen Schuldtitel nur dann unmittelbar in Deutschland vollstreckt werden kann, falls der Schuldtitel sowohl im Ursprungsmitgliedstaat als auch im Vollstreckungsmitgliedstaat (Deutschland) im Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 1215/2012 fällt.
Den genauen Zeitpunkt der Errichtung des ausl. Vergleichs oder der Verfahrenseinleitung hinsichtlich der ausl. gerichtlichen Entscheidung, aus dem/der mit der ausl. Bescheinigung (Formblatt I bzw. II EuGVVO) in Deutschland unmittelbar vollstreckt werden kann, entnehmen Sie bitte der anl. Übersicht:
Ursprungsmitgliedstaat (EU-Mitgliedstaat, in dem der Schuldtitel errichtet worden ist): |
zeitlicher Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 1215/2012 für den ausländischen Schuldtitel: |
---|---|
Belgien | ab 10. 01. 2015 |
Bulgarien | ab 10. 01. 2015 |
Dänemark | ab 10. 01. 2015 |
Estland | ab 10. 01. 2015 |
Finnland | ab 10. 01. 2015 |
Frankreich | ab 10. 01. 2015 |
Griechenland | ab 10. 01. 2015 |
Irland | ab 10. 01. 2015 |
Italien | ab 10. 01. 2015 |
Kroatien | ab 10. 01. 2015 |
Lettland | ab 10. 01. 2015 |
Litauen | ab 10. 01. 2015 |
Luxemburg | ab 10. 01. 2015 |
Malta | ab 10. 01. 2015 |
Niederlande | ab 10. 01. 2015 |
Österreich | ab 10. 01. 2015 |
Polen | ab 10. 01. 2015 |
Portugal | ab 10. 01. 2015 |
Rumänien | ab 10. 01. 2015 |
Schweden | ab 10. 01. 2015 |
Slowakei | ab 10. 01. 2015 |
Slowenien | ab 10. 01. 2015 |
Spanien | ab 10. 01. 2015 |
Tschechische Republik | ab 10. 01. 2015 |
Ungarn | ab 10. 01. 2015 |
Vereinigtes Königreich | 10. 01. 2015 – 31.12.2020 |
Zypern | ab 10. 01. 2015 |
Britische Entscheidungen aus den ab 01.01.2021 neu eingeleiteten Verfahren können aufgrund des Brexit nicht mehr mit dem Formblatt I EuGVVO unmittelbar in Deutschland vollstreckt werden.
Dies gilt auch für britische Vergleiche, die nach dem 31.12.2020 geschlossen wurden (keine unmittelbare Vollstreckung in Deutschland mit dem Formblatt II EuGVVO).
Welche Unterlagen muss ich dem Gerichtsvollzieher/dem Vollstreckungsgericht vorlegen?
Die von der Gläubigerpartei vorzulegenden Unterlagen ergeben sich aus Art. 42 I, (58 I S. 3, 59) EuGVVO:
- Ausfertigung der ausländischen Entscheidung mit Zustellungsbescheinigung
bzw.
Ausfertigung des ausländischen Vergleichs mit
Zustellungsbescheinigung,
- Ausfertigung des ausländischen Bescheinigung unter Verwendung des Formblatts in Anhang I (Entscheidung) EuGVVO bzw. Anhang II (Vergleich) EuGVVO - ggfs. mit Zustellungsbescheinigung -,
- ggfs. Übersetzung der Unterlagen in deutscher Sprache, Art. 54 III, 57, (58 I S. 3, 59) EuGVVO.
Handelt es sich bei der ausl. Entscheidung um eine Säumnisentscheidung, so bedarf es nicht der Vorlage der Bescheinigung über die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks/des gleichwertigen Schriftstücks/der Ladung zum Gerichtstermin.
Der Erteilung einer Vollstreckungsklausel zum ausl. Schuldtitel bedarf es dagegen nicht;
der deutsche Gesetzgeber hat insoweit auf die Vorlage einer vollstreckbaren. Ausfertigung verzichtet, § 1112 ZPO.
Ggfs. ist die Beifügung von Übersetzungen des Schuldtitels erforderlich,
Art. 54 III, 57, (58 I S. 3, 58) EuGVVO.
Eine Übersetzung des Schuldtitels wird im Regelfall nur benötigt, falls ohne die Übersetzung eine Zwangsvollstreckung nicht durchgeführt werden kann.
In der Regel ist die Beifügung einer Übersetzung der Eintragungen in der ausl. Bescheinigung nicht erforderlich, da es sich hierbei um ein EU-einheitliches Formular handelt und die erforderlichen Angaben durch Eintragung von Namen, Anschrift und Zahlen sowie durch Ankreuzen von Kästchen erfolgt.
Eine Übersetzung ist daher nur bei ergänzenden Eintragungen erforderlich,
vergl. Art. 42 III, 57, (58 I, 59) EuGVVO.
Kann ich aus der ausländischen einstweiligen Verfügung in Deutschland vollstrecken?
Welche Unterlagen muss ich dem Vollstreckungsorgan vorlegen?
Ja.
Die dem deutschen Vollstreckungsorgan von der Gläubigerpartei vorzulegenden Unterlagen ergeben sich aus Art. 42 II EuGVVO:
- Ausfertigung der ausländischen Entscheidung mit Zustellungsbescheinigung,
- Ausfertigung der ausl. Bescheinigung (Formblatt I)
- ggfs. mit Zustellungsbescheinigung -
Die Bescheinigung muss u. a. die Angabe enthalten, dass das Gericht in der Hauptsache zuständig ist und die Entscheidung im
Ursprungsmitgliedstaat vollstreckbar ist.
- Zustellungsnachweis zu der Entscheidung, sofern die Maßnahme ohne Vorladung der Schuldnerpartei angeordnet worden ist,
- ggfs. Übersetzung der Unterlagen in deutscher Sprache.
In der Regel ist die Beifügung von Übersetzungen der Entscheidung nicht erforderlich, Art. 42 IV, 43 III, 57 EuGVVO.
In der Regel ist die Beifügung einer Übersetzung der Eintragungen in der Bescheinigung nicht erforderlich, da es sich hierbei um ein EU-einheitliches Formular handelt und die erforderlichen Angaben durch Eintragung von Namen, Anschriften und Zahlen sowie durch Ankreuzen von Kästchen erfolgt.
Eine Übersetzung ist daher ggfs. nur bei ergänzenden Eintragungen erforderlich.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in Deutschland die Vollstreckungsklausel zu der ausl. Entscheidung/dem ausl. Vergleich?
Nein.
Der deutsche Gesetzgeber hat auf die Erteilung einer Vollstreckungsklausel zu dem ausländischen Schuldtitel für die Zwangsvollstreckung in Deutschland gem. § 1112 ZPO verzichtet.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in Deutschland eine Bescheinigung über die Zustellung der ausl. Entscheidung/des ausl. Vergleichs an die Schuldnerpartei?
Ja.
In Hinblick auf §§ 750 I, (794 I, 795) ZPO bedarf es der Vorlage einer Zustellungsbescheinigung zu dem ausl. Schuldtitel.
Eine Zustellung mit Beginn der Zwangsvollstreckung reicht aus.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in Deutschland eine Bescheinigung über die Zustellung der ausl. Bescheinigung (Formblatt I bzw. II EuGVVO) an die Schuldnerpartei?
Ja.
Gem. Erwägungsgrund 32, Art. 43 I, (58 I S. 3, 59) EuGVVO ist die Bescheinigung der Schuldnerpartei vor der 1. Vollstreckungsmaßnahme zuzustellen.
Worauf beschränkt sich die Prüfung des Gerichtsvollziehers/des Vollstreckungsgerichts?
Die Prüfung beschränkt sich darauf, ob
- der Schuldtitel im Anwendungsbereich der Brüssel Ia-Verordnung fällt,
- der Schuldtitel im Ursprungsmitgliedstaat vollstreckbar ist
und
- die Gläubigerpartei die nach Art. 42, 58, 60 EuGVVO erforderlichen Unterlagen vorgelegt hat.
Weder der ausl. Schuldtitel noch die ausl. Bescheinigung dürfen in der Sache selbst nachgeprüft werden.
Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - bzw. der Gerichtsvollzieher prüft lediglich, ob die nach Art. 42, (58, 60) EUGVVO erforderlichen Unterlagen vorgelegt wurden.
Die Vorlage der ausl. Bescheinigung reicht als Nachweis aus.
Die Voraussetzungen hinsichtlich der Fälligkeit und Vollstreckbarkeit der Forderung
- Sicherheitsleistung der Gläubigerpartei i. S. d. § 709 ZPO,
- Bedingungseintritt i. S. d. §§ 726 I, (794 I, 795) ZPO,
- Rechtsnachfolge i. S. d. §§ 727 ff., (794 I, 795) ZPO,
- Schuldnerbefriedigung oder Annahmeverzug der Schuldnerpartei i. S. d. §§ 727 II, (794 I, 795) ZPO
werden im Regelfall bereits bei der Erteilung der Bescheinigung vom ausl. Gericht geprüft;
einer erneuten Prüfung durch das Vollstreckungsorgan bedarf es daher nicht.
Hat dagegen das Ursprungsgericht in der vorgelegten Bescheinigung die bedingungslose Vollstreckbarkeit bejaht, obwohl der ausl. Schuldtitel
- nur gegen Sicherheitsleistung vollstreckbar ist (§ 709 ZPO),
- von einer Bedingung abhängig ist (§§ 726 I, (794 I, 795) ZPO),
- von der Erfüllung einer Gegenleistung abhängt (§§ 726 II, (794 I, 795) ZPO),
obliegt insoweit die Prüfung beim Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - oder dem Gerichtsvollzieher.
Als Schuldnerpartei habe ich erstmals Kenntnis vom Schuldtitel durch den Gerichtsvollzieher bzw. das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - erlangt;
mir wurde mit der ausl. Bescheinigung (Formblatt I bzw. II EuGVVO) der Schuldtitel zugestellt.
Der Schuldtitel wurde mir bislang vom Gericht im Ursprungsmitgliedstaat nicht zugestellt.
Eine Übersetzung des Schuldtitels war jedoch nicht beigefügt.
Ich verstehe die Sprache nicht, in der der Schuldtitel abgefasst ist.
Kann ich eine Übersetzung verlangen?
Ja,
um die Vollstreckung anfechten zu können,
Art. 43 II, (58 I S. 3, 59) EuGVVO.
Was sind die Rechtsfolgen?
Die Zwangsvollstreckung darf über Sicherungsmaßnahmen nicht hinausgehen, solange die Schuldnerpartei die Übersetzung des Schuldtitels nicht erhalten hat, Art. 43 II, (58 I S. 3, 59) EuGVVO.
Der vollstreckungsfähige Inhalt des ausl. Schuldtitels ist unzureichend bestimmt.
Der ausl. Schuldtitel enthält eine Maßnahme oder Anordnung, die nach dem Wortlaut in dieser Form im deutschen Recht (Zivilprozessordnung) unbekannt ist.
Kann der Gerichtsvollzieher bzw. das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - den ausländischen Schuldtitel dem deutschen Recht anpassen?
Ja,
gem. Erwägungsgrund 28, Art. 54 I EuGVVO.
Es bedarf hierzu nicht einer besonderen Antragstellung der Gläubigerpartei.
Die Auslegung ist bei Unbestimmtheit des ausländischen Schuldtitels geboten, soweit sich der vollstreckungsfähige Inhalt feststellen lässt.
Gilt dies ebenfalls für den Zinsanspruch?
Kann der Gerichtsvollzieher bzw. das Vollstreckungsgericht den ausl. Schuldtitel hinsichtlich des titulierten dynamisierten Zinssatzes nach ausländischem Recht an das deutsche Recht anpassen?
Ja.
Eine nach ausländischem Recht ergangene Zinsentscheidung ist in Deutschland vollstreckbar, wenn das Vollstreckungsorgan den zu vollstreckenden Betrag selbst ermitteln kann;
zur Recherche hinsichtlich des ausländischen Rechts bezogen auf den Zinssatz ist der Gerichtsvollzieher bzw. das Vollstreckungsgericht nicht verpflichtet.
Die Gläubigerpartei hat dafür Sorge zu tragen, dass der Gerichtsvollzieher/das Vollstreckungsgericht diese Anpassung nach den Maßstäben einer Auslegung vornehmen kann und sollte daher entsprechende Unterlagen (Berechnungsgrundlagen) vorlegen.
Kann der Gerichtsvollzieher bzw. das Vollstreckungsgericht eine Übersetzung des ausl. Schuldtitels in deutscher Sprache von der Gläubigerpartei verlangen?
Ja,
Art. 54 III, (58 I S. 3, 59 EuGVVO).
Eine Übersetzung des Schuldtitels wird im Regelfall nur benötigt, falls ohne die Übersetzung eine Zwangsvollstreckung nicht durchführbar wäre.
Kann ich die Anpassung anfechten?
Ja,
Art. 54 II, (58 I S. 3, 59) EuGVVO, § 1114 ZPO.
Dies gilt sowohl für die Gläubigerpartei als auch für die Schuldnerpartei.
Mit welchem Rechtsmittel erfolgt die Anfechtung der Anpassung des Schuldtitels?
Diese ist abhängig von der Zwangsvollstreckungsart (§ 1114 ZPO):
- Erinnerung gem. § 766 I ZPO
bzgl. Maßnahmen des Gerichtsvollziehers oder des Vollstreckungsgerichts; - sofortige Beschwerde gem. § 793 ZPO
bzgl. Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts oder Vollstreckungsmaßnahmen des ausl. Gerichts - Beschwerde gem. § 71 GBO
bzgl. Vollstreckungsmaßnahmen des Grundbuchamts.
Kann ich als Gläubigerpartei einen Antrag auf Feststellung des Nichtvorliegens der Versagungsgründe für die Anerkennung der ausl. Entscheidung stellen?
Ja.
Gem. Art. 36 II EuGVVO kann die Gläubigerpartei die Feststellung beantragen, dass keine der Gründe i. S. d. Art. 45 EuGVVO für die Versagung der Anerkennung der ausl. Entscheidung vorliegen.
Welches Gericht ist zuständig?
Der Antrag ist gem. Art. 36 II, 47 I EuGVVO, § 1115 I, II ZPO an das Landgericht zu stellen.
Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts richtet sich nach dem Wohnsitz/Sitz der Schuldnerpartei oder nach dem Ort der Zwangsvollstreckung.
Wie erfolgt die Antragstellung?
Die Antragstellung erfolgt schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle,
§ 1115 III ZPO.
Es besteht kein Anwaltszwang, § 78 III ZPO.
Kann die Schuldnerpartei die ausl. Entscheidung in Deutschland nach den Vorschriften der Brüssel Ia-Verordnung anfechten?
Ja.
Die Schuldnerpartei kann ggfs.
- einen Antrag auf Versagung der Anerkennung der ausl. Entscheidung (Erwägungsgrund 29, Art. 45 IV EuGVVO, § 1115 ZPO)
oder
- einen Antrag auf Versagung der Vollstreckung der ausl. Entscheidung (Erwägungsgrund 29, Art. 47 I EuGVVO, § 1115 ZPO) stellen.
Muss die Schuldnerpartei die Aufhebungsgründe begründen?
Ja.
Die Schuldnerpartei trägt insoweit die Darlegungs- und Beweislast.
Wo muss die Schuldnerpartei den Antrag stellen?
Der Antrag ist gem. Art. 45 IV, 47 I EuGVVO, § 1115 I, II ZPO an das Landgericht zu stellen.
Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts richtet sich nach dem Wohnsitz/Sitz der Schuldnerpartei oder nach dem Ort der Zwangsvollstreckung.
Wie erfolgt die Antragstellung?
Die Antragstellung erfolgt schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle, § 1115 III ZPO.
Es besteht kein Anwaltszwang, § 78 III ZPO.
In welchen Fällen weist das Gericht den Antrag zurück?
Das Gericht weist den Antrag zurück, falls kein Aufhebungsgrund im Sinne des Art. 45 EuGVVO vorliegt.
Kann die Schuldnerpartei mit dem begründeten Antrag auf Versagung der Vollstreckung die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung beantragen?
Ja.
Auf Antrag der Schuldnerpartei kann das Landgericht
- die Zwangsvollstreckung auf Sicherungsmaßnahmen beschränken,
- die Zwangsvollstreckung von einer Sicherheitsleistung abhängig machen,
- die Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise einstweilen einstellen,
Erwägungsgrund 31, Art. 44 I EuGVVO i. V. m. §§ 719 I S. 1, 707 I S. 1, (794 I, 795), 1115 VI ZPO.
In welchen Fällen wird die Anerkennung oder Vollstreckung der ausl. Entscheidung auf Antrag der Schuldnerpartei versagt?
Das Landgericht versagt gem. Art. 46, (58 I S. 3, 59) EuGVVO die Vollstreckung aus dem ausl. Schuldtitel bei:
- Verstoß gegen die öffentliche Ordnung (ordre public) in Deutschland, Art. 45 I a), (58 I S. 1, 59) EuGVVO;
- Verletzung rechtlichen Gehörs der Schuldnerpartei, Art. 45 I b) EuGVVO;
- Unvereinbarkeit des Schuldtitels mit einem anderen Schuldtitel (Titelkollision), Art. 45 I c) und d) EuGVVO;
- Verstoß gegen die Zuständigkeitsvorschriften des Art. 45 I e) i) EuGVVO in Versicherungssachen, sofern und soweit die Schuldnerpartei Versicherungsnehmer, Versicherter, Begünstigter des Versicherungsvertrags oder Geschädigter ist;
- Verstoß gegen die Zuständigkeitsvorschriften des Art. 45 I e) i) EuGVVO in Verbrauchersachen, sofern und soweit die Schuldnerpartei ein Verbraucher ist;
- Verstoß gegen die Zuständigkeitsvorschriften des Art. 45 I e) i) EuGVVO in Arbeitssachen, sofern und soweit die Schuldnerpartei Arbeitnehmer ist;
- Verstoß gegen die Zuständigkeitsvorschriften des Art. 45 I e) ii) EuGVVO hinsichtlich der ausschließlichen Zuständigkeit der Gerichte.
Nach Art. 45 I a), (58 I S. 1, 59) EuGVVO ist die Vollstreckung des Schuldtitels zu versagen, wenn diese gegen den innerstaatlichen ordre public verstoßen würde.
Die Prüfung, ob der ausl. Schuldtitel ggfs. gegen den ordre public verstößt, kann sinnvollerweise nur in Deutschland durchgeführt werden.
Ohne eine solche Kontrolle könnte ein ausländischer Schuldtitel in Deutschland vollstreckt werden, obwohl sie gegen fundamentale Rechtsnormen der deutschen Rechtsordnung verstößt.
Ein Verstoß gegen den ordre public kommt jedoch in der Praxis selten vor.
Art. 45 I b) EuGVVO dient dem Schutz des rechtlichen Gehörs der Schuldnerpartei.
Auf die Ordnungsmäßigkeit der Zustellung kommt es nicht an.
Nach dem Willen des Verordnungsgebers soll ein bloß formaler und für die Verteidigungsmöglichkeiten der Schuldnerpartei unmaßgeblicher Zustellungsfehler nicht dazu führen, die Vollstreckung aus einer ausländischen Entscheidung in Deutschland zurückzuweisen.
Entscheidend ist daher, ob der Schuldner das verfahrenseinleitende Schriftstück rechtzeitig und so erhalten hat, dass ihm die Verteidigung möglich war.
Art. 45 I c) und d) EuGVVO regelt schließlich den Fall der Titelkollision.
Sind die Entscheidungen unvereinbar, ist die Anerkennung oder Vollstreckung des ausl. Schuldtitels zu versagen.
Art. 45 I e) EuGVVO regelt die Ausnahmefälle für die Nachprüfung der internationalen Zuständigkeit.
Gem. Art. 45 II EuGVVO ist das Landgericht jedoch an die tatsächliche Feststellung des ausl. Gerichts hinsichtlich der Zuständigkeit gebunden.
Die Vorschrift des Art. 45 II EuGVVO verhindert Verzögerungen durch Zuständigkeitsrügen, die die Schuldnerpartei bereits im Verfahren vor dem ausl. Gericht hätte vorbringen können.
In welchen Fällen kann die Schuldnerpartei sich nicht auf den Versagungsgrund des Art. 45 I b) EuGVVO (Verletzung des rechtlichen Gehörs) berufen?
Die Schuldnerpartei kann die Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht geltend machen, falls sie gegen die Entscheidung im Ursprungsmitgliedstaat einen Rechtsbehelf/ein Rechtsmittel hätte einlegen könne, hiervon aber keinen Gebrauch gemacht hat (sog. „Rechtsbehelfsobliegenheit“).
Was sind die Rechtsfolgen der Antragsrückweisung?
Der ausl. Schuldtitel bleibt in Kraft.
Was sind die Rechtsfolgen der antragsgemäßen Entscheidung?
Die Anerkennung/die Vollstreckung der ausl. Entscheidung wird versagt, Art. 46, (58 I S. 3, 59) EUGVVO.
Kann das Landgericht bzw. das Rechtsmittelgericht das Verfahren auf Verweigerung der Vollstreckung der ausl. Entscheidung (Art. 47 I EuGVVO) aussetzen?
Ja.
Gem. Art. 51 I EuGVVO kann das Verfahren aussetzen, falls
- die ausl. Entscheidung im Ursprungsmitgliedstaat angefochten worden ist
oder
- die Rechtsbehelfsfrist/Rechsmittelfrist im Ursprungsmitgliedstaat noch nicht verstrichen ist.
Die Erfolgsaussicht des Rechtsmittels/des Rechtsbehelfs kann für die Entscheidung des Landgerichts bedeutsam sein;
die Vorlage der Rechtsmittel- oder Rechtsbehelfsbegründung ist daher empfehlenswert.
Das Landgericht kann ggfs. eine Frist für die Einlegung des Rechtsbehelfs/Rechtsmittels im Ursprungsmitgliedstaat bestimmen.
Welche Kosten entstehen für das Verfahren über den Antrag auf Versagung der Anerkennung oder der Vollstreckung des ausländischen Schuldtitels i. S. d. Art. 45 IV, 47 I, (58 I S. 3, 59) EuGVVO, § 1115 ZPO?
Für das Verfahren wird vom Landgericht gem. KV Nr. 1510 GKG eine Gebühr in Höhe von 240 EUR erhoben.
Die Schuldnerpartei hat bei dem Landgericht einen Vollstreckungs-verweigerungsantrag gestellt.
Kann die Schuldnerpartei einen Antrag auf Aussetzung oder Beschränkung der Vollstreckung stellen?
Ja,
Art. 44 I, (58 I S. 3, 59) EuGVVO.
Die Entscheidung erfolgt durch einstweilige Anordnung, § 1115 VI ZPO
Diese ist unanfechtbar.
In welchen Fällen kann der Gerichtsvollzieher/das Vollstreckungsgericht die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem ausl. Schuldtitel beschließen?
Gem. Art. 44 II EuGVVO, §§ 1116, 775 Zi. 1 und 2, 776, (794 I, 795) ZPO kann der Gerichtsvollzieher/ das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - auf Antrag der Schuldnerpartei die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung beschließen, falls
- die Vollstreckbarkeit des ausländischen Schuldtitels im Ursprungsmitgliedstaat ausgesetzt ist bzw. die Zwangsvollstreckung im Ursprungsmitgliedstaat bereits einstweilen eingestellt ist,
- die Schuldnerpartei eine Entscheidung des Ursprungsgerichts über die Nichtvollstreckbarkeit der ausl. Entscheidung vorlegt,
- die Schuldnerpartei eine Entscheidung des Ursprungsgerichts über die Beschränkung der Vollstreckbarkeit der ausl. Entscheidung vorlegt.
Ggfs. ist von der Schuldnerpartei eine Übersetzung der Entscheidung vorzulegen.
Damit ist gewährleistet, dass dem Titel im Vollstreckungsstaat keine weitergehende Wirkung zukommt als im Ursprungsstaat.
Mit der ausl. Rechtsbehelfsentscheidung in der Hauptsache wird die einstweilige Anordnung des Gerichtsvollziehers/des Amtsgerichts - Vollstreckungsgericht - hinfällig.
Kann der Gerichtsvollzieher/das Vollstreckungsgericht das Zwangsvollstreckungsverfahren ganz oder teilweise aussetzen?
Ja.
Der Gerichtsvollzieher oder das Vollstreckungsgericht setzt das Zwangsvollstreckungsverfahren aus, falls
- die ausl. Entscheidung im Ursprungsmitgliedstaat angefochten worden ist (Art. 38 a EuGVVO),
- die Schuldnerpartei bei dem Landgericht einen Antrag auf Feststellung, dass keine Gründe für die Versagung der Anerkennung vorliegen, gestellt hat
(Art. 36 II, 38 b EuGVVO, § 1115 ZPO)
oder
- die Schuldnerpartei bei dem Landgericht einen Antrag auf Versagung der Anerkennung der ausl. Entscheidung gestellt hat (Art. 45 IV EuGVVO, § 1115 ZPO).
In welchen Fällen kann die Schuldnerpartei materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch (Erfüllung, Erlass, Aufrechnung) erheben?
Materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch können im Wege der Vollstreckungsabwehrklage geltend gemacht werden, §§ 1117 ZPO.
Diese sind jedoch nur zulässig, soweit die Einwendungen erst nach
- der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung,
- bei Entscheidungen im schriftlichen Verfahren nach Ablauf der Frist zur Einreichung von Schriftsätzen nach § 128 ZPO,
- bei Säumnisentscheidungen nach Ablauf der Einspruchsfrist (§ 796 II ZPO)
entstanden sind und mit Rechtsmittel gegen die Entscheidung nicht mehr geltend gemacht werden können, § 1095 II ZPO.
Die Vollstreckungslage ist jedoch unbegründet, soweit die Schuldnerpartei die Einwendungen im gerichtlichen Verfahren im Ursprungsmitgliedstaat hätte geltend machen können.
Wie leite ich die Zwangsvollstreckung in Deutschland ein?
Die Zwangsvollstreckung wird je nach Art der Zwangsvollstreckung eingeleitet mit einem
-
Zwangsvollstreckungsauftrag
Beauftragung des Gerichtsvollziehers mit der Sachpfändung.
Der Antrag ist an die Verteilungsstelle für Gerichtsvollzieheraufträge des örtlichen Amtsgerichts zu richten.
Diese leitet den Vollstreckungsauftrag an den zuständigen Gerichtsvollzieher weiter. - Antrag auf Forderungspfändung
oder
- Antrag auf Eintragung einer Zwangshypothek in den Grundbesitz der Schuldnerpartei.
Mit welchem Formular beantrage ich die Zwangsvollstreckung in Deutschland?
Formulare für die Zwangsvollstreckung in Deutschland:
Der Zwangsvollstreckungsauftrag besteht aus 2 Teilen:
Vollstreckungsauftrag und Forderungsaufstellung.
Der Antrag auf Forderungspfändung besteht aus 3 Teilen:
Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses,
Entwurf des Beschlusses und Forderungsaufstellung
Wo finde ich den zuständigen Gerichtsvollzieher?
Den zuständigen Gerichtsvollzieher in Nordrhein-Westfalen finden Sie in der landesweiten Adressdatenbank.
Wo finde ich das zuständige Vollstreckungsgericht?
Das Amtsgericht ist zuständig.
Die Zuständigkeit richtet sich nach dem Wohnsitz/Sitz der Schuldnerpartei oder dem Ort der Zwangsvollstreckung.
Das zuständige Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - finden Sie in der bundesweiten Gerichtsadressdatenbank.
Welche Unterlagen muss ich beifügen?
Die Vollstreckungsunterlagen und eine aktuelle Forderungsaufstellung sind beizufügen.
Muss ich als Gläubigerpartei für die Zwangsvollstreckung einen Rechtsanwalt in Deutschland beauftragen oder einen Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland benennen?
Nein.
Für die Zwangsvollstreckung besteht kein Anwaltszwang.
Im Zwangsvollstreckungsverfahren besteht für die ausl. Gläubigerpartei keine Verpflichtung zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland.
Wo erhalte ich weitere Informationen?
- Angaben des deutschen Gesetzgebers zur Brüssel Ia-Verordnung
Für weitere Informationen klicken Sie bitte auf die deutsche Fahne.
- Angaben des deutschen Gesetzgebers zur Zwangsvollstreckung
Für weitere Informationen klicken Sie bitte auf die deutsche Fahne.
- Brüssel Ia-Verordnung (EuGVVO)
EU-Verordnung Nr. 1215/2012 (Brüssel Ia-VO)
Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen
EU-Verordnung Nr. 805/2004 (EuVTVO)
Kann ich aus der ausländischen Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel unmittelbar die Zwangsvollstreckung in Deutschland betreiben?
Ja.
Die Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung ermöglicht die direkte Vollstreckung in Deutschland.
Die Gläubigerpartei kann sich daher in Deutschland direkt an das Vollstreckungsorgan wenden.
Soll z. B. aus einem polnischen Europäischen Vollstreckungstitel in Deutschland vollstreckt werden, so kann die Gläubigerpartei sich direkt an den Gerichtsvollzieher in Deutschland wenden.
Ein ausländischer Europäischer Vollstreckungstitel ist in Deutschland zu vollstrecken wie ein deutscher Schuldtitel, Art. 20 I S. 2, (24 III) EuVTVO.
Weder der ausl. Schuldtitel noch ihre Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel dürfen in Deutschland in der Sache selbst nachgeprüft werden.
Wie ist der zeitliche und örtliche Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 805/2004?
Die Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung gilt für alle EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Dänemark, Art. 2 III EuVTVO.
Die Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung findet Anwendung auf die ab 21. 01. 2005 bzw. ab dem EU-Beitritt ergangenen Entscheidungen und geschlossenen oder bestätigten Vergleiche, Art. 33 EuVTVO (vergl. auch gemeinsamer Leitfaden des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission für Personen, die in den Gemeinschaftsorganen an der Abfassung von Rechtstexten mitwirken).
Im Verhältnis zu Deutschland findet die EU-Verordnung Nr. 805/2004 Anwendung ab 21.01.2005, Art. 33 EuVTVO.
Die Vorschriften des Art. 26, 33 EuVTVO sind dahingehend auszulegen, dass aus dem ausländischen Schuldtitel nur dann unmittelbar in Deutschland vollstreckt werden kann, falls der Schuldtitel sowohl im Ursprungsmitgliedstaat als auch im Vollstreckungsmitgliedstaat (Deutschland) im Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 805/2004 fällt.
Den genauen Zeitpunkt der Errichtung des ausländischen Schuldtitels, aus dem mit der Ausfertigung der ausl. Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen (Formblatt I bzw. II EuVTVO) in Deutschland unmittelbar vollstreckt werden kann, entnehmen Sie bitte der anl. Übersicht:
Ursprungsmitgliedstaat (EU-Mitgliedstaat, in dem der Schuldtitel errichtet worden ist) |
zeitlicher Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 805/2004 für den ausländischen Schuldtitel: |
---|---|
Belgien | ab 21. 01. 2005 |
Bulgarien | ab 01. 01. 2007 |
Dänemark | ./. |
Estland | ab 21. 01. 2005 |
Finnland | ab 21. 01. 2005 |
Frankreich | ab 21. 01. 2005 |
Griechenland | ab 21. 01. 2005 |
Irland | ab 21. 01. 2005 |
Italien | ab 21. 01. 2005 |
Kroatien | ab 01. 07. 2013 |
Lettland | ab 21. 01. 2005 |
Litauen | ab 21. 01. 2005 |
Luxemburg | ab 21. 01. 2005 |
Malta | ab 21. 01. 2005 |
Niederlande | ab 21. 01. 2005 |
Österreich | ab 21. 01. 2005 |
Polen | ab 21. 01. 2005 |
Portugal | ab 21. 01. 2005 |
Rumänien | ab 01. 01. 2007 |
Schweden | ab 21. 01. 2005 |
Slowakei | ab 21. 01. 2005 |
Slowenien | ab 21. 01. 2005 |
Spanien | ab 21. 01. 2005 |
Tschechische Republik | ab 21. 01. 2005 |
Ungarn | ab 21. 01. 2005 |
Vereinigtes Königreich | 21. 01. 2005 bis 31.12.2020 |
Zypern | ab 21. 01. 2005 |
Britische Entscheidungen aus den ab 01.01.2021 neu eingeleiteten Verfahren können aufgrund des Brexit nicht mehr mit dem Formblatt I EuVTVO unmittelbar in Deutschland vollstreckt werden.
Dies gilt auch für britische Vergleiche, die nach dem 31.12.2020 geschlossen wurden (keine unmittelbare Vollstreckung in Deutschland mit dem Formblatt II EuVTVO!).
Welche Unterlagen muss ich dem Gerichtsvollzieher/dem Vollstreckungsgericht vorlegen?
Die von der Gläubigerpartei vorzulegenden Unterlagen ergeben sich aus Art. 20 II, (24) EuVTVO:
- Ausfertigung der ausländischen Entscheidung mit Zustellungsbescheinigung
bzw.
Ausfertigung des ausl. Vergleichs mit Zustellungsbescheinigung, - Ausfertigung der ausländischen Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel (Formblatt I bzw. II EuVTVO),
- ggfs. Übersetzung der Unterlagen in deutscher Sprache,
Handelt es sich bei der ausl. Entscheidung um eine Säumnisentscheidung, so bedarf es nicht der Vorlage der Bescheinigung über die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks/des gleichwertigen Schriftstücks/der Ladung zum Gerichtstermin.
Der Erteilung einer Vollstreckungsklausel zum ausl. Vollstreckungstitel bzw. der Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung der ausländischen Entscheidung/des ausl. Vergleichs bedarf es dagegen nicht, da diese insoweit durch die ausl. Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel ersetzt wird;
der deutsche Gesetzgeber hat insoweit auf die Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung verzichtet, § 1082 ZPO.
In der Regel ist die Beifügung von Übersetzungen nicht erforderlich, da es sich bei der Bestätigung um ein EU-einheitliches Formular handelt und die erforderlichen Angaben durch Eintragung von Namen, Anschrift und Zahlen sowie durch Ankreuzen von Kästchen erfolgt.
Eine Übersetzung ist daher nur bei ergänzenden Eintragungen erforderlich, vergl. Art. 9 II, 20 II c, (24) EuVTVO.
Eine Übersetzung des Schuldtitels wird nur in Ausnahmefällen benötigt, sofern ohne die Übersetzung die Zwangsvollstreckung nicht durchführbar wäre, vergl. Art. 20 II, (24) EuVTVO.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in Deutschland eine Vollstreckungsklausel zu dem ausl. Schuldtitel?
Nein.
Der deutsche Gesetzgeber hat auf die Erteilung einer Vollstreckungsklausel zu dem ausl. Schuldtitel für die Zwangsvollstreckung in Deutschland gem. § 1082 ZPO verzichtet.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in Deutschland eine Bescheinigung über die Zustellung der ausl. Entscheidung/des ausl. Vergleichs an die Schuldnerpartei?
Ja.
In Hinblick auf §§ 750 I, (794 I, 795) ZPO bedarf es der Vorlage einer Zustellungsbescheinigung zu dem ausl. Schuldtitel.
Eine Zustellung mit Beginn der Zwangsvollstreckung reicht aus.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in Deutschland eine Bescheinigung über die Zustellung der ausl. Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel (Formblatt I bzw. II EuVTVO) an die Schuldnerpartei?
Nein.
Weder der europäische Gesetzgeber (Art. 20 ff., (24 III) EuVTVO) noch der deutsche Gesetzgeber (§§ 1082 ZPO ff.) verlangen eine Zustellung der ausl. Bestätigung an die Schuldnerpartei.
Das Zustellungserfordernis des § 1080 I S. 2 ZPO gilt nur für die Bestätigung zu dem deutschen Schuldtitel.
Die Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung sieht dagegen weder eine Informationspflicht noch eine Zustellung an die Schuldnerpartei vor.
In entsprechender Anwendung von Art. 20 I, (24 III) EuVTVO, §§ 750 I, (794 I, 795) ZPO genügt dagegen nach der EU-Verordnung Nr. 805/2004 eine Information der Schuldnerpartei (Zustellung einer Ausfertigung der Bestätigung an Schuldnerpartei) mit Beginn der Zwangsvollstreckung.
Auch in Hinblick auf die Rechte der Schuldnerpartei i. S. d. Art. 6 II, 10, 21, 23, (24 III) EuVTVO ist die Zustellung der ausl. Bestätigung an die Schuldnerpartei
- spätestens mit Beginn der Zwangsvollstreckung in Deutschland -
geboten, weil ansonsten die Schuldnerpartei
- sofern in dem Ursprungsmitgliedstaat eine Parallelbestimmung
zu § 1080 I S. 2 ZPO fehlt –
von der Existenz der Bestätigung möglicherweise noch keine Kenntnis hat.
Worauf beschränkt sich die Prüfung des Gerichtsvollziehers/des Vollstreckungsgerichts bei Vorlage eines ausländischen Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen?
Weder der ausländische Schuldtitel noch ihre Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel dürfen in der Sache selbst nachgeprüft werden.
Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - bzw. der Gerichtsvollzieher prüft lediglich, ob die nach Art. 20 II, (24) EuVTVO erforderlichen Unterlagen vorgelegt wurden.
Soweit eine Sicherheitsleistung der Gläubigerpartei erforderlich ist, bedarf es eines entsprechenden urkundlichen Nachweises der Sicherheitsleistung oder der Vorlage der Rechtskraftbescheinigung des ausl. Gerichts.
Bei Zug um Zug-Verurteilung (Zug um Zug-Zahlungsverpflichtung) der Schuldnerpartei bedarf es ferner des urkundlichen Nachweises der Schuldner-befriedigung oder des Annahmeverzuges der Schuldnerpartei, §§ 756, 765, (794 I, 795) ZPO i. V. m. Art. 20, (24 III) EuVTVO.
Die übrigen Voraussetzungen hinsichtlich der Fälligkeit und Vollstreckbarkeit der Forderung wurden bereits bei der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel vom ausländischen Gericht geprüft;
einer erneuten Prüfung durch das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - bzw. den Gerichtsvollzieher bedarf es daher nicht.
Welche Besonderheiten gelten im Falle der Anfechtung der ausl. Entscheidung, die als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt worden ist?
Ist nach Anfechtung eines ausländischen Schuldtitels, der als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt worden ist, eine ausländische Rechtsbehelfs-entscheidung ergangen, so wird auf jederzeitigen Antrag vom ausl. Gericht unter Verwendung des Formblatts V EuVTVO eine Ersatzbestätigung erteilt, wenn diese ausländische Rechtsbehelfsentscheidung vollstreckbar ist, Art. 6 III, (24 III) EuVTVO.
Die Schuldnerpartei hat den Schuldtitel angefochten.
Die Rechtsbehelfsentscheidung ist ebenfalls vollstreckbar.
Kann ich als Gläubigerpartei weiterhin aus dem Europäischen Vollstreckungstitel vollstrecken?
Nein.
Ist der ausl. Schuldtitel nicht mehr vollstreckbar oder wurde ihre Vollstreckbarkeit im EU-Ausland ausgesetzt oder eingeschränkt, erteilt das ausl. Gericht auf Antrag der Gläubigerpartei eine Ersatzbestätigung für die Rechtsbehelfsentscheidung (Formblatt V EuVTVO), Art. 6 III, (24 III) EuVTVO.
Kann die Schuldnerpartei einen Antrag auf Aussetzung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung aufgrund Anfechtung des Schuldtitels oder der Bestätigung stellen?
Ja.
Hat die Schuldnerpartei beim Ursprungsgericht
- einen Rechtsbehelf gegen die ausl. Entscheidung eingelegt,
oder
- einen Antrag auf Berichtigung oder Widerruf der Bestätigung
(Art. 10, (24 III) EuVTVO),
gestellt, kann die Schuldnerpartei einen Antrag auf Aussetzung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung stellen, Art. 23, (24 III) EuVTVO.
Die Erfolgsaussicht des Rechtsmittels/des Rechtsbehelfs kann für die Entscheidung des Vollstreckungsgerichts bedeutsam sein;
die Vorlage der Rechtsmittel- oder Rechtsbehelfsbegründung ist daher empfehlenswert.
Wo muss die Schuldnerpartei den Antrag stellen?
Der Antrag ist im Regelfall an das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - am Wohnsitz/Rechtssitz der Schuldnerpartei zu stellen, Art. 23 EuVTVO, § 1084 ZPO.
Örtlich zuständig ist das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht -, in dem Bezirk der Wohnsitz/Rechtssitz der Schuldnerpartei liegt oder die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll.
Über den Antrag entscheidet der Richter.
Der Richter entscheidet durch einstweilige Anordnung, § 1084 III S. 1 ZPO.
Diese ist unanfechtbar, § 1084 III S. 2 ZPO.
Im Regelfall ist die einstweilige Anordnung mit der formellen Rechtskraft der ausl. Rechtsbehelfsentscheidung hinfällig.
Es besteht kein Anwaltszwang, §§ 764, 802, 78, 79 ZPO.
Die Schuldnerpartei hat im Ursprungsmitgliedstaat den Schuldtitel angefochten?
Wird die Zwangsvollstreckung nun in Deutschland aufgrund des eingelegten Rechtsmittels eingestellt?
Nein.
Es bedarf im Regelfall der Vorlage der ausl. Gegenbestätigung (Bestätigung der Nichtvollstreckbarkeit).
Ein Ausnahmefall gilt nur, falls die Erteilung einer ausl. Gegenbestätigung i. S. d. Art. 6 II, (24 III) EuVTVO (Formblatt IV EuVTVO) bereits beantragt worden ist, bislang jedoch vom Ursprungsgericht nicht erteilt worden ist.
Die Schuldnerpartei beruft sich auf eine frühere Entscheidung, die mit der ausl. Entscheidung nicht vereinbar ist.
Kann die Schuldnerpartei in diesen Fällen einen Antrag auf Verweigerung der Zwangsvollstreckung stellen?
Ja.
Die Schuldnerpartei kann aufgrund
- Titelkollision (Art. 21 I EuVTVO)
einen Antrag auf Verweigerung der Vollstreckung stellen, falls
- die frühere Entscheidung zwischen denselben Parteien wegen desselben Streitgegenstandes ergangen ist,
- die frühere Entscheidung in Deutschland ergangen ist oder die Voraussetzungen für die Anerkennung der Entscheidung aus einem anderen EU-Mitgliedstaat oder einem Drittstaat in Deutschland erfüllt sind
sowie
- die Unvereinbarkeit im ausl. gerichtlichen Verfahren von der Schuldnerpartei nicht geltend gemacht wurde und nicht geltend gemacht werden konnte.
Das Amtsgericht kann die Zwangsvollstreckung auf Sicherungsmaßnahmen beschränken oder von einer Sicherheitsleistung abhängig machen.
Wo muss die Schuldnerpartei den Antrag stellen?
Der Antrag ist im Regelfall an das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - am Wohnsitz/Rechtssitz der Schuldnerpartei zu stellen, §§ 1084 I, 802 ZPO.
Örtlich zuständig ist das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht -, in dem Bezirk der Wohnsitz/Rechtssitz der Schuldnerpartei liegt oder die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll.
Über den Antrag entscheidet der Richter.
Die Entscheidung erfolgt durch Beschluss, § 1084 II S. 1 ZPO.
Es besteht kein Anwaltszwang, §§ 764, 802, 78, 79 ZPO.
In welchen Fällen ist die Antragstellung unzulässig?
Soweit die Schuldnerpartei die Unvereinbarkeit der Entscheidung beim Ursprungsgericht geltend machen konnte, ist die Antragstellung unzulässig.
In welchen Fällen kann die Schuldnerpartei materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch (Erfüllung, Erlass, Aufrechnung) erheben?
Materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch können im Wege der Vollstreckungsabwehrklage geltend gemacht werden, §§ 1117 ZPO.
Die Vollstreckungsabwehrklage ist jedoch unbegründet, soweit die Schuldnerpartei die Einwendungen im gerichtlichen Verfahren im Ursprungsmitgliedstaat hätte geltend machen können.
Wie leite ich die Zwangsvollstreckung in Deutschland ein?
Die Zwangsvollstreckung wird je nach Art der Zwangsvollstreckung eingeleitet mit einem
-
Zwangsvollstreckungsauftrag
Beauftragung des Gerichtsvollziehers mit der Sachpfändung.
Der Antrag ist an die Verteilungsstelle für Gerichtsvollzieheraufträge des örtlichen Amtsgerichts zu richten.
Diese leitet den Vollstreckungsauftrag an den zuständigen Gerichtsvollzieher weiter. - Antrag auf Forderungspfändung
oder
- Antrag auf Eintragung einer Zwangshypothek in den Grundbesitz der Schuldnerpartei.
Mit welchem Formular beantrage ich die Zwangsvollstreckung in Deutschland?
Formulare für die Zwangsvollstreckung in Deutschland:
Der Zwangsvollstreckungsauftrag besteht aus 2 Teilen:
Vollstreckungsauftrag und Forderungsaufstellung.
Der Antrag auf Forderungspfändung besteht aus 3 Teilen:
Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses,
Entwurf des Beschlusses und Forderungsaufstellung
Wo finde ich den zuständigen Gerichtsvollzieher?
Den zuständigen Gerichtsvollzieher in Nordrhein-Westfalen finden Sie in der landesweiten Adressdatenbank.
Wo finde ich das zuständige Vollstreckungsgericht?
Das Amtsgericht ist zuständig.
Die Zuständigkeit richtet sich nach dem Wohnsitz/Sitz der Schuldnerpartei oder dem Ort der Zwangsvollstreckung.
Das zuständige Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - finden Sie in der bundesweiten Gerichtsadressdatenbank.
Welche Unterlagen muss ich beifügen?
Die Vollstreckungsunterlagen und eine aktuelle Forderungsaufstellung sind beizufügen.
Muss ich als Gläubigerpartei für die Zwangsvollstreckung einen Rechtsanwalt in Deutschland beauftragen oder einen Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland benennen?
Nein.
Für die Zwangsvollstreckung besteht kein Anwaltszwang.
Im Zwangsvollstreckungsverfahren besteht für die ausl. Gläubigerpartei keine Verpflichtung zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland.
Wo erhalte ich weitere Informationen?
- Angaben des deutschen Gesetzgebers zur VO (EU) Nr. 805/2004
Angaben des deutschen Gesetzgebers zur Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 805/2004)
Für weitere Informationen klicken Sie bitte auf die deutsche Fahne.
- Angaben des deutschen Gesetzgebers zur Zwangsvollstreckung
Für weitere Informationen klicken Sie bitte auf die deutsche Fahne.
- Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung (EuVTVO)
EU-Verordnung Nr. 805/2004
- Leitfaden zur Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung
Infobroschüre der Europäischen Kommission zum Europäischen Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen
Europäischer Zahlungsbefehl
EU-Verordnung Nr. 1896/2006 (EuMVVO)
Muss ich zuvor das Vollstreckbarerklärungsverfahren in Deutschland durchführen, um aus dem ausl. Europäischen Zahlungsbefehl die Zwangsvollstreckung in Deutschland durchführen zu können?
Nein.
Nach der Europäischen Mahnverfahrensverordnung bedarf die Gläubigerpartei zur Einleitung der Zwangsvollstreckung aus einem vollstreckbaren Europäischen Zahlungsbefehl lediglich der Erklärung über die Vollstreckbarkeit durch das ausl. Gericht (Formblatt G EuMVVO).
Die Erklärung über die Vollstreckbarkeit mittels Formblatt G EuMVVO ist nicht zu verwechseln mit der Vollstreckbarerklärung im Exequaturverfahren.
Diese ist für den Europäischen Zahlungsbefehl abgeschafft worden.
Kann ich aus dem ausländischen Europäischen Zahlungsbefehl unmittelbar die Zwangsvollstreckung in Deutschland betreiben?
Ja.
Die Europäische Mahnverfahrensverordnung ermöglicht die direkte Vollstreckung in Deutschland.
Die Gläubigerpartei kann sich daher in Deutschland direkt an das Vollstreckungsorgan wenden.
Soll z. B. aus einem vollstreckbaren Europäischen Zahlungsbefehl aus Polen in Deutschland vollstreckt werden, so kann die Gläubigerpartei sich direkt an den Gerichtsvollzieher in Deutschland wenden.
Ein ausländischer Europäischer Zahlungsbefehl ist in Deutschland zu vollstrecken wie eine deutsche Entscheidung, Art. 21 I EuMVVO.
Weder der ausl. Europäische Zahlungsbefehl noch die Erklärung über die Vollstreckbarkeit (Formblatt G EuMVVO) dürfen in Deutschland in der Sache selbst nachgeprüft werden, Art. 22 III EuMVVO.
Wie ist der örtliche Anwendungsbereich der Europäischen Mahnverfahrensverordnung?
Die EU-Verordnung Nr. 1896/2006 gilt für alle EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Dänemark statt, Erwägungsgrund 32, Art. 2 III EuMVVO,
Erwägungsgrund 26 Änderungsverordnung.
Ein Europäischer Zahlungsbefehl kann daher in Dänemark nicht erlassen werden.
Britische Europäische Zahlungsbefehle können nur unmittelbar in Deutschland vollstreckt werden, sofern die Antragstellung mit dem Formblatt A EuMVVO (Verfahrenseinleitung) vor dem 01.01.2021 erfolgte.
Ab 01.01.2021 kann im Vereinigten Königreich ein Europäisches Mahnverfahren nicht mehr eingeleitet werden.
Welche Unterlagen muss ich dem Gerichtsvollzieher/Vollstreckungsgericht vorlegen?
Die von der Gläubigerpartei vorzulegenden Unterlagen ergeben sich aus Art. 21 II EuMVVO:
- Ausfertigung des ausländischen Europäischen Zahlungsbefehls (Formblatt E EuMVVO),
- Vollstreckbarerklärung des ausl. Gerichts (Formblatt G EuMVVO),
- ggfs. Übersetzung der Unterlagen in deutscher Sprache.
Der Erteilung einer Vollstreckungsklausel zu dem ausl. Europäischen Zahlungsbefehl bzw. der Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung des ausl. Europäischen Zahlungsbefehls bedarf es dagegen nicht, da diese insoweit durch die Erklärung über die Vollstreckbarkeit (Formblatt G EuMVVO) ersetzt wird.
Der deutsche Gesetzgeber hat insoweit auf die Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung verzichtet, § 1093 ZPO.
In der Regel ist die Beifügung von Übersetzungen nicht erforderlich, da es sich um EU-einheitliche Formulare handelt und die erforderlichen Angaben durch Eintragung von Namen, Anschrift und Zahlen sowie durch Ankreuzen von Kästchen erfolgt.
Eine Übersetzung ist daher nur bei ergänzenden Eintragungen erforderlich, vergl. § 1094 ZPO, Art. 21 II b), 29 I d) EuMVVO.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in Deutschland eine (gesonderte) Bescheinigung über die Zustellung des Europäischen Zahlungsbefehls an die Schuldnerpartei?
Nein.
Da die Vollstreckbarerklärung bereits die Zustellung an den Antragsgegner bescheinigt (s. Seite 2 des Formblatts G EuMVVO), ist die Vorlage einer (gesonderten) Bescheinigung über die Zustellung des Europäischen Zahlungsbefehls nicht erforderlich.
Die Vorlage der Vollstreckbarerklärung (Formblatt G EuMVVO) reicht als Zustellungsbescheinigung i. S. d. Art. 21 I EuMVVO, §§ 750 I (794 I, 795) ZPO insoweit aus.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in Deutschland eine Bescheinigung über die Zustellung der Vollstreckbarklärung (Formblatt G EuMVVO) an die Schuldnerpartei?
Nein.
Weder der europäische Gesetzgeber (Art. 18 ff. EuMVVO) noch der deutsche Gesetzgeber (§§ 1093 ff. ZPO) verlangen die Zustellung der Vollstreckbarerklärung an die Schuldnerpartei.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in Deutschland eine Vollstreckungsklausel zu dem Europäischen Zahlungsbefehl (Formblatt E EuMVVO)?
Nein.
Der deutsche Gesetzgeber hat auf die Erteilung einer Vollstreckungsklausel zu dem Europäischen Zahlungsbefehl für die Zwangsvollstreckung in Deutschland gem. § 1093 ZPO verzichtet.
Worauf beschränkt sich die Prüfung des Gerichtsvollziehers/des Vollstreckungsgerichts bei Vorlage eines ausl. Europäischen Zahlungsbefehls?
Weder der Europäische Zahlungsbefehl (Formblatt E EuMVVO) noch dessen Erklärung über die Vollstreckbarkeit (Formblatt G EuMVVO) dürfen in der Sache selbst nachgeprüft werden, Art. 22 III EuMVVO.
Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - bzw. der Gerichtsvollzieher prüft lediglich, ob die nach Art. 21 II EuMVVO erforderlichen Unterlagen vorgelegt wurden.
Die Schuldnerpartei beruft sich auf eine frühere Entscheidung oder einen früheren Zahlungsbefehl, die/der mit dem Europäischen Zahlungsbefehl nicht vereinbar ist.
Kann die Schuldnerpartei in diesen Fällen einen Antrag auf Verweigerung der Vollstreckung stellen?
Ja.
Die Schuldnerpartei kann aufgrund
- Titelkollision (Art. 22 I EuMVVO)
einen Antrag auf Verweigerung der Vollstreckung stellen.
Hinsichtlich der Titelkollision müssen jedoch folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Die frühere Entscheidung oder der frühere Zahlungsbefehl ist zwischen denselben Parteien wegen desselben Streitgegenstandes ergangen.
- Die frühere Entscheidung oder der frühere Zahlungsbefehl ist in einem EU-Mitgliedstaat oder Drittland ergangen.
- Die frühere Entscheidung oder der frühere Zahlungsbefehl erfüllt die Voraussetzungen für die Anerkennung in Deutschland.
- Die Unvereinbarkeit konnte im Europäischen Mahnverfahren nach den nationalen Verfahrensvorschriften im Ursprungsmitgliedstaat von der Schuldnerpartei nicht geltend gemacht werden.
Das Amtsgericht kann die Zwangsvollstreckung auf Sicherungsmaßnahmen beschränken oder von einer Sicherheitsleistung abhängig machen, §§ 1096 I S. 1, 1084 I, II ZPO.
Welches Gericht ist zuständig?
Wo muss die Schuldnerpartei den Antrag stellen?
Der Antrag ist im Regelfall an das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - am Wohnsitz/Rechtssitz der Schuldnerpartei zu stellen, §§ 1096 I, 1084 ZPO.
Örtlich zuständig ist das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht -, in dem Bezirk der Wohnsitz/Rechtssitz der Schuldnerpartei liegt oder die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll.
Über den Antrag entscheidet der Richter.
Die Entscheidung über den Antrag auf Verweigerung der Zwangsvollstreckung aufgrund Titelkollision (Art. 22 I EuMVVO) erfolgt durch Beschluss, §§ 1096 I S. I S. 1, 1084 II S. 1 ZPO.
In welchen Fällen ist die Antragstellung unzulässig?
Soweit die Schuldnerpartei die Unvereinbarkeit der Entscheidung/des Zahlungsbefehls nach den nationalen Verfahrensvorschriften beim Ursprungsgericht geltend machen konnte, ist die Antragstellung unzulässig.
In welchen Fällen kann die Schuldnerpartei materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch (Erfüllung, Erlass, Aufrechnung) erheben?
Ob und in welchen Fällen materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch geltend gemacht werden können, hängt gem. Art. 22 II EuMVVO von den nationalen Verfahrensbestimmungen im Ursprungsmitgliedstaat ab (Parallelbestimmung zu §§ 1096, 1095 ZPO?), s. a. Art. 26 EuMVVO.
Die Schuldnerpartei kann die Zahlung ggfs. mit der Erhebung einer Vollstreckungsgegenklage geltend machen, soweit die Zahlung nach Rechtskraft des Europäischen Zahlungsbefehls erfolgte, §§ 1096 II, 1086 ZPO.
Kann die Schuldnerpartei den Europäischen Zahlungsbefehl noch nach Ablauf der 30-tägigen Einspruchsfrist im Ursprungsmitgliedstaat noch anfechten?
Ja.
Gem. Art. 20 EuMVVO kann die Schuldnerpartei einen Überprüfungsantrag im Ursprungsmitgliedstaat stellen, sofern
- Zustellungsmängel im Sinne der EU-Verordnung Nr. 1896/2006 vorliegen,
- die Schuldnerpartei aufgrund höherer Gewalt ohne eigenes Verschulden an der rechtzeitigen Einlegung des Einspruchs gegen den Europäischen Zahlungsbefehl verhindert war
oder
- der Europäische Zahlungsbefehl wegen fehlender Voraussetzungen der EU-Verordnung Nr. 1896/2006 oder aufgrund anderer außergewöhnlicher Umstände offensichtlich zu Unrecht erlassen worden ist.
Die Schuldnerpartei hat bei dem Ursprungsgericht einen Überprüfungsantrag (Art. 20 EuMVVO) gestellt.
Kann die Schuldnerpartei einen Antrag auf Aussetzung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung stellen?
Ja.
Gem. Art. 23 EuMVVO kann die Schuldnerpartei einen Antrag auf Aussetzung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung stellen.
Das Amtsgericht kann die Zwangsvollstreckung auf Sicherungsmaßnahmen beschränken oder die Zwangsvollstreckung von einer Sicherheitsleistung abhängig machen, §§ 1096 I S. 2, 1084 I, III ZPO.
Wo muss die Schuldnerpartei den Antrag stellen?
Der Antrag ist im Regelfall an das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - am Wohnsitz/Rechtssitz der Schuldnerpartei zu stellen, §§ 1096 I S. 2, 1084 I, III ZPO.
Örtlich zuständig ist das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht -, in dem Bezirk der Wohnsitz/Rechtssitz der Schuldnerpartei liegt oder die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll.
Über den Antrag entscheidet der Richter.
Die Entscheidung erfolgt durch einstweilige Anordnung;
die Entscheidung ist unanfechtbar, §§ 1096 I S. 2, 1084 III ZPO.
Die Zustellung des Europäischen Zahlungsbefehls genügte nicht den Mindestvorschriften der Art. 13 - 15 EuMVVO.
Die Vollstreckbarerklärung ist bereits erfolgt.
Kann die Schuldnerpartei aufgrund der fehlerhaften Zustellung die Ungültigkeit der Vollstreckbarerklärung im Ursprungsmitgliedstaat herbeiführen?
Ja,
Art. 26 EuMVVO,
vergl. auch Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 04.09.2014 – Rs. C-119/13 und C-120/13.
Dies gilt jedoch nur, sofern der Zustellungsfehler sich erst nach der Vollstreckbarerklärung des Europäischen Zahlungsbefehls zeigt.
Die pauschale Behauptung des Zustellungsmangels genügt nicht;
für das Vorliegen des Zustellungsmangels trägt die Schuldnerpartei die Darlegungs- und Beweislast.
In welchen Fällen kann das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Europäischen Zahlungsbefehl beschließen?
Gem. Art. 23 EuMVVO, §§ 1096 I S. 2, 1084 I, III ZPO kann das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - auf Antrag der Schuldnerpartei die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung beschließen, falls die Schuldnerpartei im Ursprungsmitgliedstaat einen Überprüfungsantrag nach Art. 20 EuMVVO gestellt hat.
Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - kann auch stattdessen die Zwangsvollstreckung auf Sicherungsmaßnahmen beschränken oder eine Sicherheitsleistung anordnen.
In welchen Fällen kann die Schuldnerpartei materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch (Erfüllung, Erlass, Aufrechnung) erheben?
Materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch können im Wege der Vollstreckungsabwehrklage geltend gemacht werden, §§ 1096 II, 1086 ZPO.
Diese sind jedoch nur zulässig, soweit die Einwendungen erst nach Zustellung des Europäischen Zahlungsbefehls entstanden sind und mit Einspruch gegen den Europäischen Zahlungsbefehl nicht mehr geltend gemacht werden können, § 1095 II ZPO.
Wie leite ich die Zwangsvollstreckung in Deutschland ein?
Die Zwangsvollstreckung wird je nach Art der Zwangsvollstreckung eingeleitet mit einem
-
Zwangsvollstreckungsauftrag
Beauftragung des Gerichtsvollziehers mit der Sachpfändung.
Der Antrag ist an die Verteilungsstelle für Gerichtsvollzieheraufträge des örtlichen Amtsgerichts zu richten.
Diese leitet den Vollstreckungsauftrag an den zuständigen Gerichtsvollzieher weiter. - Antrag auf Forderungspfändung
oder
- Antrag auf Eintragung einer Zwangshypothek in den Grundbesitz der Schuldnerpartei.
Mit welchem Formular beantrage ich die Zwangsvollstreckung in Deutschland?
Formulare für die Zwangsvollstreckung in Deutschland:
Der Zwangsvollstreckungsauftrag besteht aus 2 Teilen:
Vollstreckungsauftrag und Forderungsaufstellung.
Der Antrag auf Forderungspfändung besteht aus 3 Teilen:
Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses,
Entwurf des Beschlusses und Forderungsaufstellung
Wo finde ich den zuständigen Gerichtsvollzieher?
Den zuständigen Gerichtsvollzieher in Nordrhein-Westfalen finden Sie in der landesweiten Adressdatenbank.
Wo finde ich das zuständige Vollstreckungsgericht?
Das Amtsgericht ist zuständig.
Die Zuständigkeit richtet sich nach dem Wohnsitz/Sitz der Schuldnerpartei oder dem Ort der Zwangsvollstreckung.
Das zuständige Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - finden Sie in der bundesweiten Gerichtsadressdatenbank.
Welche Unterlagen muss ich beifügen?
Die Vollstreckungsunterlagen und eine aktuelle Forderungsaufstellung sind beizufügen.
Muss ich als Gläubigerpartei für die Zwangsvollstreckung einen Rechtsanwalt in Deutschland beauftragen oder einen Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland benennen?
Nein.
Für die Zwangsvollstreckung besteht kein Anwaltszwang.
Im Zwangsvollstreckungsverfahren besteht für die ausl. Gläubigerpartei keine Verpflichtung zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland.
Wo erhalte ich weitere Informationen?
- Angaben des deutschen Gesetzgebers zur EU-Verordnung Nr. 1896/2006
Für weitere Informationen zu dem gewünschten EU-Mitgliedstaat klicken Sie bitte auf die betreffende Fahne.
- Angaben des deutschen Gesetzgebers zur Zwangsvollstreckung
Für weitere Informationen klicken Sie bitte auf die deutsche Fahne.
- Europäische Mahnverfahrensverordnung (EuMVVO)
EU-Verordnung Nr. 1896/2006
- Änderungsverordnung vom 16.12.2015
EU-Verordnung Nr. 2015/2421
- Leitfaden zum Europäischen Mahnverfahren
Infobroschüre der Europäischen Kommission zum Europäischen Zahlungsbefehl
Europäische Bagatellverfahrensverordnung (EuGFVO)
EU-Verordnung Nr. 861/2007 (Small-Claims-Verordnung)
Muss ich zuvor das Vollstreckbarerklärungsverfahren in Deutschland durchführen, um aus dem im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenen ausl. Schuldtitel die Zwangsvollstreckung in Deutschland durchführen zu können?
Nein.
Nach der Europäischen Bagatellverfahrensverordnung bedarf die Gläubigerpartei zur Einleitung der Zwangsvollstreckung lediglich der entsprechenden Bestätigung (Formblatt D EuGFVO).
Kann ich aus dem im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenen ausl. Schuldtitel unmittelbar die Zwangsvollstreckung in Deutschland betreiben?
Ja.
Die Europäische Bagatellverfahrensverordnung ermöglicht die direkte Vollstreckung in Deutschland.
Die Gläubigerpartei kann sich daher in Deutschland direkt an das Vollstreckungsorgan wenden.
Soll z. B. aus einem im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenen polnischen Urteil in Deutschland vollstreckt werden, so kann die Gläubigerpartei sich direkt an den Gerichtsvollzieher in Deutschland wenden.
Ein im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenes ausl. Urteil/errichteter Vergleich ist in Deutschland zu vollstrecken wie ein deutscher Schuldtitel, Art. 21 I EuGFVO.
Weder der ausl. Schuldtitel noch ihre Bestätigung dürfen in Deutschland in der Sache selbst nachgeprüft werden, Art. 22 II EuGFVO.
Wie ist der örtliche Anwendungsbereich der Europäischen Bagatellverfahrensverordnung?
Die EU-Verordnung Nr. 861/2007 gilt für alle EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Dänemark, Erwägungsgrund 38, Art. 2 III EuGFVO, Erwägungsgrund 26 Änderungsverordnung.
Das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen kann daher in Dänemark nicht durchgeführt werden.
Welche Unterlagen muss ich dem Gerichtsvollzieher/Vollstreckungsgericht vorlegen?
Die von der Gläubigerpartei vorzulegenden Unterlagen ergeben sich aus Art. 21 II EuGFVO:
- Ausfertigung des ausländischen Urteils mit Zustellungsbescheinigung,
- Ausfertigung der ausländischen Bestätigung (Formblatt D EuGFVO),
- ggfs. Übersetzung der Unterlagen in deutscher Sprache.
Der Erteilung einer Vollstreckungsklausel zum ausl. Schuldtitel bzw. der Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung des ausländischen Schuldtitels bedarf es dagegen nicht, da diese insoweit durch die Bestätigung (Formblatt D EuGFVO) ersetzt wird;
der deutsche Gesetzgeber hat insoweit auf die Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung verzichtet, § 1107 ZPO.
In der Regel ist die Beifügung von Übersetzungen nicht erforderlich, da es sich bei der Betätigung um ein EU-einheitliches Formular handelt und die erforderlichen Angaben durch Eintragung von Namen, Anschrift und Zahlen sowie durch Ankreuzen von Kästchen erfolgt.
Eine Übersetzung ist daher nur bei ergänzenden Eintragungen erforderlich, vergl. § 1108 ZPO, Art. 25 I d) EuGFVO, Erwägungsgrund 19 Änderungsverordnung.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in Deutschland eine Vollstreckungsklausel zum ausl. Urteil/Vergleich?
Nein.
Der deutsche Gesetzgeber hat auf die Erteilung einer Vollstreckungsklausel zu dem ausl. Schuldtitel für die Zwangsvollstreckung in Deutschland verzichtet, Art. 21 I EuGFVO, § 1107 ZPO.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in Deutschland eine Bescheinigung über die Zustellung des ausl. Schuldtitels an die Schuldnerpartei?
Ja.
In Hinblick auf Art. 7 II S. 2, 13, 21 II EuGFVO, § 750 I, 794 I, 795 ZPO bedarf es der Vorlage einer Bescheinigung über die Zustellung des ausl. Schuldtitels an die Schuldnerpartei.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in Deutschland eine Bescheinigung über die Zustellung der ausl. Bestätigung (Formblatt D EuGFVO) an die Schuldnerpartei?
Nein.
Weder der europäische Gesetzgeber (Art. 20 ff. EuGFVO) noch der deutsche Gesetzgeber (§§ 1107 ff. ZPO) sehen die Zustellung der Bestätigung an die Schuldnerpartei vor.
Worauf beschränkt sich die Prüfung des Vollstreckungsorgans bei Vorlage einer ausl. Bestätigung (Formblatt D EuGFVO)?
Weder das ausl. Urteil noch ihre Bestätigung (Formblatt D EuGFVO) dürfen vom Vollstreckungsorgan in der Sache selbst nachgeprüft werden, Art. 22 II EuGFVO.
Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - bzw. der Gerichtsvollzieher prüft lediglich, ob die nach Art. 21 II EuGFVO erforderlichen Unterlagen vorgelegt wurden.
Soweit eine Sicherheitsleistung der Gläubigerpartei erforderlich ist, bedarf es eines entsprechenden urkundlichen Nachweises der Sicherheitsleistung oder der Vorlage der Rechtskraftbescheinigung des ausl. Gerichts.
In der Regel ist jedoch eine Sicherheitsleistung nicht erforderlich, vergl. Art. 15 EuGFVO.
Bei Zug um Zug-Verurteilung der Schuldnerpartei bedarf es ferner des urkundlichen Nachweises über die Schuldnerbefriedigung oder den Annahmeverzug der Schuldnerpartei, §§ 756, 765, (794 I, 795) ZPO i. V. m. Art. 20 EuGFVO.
Die übrigen Voraussetzungen hinsichtlich der Fälligkeit und Vollstreckbarkeit der Forderung wurden bereits bei Erteilung der Bestätigung (Formblatt D EuGFVO) vom ausl. Prozessgericht geprüft;
einer erneuten Prüfung durch das Vollstreckungsorgan bedarf es daher nicht.
Die Schuldnerpartei beruft sich auf eine frühere Entscheidung, die mit dem ausl. Urteil nicht vereinbar ist.
Kann die Schuldnerpartei in diesen Fällen einen Antrag auf Ablehnung der Vollstreckung stellen?
Ja.
Die Schuldnerpartei kann aufgrund
- Titelkollision (Art. 22 I EuGFVO)
einen Antrag auf Ablehnung der Vollstreckung stellen, falls
- das frühere Urteil zwischen denselben Parteien wegen desselben Streitgegenstandes ergangen ist,
- das frühere Urteil in Deutschland ergangen ist oder die Voraussetzungen für die Anerkennung in Deutschland erfüllt
sowie
- die Unvereinbarkeit im ausl. gerichtlichen Verfahren von der Schuldnerpartei nicht geltend gemacht wurde und nicht geltend gemacht werden konnte.
Das Amtsgericht kann die Zwangsvollstreckung auf Sicherungsmaßnahmen beschränken oder von einer Sicherheitsleistung abhängig machen, §§ 1109 I S. 1, 1084 I, II ZPO.
Wo muss die Schuldnerpartei den Antrag stellen?
Der Antrag ist im Regelfall an das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - am Wohnsitz/Rechtssitz der Schuldnerpartei zu stellen, §§ 1109 I S. 1, 1084 I, 802 ZPO.
Örtlich zuständig ist das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht -, in dem Bezirk der Wohnsitz/Rechtssitz der Schuldnerpartei liegt oder die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll.
Über den Antrag entscheidet der Richter.
Die Entscheidung erfolgt durch Beschluss, §§ 1109 I S. 1, 1084 II S. 1 ZPO.
In welchen Fällen ist die Antragstellung unzulässig?
Soweit die Schuldnerpartei die Unvereinbarkeit der Entscheidung beim Ursprungsgericht geltend machen konnte, ist die Antragstellung unzulässig.
In welchen Fällen kann das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - die Zwangsvollstreckung verweigern?
Gem. Art. 22 EuGFVO wird auf Antrag der Schuldnerpartei die Zwangsvollstreckung bei Titelkollision (Unvereinbarkeit des Bagatellurteils aus dem EU-Ausland mit einem anderen früheren Urteil) verweigert, falls die Schuldnerpartei den Kollisionseinwand im Erkenntnisverfahren nach den nationalen Verfahrensvorschriften im Ursprungsmitgliedstaat nicht geltend machen konnte.
Kann das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - bis zur Entscheidung über den Antrag auf Ablehnung der Vollstreckung (Art. 22 EuGFVO) die Zwangsvollstreckung auf Antrag der Schuldnerpartei einstweilen einstellen?
Ja,
§§ 1096 I S. 1, 1084 I, II ZPO.
Kann die Schuldnerpartei das ausländische Urteil noch nach Ablauf der 30-tägigen Einspruchsfrist im Ursprungsmitgliedstaat noch anfechten?
Ja.
Gem. Art. 20 EuGFVO kann die Schuldnerpartei einen Überprüfungsantrag im Ursprungsmitgliedstaat stellen, sofern
- Zustellungsmängel im Sinne der EU-Verordnung Nr. 861/2007 vorliegen
und die Schuldnerpartei von dem Klageformblatt oder der Ladung unverschuldet nicht so rechtzeitig Kenntnis erlangt hat, dass sie für die Verteidigung erforderliche Vorkehrungen hätte treffen können.
oder
- die Schuldnerpartei aufgrund höherer Gewalt ohne eigenes Verschulden daran gehindert war, das Bestehen der Forderung zu bestreiten.
Die Schuldnerpartei hat bei dem Ursprungsgericht das ausl. Urteil angefochten.
Eine Anfechtung des ausl. Urteils ist noch möglich.
Kann die Schuldnerpartei einen Antrag auf Aussetzung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung stellen?
Ja.
Hat die Schuldnerpartei beim Ursprungsgericht
- einen Rechtsbehelf gegen das ausl. Urteil eingelegt oder kann das Urteil noch mit einem Rechtsbehelf angefochten werden,
oder
- einen Überprüfungsantrag für die Überprüfung des ausl. Urteils
(Art. 18 EuGFVO) gestellt,
kann die Schuldnerpartei einen Antrag auf Aussetzung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung stellen, Art. 23 EuGFVO, §§ 1109 I S. 2, 1084 I, III ZPO.
Das Amtsgericht kann die Zwangsvollstreckung auf Sicherungsmaßnahmen beschränken oder von einer Sicherheitsleistung abhängig machen.
Wo muss die Schuldnerpartei den Antrag stellen?
Der Antrag ist im Regelfall an das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - am Wohnsitz/Rechtssitz der Schuldnerpartei zu stellen, §§ 1109 I S. 2 ZPO, i. V. m. §§ 1084 I, 802 ZPO.
Örtlich zuständig ist das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht -, in dem Bezirk der Wohnsitz/Rechtssitz der Schuldnerpartei liegt oder die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll.
Über den Antrag entscheidet der Richter.
Die Entscheidung erfolgt durch einstweilige Anordnung;
die Entscheidung ist unanfechtbar, §§ 1109 I S. 2 ZPO i. V. m. § 1084 III ZPO.
In welchen Fällen kann das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem ausl. Bagatellurteil beschließen?
Gem. Art. 23 EuGFVO, §§ 1096 I S. 2, 1084 I, III ZPO kann das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - auf Antrag der Schuldnerpartei die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung beschließen, falls
- die Schuldnerpartei das Bagatellurteil im Ursprungsmitgliedstaat angefochten hat,
- eine Anfechtung des Bagatellurteils im Ursprungsmitgliedstaat noch möglich ist
oder
- die Schuldnerpartei im Ursprungsmitgliedstaat einen Überprüfungsantrag nach Art. 18 EuGFVO gestellt hat.
Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - kann auch stattdessen die Zwangsvollstreckung auf Sicherungsmaßnahmen beschränken oder eine Sicherheitsleistung anordnen.
In welchen Fällen kann die Schuldnerpartei materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch (Erfüllung, Erlass, Aufrechnung) erheben?
Materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch können im Wege der Vollstreckungsabwehrklage geltend gemacht werden, §§ 1109, 1086 ZPO.
Diese sind jedoch nur zulässig, soweit die Einwendungen nicht im Ursprungsmitgliedstaat geltend gemacht werden konnten.
Wie leite ich die Zwangsvollstreckung in Deutschland ein?
Die Zwangsvollstreckung wird je nach Art der Zwangsvollstreckung eingeleitet mit einem
-
Zwangsvollstreckungsauftrag
Beauftragung des Gerichtsvollziehers mit der Sachpfändung.
Der Antrag ist an die Verteilungsstelle für Gerichtsvollzieheraufträge des örtlichen Amtsgerichts zu richten.
Diese leitet den Vollstreckungsauftrag an den zuständigen Gerichtsvollzieher weiter. - Antrag auf Forderungspfändung
oder
- Antrag auf Eintragung einer Zwangshypothek in den Grundbesitz der Schuldnerpartei.
Mit welchem Formular beantrage ich die Zwangsvollstreckung in Deutschland?
Formulare für die Zwangsvollstreckung in Deutschland:
Der Zwangsvollstreckungsauftrag besteht aus 2 Teilen:
Vollstreckungsauftrag und Forderungsaufstellung.
Der Antrag auf Forderungspfändung besteht aus 3 Teilen:
Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses,
Entwurf des Beschlusses und Forderungsaufstellung
Wo finde ich den zuständigen Gerichtsvollzieher?
Den zuständigen Gerichtsvollzieher in Nordrhein-Westfalen finden Sie in der landesweiten Adressdatenbank.
Wo finde ich das zuständige Vollstreckungsgericht?
Das Amtsgericht ist zuständig.
Die Zuständigkeit richtet sich nach dem Wohnsitz/Sitz der Schuldnerpartei oder dem Ort der Zwangsvollstreckung.
Das zuständige Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - finden Sie in der bundesweiten Gerichtsadressdatenbank.
Welche Unterlagen muss ich beifügen?
Die Vollstreckungsunterlagen und eine aktuelle Forderungsaufstellung sind beizufügen.
Muss ich als Gläubigerpartei für die Zwangsvollstreckung einen Rechtsanwalt in Deutschland beauftragen oder einen Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland benennen?
Nein.
Für die Zwangsvollstreckung besteht kein Anwaltszwang.
Im Zwangsvollstreckungsverfahren besteht für die ausl. Gläubigerpartei keine Verpflichtung zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland.
Wo erhalte ich weitere Informationen?
- Angaben des deutschen Gesetzgebers zur EU-Verordnung Nr. 861/2007
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- Angaben des deutschen Gesetzgebers zur Zwangsvollstreckung
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- Europäische Bagatellverfahrensverordnung (EuGFVO)
EU-Verordnung Nr. 861/2007 (Small-Claims-Verordnung)
- Änderungsverordnung vom 16.12.2015
EU-Verordnung Nr. 2015/2421
- Praktischer Leitfaden zum Europäischen Bagatellverfahren
Infobroschüre der Europäischen Kommission zum Europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen
- Leitfaden für Anwender des Europäischen Bagatellverfahrens
Infobroschüre der Europäischen Kommission für Anwender des Europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen
Brüssel I-Verordnung (Brüssel I-VO) -Altfälle-
EU-Verordnung Nr. 44/2001 (VO (EU) Nr. 44/2001)
Warum kann ich nicht in Altfällen aus Schuldtiteln aus dem EU-Ausland unmittelbar die Zwangsvollstreckung in Deutschland betreiben?
Da die EU-Verordnung Nr. 1215/2012 (Brüssel I a-Verordnung) erst ab 10.01.2015 gilt, können in Altfällen aus dem nicht als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigten Schuldtitel aus dem EU-Ausland noch nicht unmittelbar in Deutschland vollstreckt werden.
Ausl. Schuldtitel, die zuvor nicht als Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigt worden sind, werden in Altfällen noch nicht unmittelbar in Deutschland vollstreckt.
Die Gläubigerpartei muss zunächst ein bes. Zwischenverfahren für die Anerkennung des ausl. Schuldtitels in Deutschland (bekannt als „Exequaturverfahren“) beantragen.
Mit anderen Worten:
Die Vollstreckung aus dem niederländischen Schuldtitel ist in diesen Fällen erst möglich, nachdem das Landgericht erklärt hat, dass der niederländische Schuldtitel in Deutschland vollstreckbar ist.
Die Vollstreckbarerklärungsverfahren (Exequaturverfahren) verursachen zusätzliche Kosten und können sogar in Einzelfällen zu einer Ablehnung der Anerkennung durch das Landgericht führen.
Die bisherige Regelung aus dem Brüsseler Übereinkommen bzw. Lugano-Übereinkommen (Urkundenvorlage nach Art. 47 Zi. 1, (50, 51) EuGVÜ/LugÜ) wurde durch die Vorlage der Bescheinigung (Formblatt V VO (EU) Nr. 44/2001) ersetzt.
Diese Neuregelung in der EU-Verordnung Nr. 44/2201 stellt eine wesentliche Vereinfachung der Verfahrensförmlichkeiten für die Gläubigerpartei dar und dient der Verkürzung des Vollstreckbarerklärungsverfahrens.
Wie ist der zeitliche und örtliche Anwendungsbereich der Brüssel I-Verordnung in Altfällen?
Die Brüssel I-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 44/2001) ist aufgehoben und am 10.01.2015 durch die Brüssel Ia-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 1215/2012) ersetzt worden.
Die EU-Verordnung Nr. 44/2001 findet daher in Altfällen Anwendung auf die ab 01. 03. 2002 bzw. ab dem EU-Beitritt ergangenen Entscheidungen und geschlossenen oder bestätigten Vergleiche.
Nach dem am 19. 10. 2005 in Brüssel unterzeichneten Abkommen zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Dänemark findet die Brüssel I-Verordnung im Verhältnis zu
- Dänemark
Anwendung auf die ab 01. 07. 2007 erlassenen Entscheidungen und geschlossenen oder bestätigten Vergleiche.
Das vorgenannte Abkommen ist am 01. 07. 2007 in Kraft getreten, vergl. Art. 12 II des vorgenannten Abkommens und Unterrichtung über den Zeitpunkt des Inkrafttretens des vorgenannten Abkommens im Amtsblatt der EU Nr. L 94/70 vom 04. 04. 2007.
Im Verhältnis zu Deutschland findet die EU-Verordnung Nr. 44/2001 Anwendung für den Zeitraum vom 01.03.2002 bis 09.01.2015, Art. 76 VO (EU) Nr. 44/2001, Art. 66 II EuGVVO.
Für den zeitlichen Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 44/2001 ist
- hinsichtlich des Anfangszeitpunkts der Zeitpunkt der Errichtung des Schuldtitels (gerichtliche Entscheidung/Vergleich)
und
-
hinsichtlich des Endzeitpunkts der Zeitpunkt der Errichtung des Vergleichs
bzw. des gerichtlichen Beschlusses aufgrund schriftlichen Vergleichsvorschlags der Verfahrensbeteiligten oder
das Datum der Verfahrenseinleitung bei gerichtlichen Entscheidungen
maßgebend.
Zu den ab 01.03.2002 und bis zum 09.01.2015 errichteten ausländischen Schuldtiteln sowie zu gerichtlichen Entscheidungen, dessen Verfahrenseinleitung noch vor dem 09.01.2015 erfolgte, wird für das Vollstreckbarerklärungsverfahren in Deutschland eine Bescheinigung (Formblatt V VO (EU) Nr. 44/2001) benötigt.
Die Vorschriften der Art. 66, 76 VO (EU) Nr. 44/2001 sind dahingehend auszulegen, dass sich das Vollstreckbarerklärungsverfahren jedoch nur dann nach der Brüssel I-Verordnung richtet, wenn der ausländische Schuldtitel sowohl im Ursprungsmitgliedstaat als auch im Vollstreckungsmitgliedstaat (Deutschland) im Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 44/2001 fällt, vergl. Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 21.06.2012 - C 514/10 -.
Den genauen Zeitpunkt der Errichtung des ausländischen Schuldtitels bzw. der Verfahrenseinleitung hinsichtlich der ausl. Entscheidung, für den/die eine ausl. Bescheinigung (Formblatt V VO (EU) Nr. 44/2001) für das Vollstreckbarerklärungsverfahren in Deutschland benötigt wird, entnehmen Sie daher bitte der anl. Übersicht:
Ursprungsmitgliedstaat
|
zeitlicher Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 44/2001 für den ausländischen Schuldtitel: |
---|---|
Belgien | 01.03.2002 - 09.01.2015 |
Bulgarien | 01.01.2007 - 09.01.2015 |
Dänemark | 01.07.2007 - 09.01.2015 |
Estland | 01.05.2004 - 09.01.2015 |
Finnland | 01.03.2002 - 09.01.2015 |
Frankreich | 01.03.2002 - 09.01.2015 |
Griechenland | 01.03.2002 - 09.01.2015 |
Irland | 01.03.2002 - 09.01.2015 |
Italien | 01.03.2002 - 09.01.2015 |
Kroatien | 01.07.2013 - 09.01.2015 |
Lettland | 01.05.2004 - 09.01.2015 |
Litauen | 01.05.2004 - 09.01.2015 |
Luxemburg | 01.03.2002 - 09.01.2015 |
Malta | 01.05.2004 - 09.01.2015 |
Niederlande | 01.03.2002 - 09.01.2015 |
Österreich | 01.03.2002 - 09.01.2015 |
Polen | 01.05.2004 - 09.01.2015 |
Portugal | 01.03.2002 - 09.01.2015 |
Rumänien | 01.01.2007 - 09.01.2015 |
Schweden | 01.03.2002 - 09.01.2015 |
Slowakei | 01.05.2004 - 09.01.2015 |
Slowenien | 01.05.2004 - 09.01.2015 |
Spanien | 01.03.2002 - 09.01.2015 |
Tschechische Republik | 01.05.2004 - 09.01.2015 |
Ungarn | 01.05.2004 - 09.01.2015 |
Vereinigtes Königreich | 01.03.2002 - 09.01.2015 |
Zypern | 01.05.2004 - 09.01.2015 |
Welches Gericht ist für die Vollstreckbarerklärung des ausl. Schuldtitels zuständig?
Hinsichtlich der Vollstreckbarerklärung ergibt sich die Zuständigkeit aus Art. 39, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001.
Der Antrag ist an den Vorsitzenden der Zivilkammer (in Handelssachen: an den Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen) des Landgerichts zu richten.
Örtlich zuständig ist das Landgericht, in dem Bezirk der Wohnsitz/Rechtssitz der Schuldnerpartei liegt oder die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll, Art. 39 II, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001.
Wie ist der Antrag auf Vollstreckbarerklärung zu formulieren?
Der Antrag lautet gem. § 4 AVAG auf Erteilung der Vollstreckungsklausel.
Der Antrag lautet sinngemäß wie folgt:
Zutreffendes ist angekreuzt!
In dem Vollstreckbarerklärungsverfahren
... gegen ...
beantrage ich den anl. Vollstreckungstitel
gem. Art. 41, (57, 58) EU-Verordnung Nr. 44/2001 (Europäische Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung vom 22.12.2000) i. V. m. §§ 8, 9 AVAG (Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz) für vollstreckbar zu erklären und mit der Vollstreckungsklausel zu versehen.
Als Zustellungsbevollmächtigten benenne ich folgende Person:
Nach Rechtskraft des landgerichtlichen Beschlusses beantrage ich die Erteilung
eines Zeugnisses gem. § 23 AVAG, um die Zwangsvollstreckung in Deutschland
uneingeschränkt durchführen zu können.
In der Anlage überreiche ich den vollstreckbaren Schuldtitel mit begl. Übersetzung sowie die Bescheinigung gem.
Art. 54 (58) EU-Verordnung Nr. 44/2001 (Formblatt V) mit je 2 Abschriften.
Der Nachweis über den Bedingungseintritt bzw. die Vollstreckbarkeit der
Entscheidung/des Vergleichs für bzw. gegen den Rechtsnachfolger
ist nicht erforderlich.
ist in der Anlage ebenfalls beigefügt.
gez. ....
(Unterschrift)
Welche Unterlagen muss ich dem Landgericht vorlegen?
Die vorzulegenden Unterlagen ergeben sich aus Art. 50, 53 und 55, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001.
Die Vollstreckbarerklärung der ausl. Entscheidung/des ausl. Vergleichs erfolgt in Deutschland durch Erteilung der besonderen Vollstreckungsklausel durch das Landgericht, § 4 I AVAG.
Dem Landgericht sind vorzulegen:
- Ausfertigung der ausl. Entscheidung/des ausl. Vergleichs,
- ausl. Bescheinigung gem. Art. 54, (58) VO (EU) Nr. 44/2001 (Formblatt V Brüssel I-VO),
- ggfs. Nachweis über Prozesskostenhilfe im Ursprungsmitgliedstaat,
sowie
- ggfs. - auf Verlangen des Landgerichts -:
eine Übersetzung der vorzulegenden Urkunden.
Dem vollstreckbaren Schuldtitel nebst begl. Übersetzung sind 2 Abschriften beizufügen, § 4 IV AVAG.
Der Vorlage einer Bescheinigung über die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks oder des gleichwertigen Schriftstücks zu der ausl. Säumnis-entscheidung bedarf es nicht.
Nicht erforderlich ist die Legalisation der Urkunden bzw. die Erteilung einer Apostille zu den Urkunden, Art. 56, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001.
Benötige ich für das Vollstreckbarerklärungsverfahren eine Vollstreckungsklausel zum ausl. Schuldtitel?
Nein.
Die Vorlage des Schuldtitels in Ausfertigung reicht aus, Art. 53, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001.
Benötige ich für das Vollstreckbarerklärungsverfahren eine Zustellungsbescheinigung zu der ausl. Entscheidung/dem ausl. Vergleich?
Nein,
§ 10 I, III AVAG.
Nach der Brüssel I-Verordnung ist die Zustellung des Schuldtitels an die Schuldnerpartei keine Vorbedingung für das Vollstreckbarerklärungsverfahren, Art. 42 II, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001.
Die Vorlage einer Zustellungsbescheinigung ist nur erforderlich, sofern und soweit nach dem nationalen Prozessrecht des Ursprungsmitgliedstaates die Zustellung Vollstreckbarkeitsbedingung ist.
Benötige ich für das Vollstreckbarerklärungsverfahren eine ausl. Bescheinigung (Formblatt V Brüssel I-VO) zum ausl. Schuldtitel?
Ja,
Art, 53, 54, (58) VO (EU) Nr. 44/2001
Die ausl. Bescheinigung (Formblatt V Brüssel I-VO) dient als Nachweis für die Vollstreckbarkeit des Schuldtitels im Ursprungsmitgliedstaat.
Benötige ich für das Vollstreckbarerklärungsverfahren eine Bescheinigung über die Zustellung der ausl. Bescheinigung (Formblatt V Brüssel-VO) an die Schuldnerpartei?
Nein.
Weder die Brüssel I-Verordnung noch das Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz sehen eine Zustellung der ausl. Bescheinigung an die Schuldnerpartei vor.
Benötige ich für das Vollstreckbarerklärungsverfahren einen Nachweis über den Bedingungseintritt der Zwangsvollstreckung oder die Vollstreckbarkeit der ausl. Entscheidung/des ausl. Vergleichs für oder gegen Rechtsnachfolger?
Ja.
Hängt die Zwangsvollstreckung von
- einer Sicherheitsleistung der Gläubigerpartei,
- dem Ablauf einer Frist,
- dem Eintritt einer anderen Tatsache bzw. anderen Bedingung (z. B.: Gegenleistung der Gläubigerpartei bei Verurteilung (Verpflichtung) der Schuldnerpartei Zug um Zug)
ab, oder wird die Erteilung einer Vollstreckungsklausel für oder gegen eine andere Person als die in der Entscheidung/dem Vergleich genannten Person beantragt, so bedarf es ggfs. des entsprechenden Nachweises.
Für die Frage des Nachweises über den Bedingungseintritt oder die Vollstreckbarkeit für oder gegen Rechtsnachfolger ist jedoch das Recht des Ursprungsmitgliedstaats maßgebend, § 7 I S. 1 AVAG.
Welche Rechtsvorschriften sind in Altfällen für das Vollstreckbarerklärungsverfahren in Deutschland maßgebend?
Das Vollstreckbarerklärungsverfahren richtet sich in Altfällen nach folgenden Rechtsvorschriften:
- Europäische Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung vom 22.12.2000
(EU-Verordnung Nr. 44/2001 (VO (EU) Nr. 44/2001))
- auch „Brüssel I-Verordnung“ genannt -; - Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz vom 19.02.2001 (AVAG)).
Die Brüssel I-Verordnung tritt in Altfällen im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten der EU an die Stelle des „Brüsseler Übereinkommens“ (EuGVÜ) bzw.
des Lugano-Übereinkommens (LugÜ), Art. 68 EU-Verordnung Nr. 44/2001.
Die EU-Verordnung Nr. 44/2001 ist aufgehoben und am 10.01.2015 durch die Brüssel Ia-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 1215/2012) ersetzt worden.
Was habe ich im Vollstreckbarerklärungsverfahren zu beachten?
Wie ist der Verfahrensablauf?
Die im Vollstreckbarerklärungsverfahren vorzulegenden Unterlagen ergeben sich aus Art. 50, 53 und 55, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001.
Für die Anerkennung bzw. Vollstreckung einer Säumnisentscheidung ist in Hinblick auf Art. 34 Zi. 2 EU-Verordnung Nr. 44/2001 die rechtzeitige Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks oder gleichwertiger Schriftstücke an die Schuldnerpartei erforderlich - und zwar unabhängig davon, ob nach den Verfahrensvorschriften des Ursprungsmitgliedstaats eine Zustellung vorgeschrieben ist.
Ansonsten kann ggfs. die ausl. Entscheidung weder in Deutschland anerkannt noch vollstreckt werden.
Ist der Gläubigerpartei im Ursprungsmitgliedstaat Prozesskostenhilfe bewilligt worden, so erhält diese ebenfalls in Deutschland für das Vollstreckbarerklärungsverfahren Prozesskostenhilfe, Art. 50, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001.
Es besteht im Vollstreckbarerklärungsverfahren vor dem Landgericht kein Anwaltszwang, § 6 III AVAG.
Die Gläubigerpartei ist nicht verpflichtet, im Vollstreckbarerklärungsverfahren einen Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland zu bestellen.
Hat die ausländische Gläubigerpartei weder einen Verfahrensbevollmächtigten noch einen Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland bestellt, können alle Zustellungen im Vollstreckbarerklärungsverfahren an ihr bis zur nachträglichen Benennung wirksam durch Aufgabe zur Post bewirkt werden, § 5 I AVAG.
Über den Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel entscheidet der Vorsitzende der Zivilkammer (Kammer für Handelssachen), Art. 41, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001 i. V. m. § 3 III AVAG.
Die Entscheidung ergeht durch Beschluss;
ist die Zwangsvollstreckung aus der ausländischen Entscheidung/dem ausl. Vergleich in Deutschland zuzulassen, so beschließt das Landgericht, dass die ausl. Entscheidung/der ausl. Vergleich mit der Vollstreckungsklausel zu versehen ist, § 8 I AVAG.
Die Erteilung der Vollstreckungsklausel erfolgt durch die Serviceeinheit des Landgerichts, § 9 AVAG.
Der Wortlaut der Vollstreckungsklausel ergibt sich aus § 9 I AVAG.
Mögliche Versagungsgründe/Aufhebungsgründe im Rechtsbehelfsverfahren nach Art. 43, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001 oder 44, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001 ergeben sich aus Art. 34, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001 und 35 VO (EU) Nr. 44/2001.
Wird die Schuldnerpartei im erstinstanzlichen Vollstreckbarerklärungsverfahren angehört?
Nein,
Art. 41 (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001, § 6 I AVAG.
Eine Anhörung der Schuldnerpartei findet im Regelfall erst im Rechtsbehelfsverfahren vor dem Oberlandesgericht statt,
Art. 43 III (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001.
In welchen Fällen wird der Schuldtitel für vollstreckbar erklärt?
Der Schuldtitel wird im Regelfall für vollstreckbar erklärt, falls
- die Entscheidung/der Vergleich im Anwendungsbereich der
Brüssel I-Verordnung fällt, - der Schuldtitel im Ursprungsmitgliedstaat vollstreckbar ist
und
- die Gläubigerpartei die nach Art. 53, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001 erforderlichen Unterlagen vorgelegt hat.
Die Bescheinigung (Formblatt V Brüssel I-VO) begründet keine unwiderlegbare Vermutung für die Richtigkeit der in ihr enthaltenen Tatsachen.
Die Schuldnerpartei kann im Rechtsbehelfsverfahren nach Art. 43 ff., (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001 vor dem Oberlandesgericht die Unrichtigkeit darlegen und mit allen zulässigen Beweismitteln beweisen.
In welchen Fällen wird der Schuldtitel nicht für vollstreckbar erklärt?
Die Exequaturverweigerungsgründe im Sinne des Art. 34, 35 VO (EU) Nr. 44/2001 bleiben zunächst unberücksichtigt, Art. 41, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001;
diese werden erst auf den Rechtsbehelf der Schuldnerpartei (Art. 43, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001) im Rechtsbehelfsverfahren vom Oberlandesgericht geprüft.
Das Oberlandesgericht versagt die Vollstreckbarerklärung des ausl. Schuldtitels/hebt die Vollstreckbarerklärung in folgenden Fällen auf:
- Verstoß gegen die öffentliche Ordnung (ordre public), Art. 34 Zi. 1, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001,
- Verletzung rechtlichen Gehörs der Schuldnerpartei, Art. 34 Zi. 2 VO (EU) Nr. 44/2001,
- Unvereinbarkeit der Entscheidung mit einer anderen Entscheidung (Titelkollision), Art. 34 Zi. 3 oder Zi. 4 VO (EU) Nr. 44/2001.
- Verstoß gegen die Zuständigkeitsregeln für Versicherungs- und Verbrauchersachen, Art. 35 I VO (EU) Nr. 44/2001,
- Verstoß gegen die Zuständigkeitsregeln für ausschließliche Zuständigkeiten, Art. 35 I VO (EU) Nr. 44/2001
Nach Art. 34 Zi. 1, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001 ist die Vollstreckbarerklärung zu versagen, wenn die Vollstreckung des Schuldtitels gegen den innerstaatlichen ordre public verstoßen würde.
Die Prüfung, ob der ausl. Schuldtitel ggfs. gegen den innerstaatlichen ordre public verstößt, kann sinnvollerweise nur in Deutschland durchgeführt werden.
Ohne eine solche Kontrolle könnte ein ausl. Schuldtitel in Deutschland vollstreckt werden, obwohl sie gegen fundamentale Rechtsnormen der deutschen Rechtsordnung verstößt.
Ein Verstoß gegen den ordre public kommt jedoch in der Praxis selten vor.
Art. 34 Zi. 2 VO (EU) Nr. 44/2001 dient dem Schutz des rechtlichen Gehörs der Schuldnerpartei.
Auf die Ordnungsmäßigkeit der Zustellung kommt es im Rahmen des Vollstreckbarerklärungsverfahrens nicht an.
Nach dem Willen des Verordnungsgebers soll ein bloß formaler und für die Verteidigungsmöglichkeiten der Schuldnerpartei unmaßgeblicher Zustellungsfehler nicht dazu führen, die Anerkennung oder Vollstreckung einer Säumnisentscheidung zurückzuweisen.
Entscheidend ist daher, ob die Schuldnerpartei das verfahrenseinleitende Schriftstück rechtzeitig und so erhalten hat, dass ihr die Verteidigung möglich war.
Art. 34 Zi. 3 und 4 VO (EU) Nr. 44/2001 regeln den Fall der Titelkollision.
Sind die Schuldtitel unvereinbar, ist die Vollstreckbarerklärung zu versagen.
Art. 35 I VO (EU) Nr. 44/2001 regelt die Ausnahmefälle für die Nachprüfung der internationalen Zuständigkeit.
Gem. Art. 35 II VO (EU) Nr. 44/2001 ist das Oberlandesgericht jedoch an die tatsächliche Feststellung des ausl. Gerichts hinsichtlich der Zuständigkeit gebunden.
Die Vorschrift des Art. 35 II VO (EU) Nr. 44/2001 verhindert Verzögerungen durch Zuständigkeitsrügen, die die Schuldnerpartei bereits im Verfahren vor dem Gericht im Ursprungsmitgliedstaat hätte vorbringen können.
In welchen Fällen kann die Schuldnerpartei sich nicht auf den Versagungsgrund des Art. 34 Zi. 2 Brüssel I-VO (Verletzung des rechtlichen Gehörs) berufen?
Die Schuldnerpartei kann die Verletzung des rechtlichen Gehörs im Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht geltend machen, falls sie gegen die Entscheidung im EU-Ausland einen Rechtsbehelf/ein Rechtsmittel hätte einlegen können, hiervon aber keinen Gebrauch gemacht hat.
Kann ich mit der Vollstreckbarerklärung des Landgerichts und der Vollstreckungsklausel des Landgerichts zu dem vorgenannten Beschluss die Zwangsvollstreckung aus der ausl. Entscheidung/dem ausl. Vergleich in Deutschland betreiben?
Ja.
Bis zur Rechtskraft des landgerichtlichen Beschlusses ist die Zwangsvollstreckung auf sichernde Vollstreckungsmaßnahmen (z. B.: Pfändung, Vorpfändungen, Arrest, Sicherungsvollstreckung) beschränkt.
Bis zur Rechtskraft des landgerichtlichen Beschlusses
- können Geldbeträge bei der Schuldnerpartei lediglich vom Gerichtsvollzieher gepfändet - jedoch nicht auf das Konto der Gläubigerpartei überwiesen werden;
- kann vom Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - lediglich ein Pfändungsbeschluss erlassen werden - nicht dagegen ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss.
Für die Überweisung der gepfändeten Geldbeträge an die Gläubigerpartei bzw. für den Erlass des Überweisungsbeschlusses ist das Zeugnis des Landgerichts über die Zulässigkeit der uneingeschränkten Zwangsvollstreckung erforderlich;
ansonsten können nur die Geldbeträge bei der Schuldnerpartei gepfändet bzw. nur der Pfändungsbeschluss erlassen werden, Art. 47 III, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001 i. V. m. §§ 18, 23 AVAG.
Von wem erhalte ich das Zeugnis, dass aus dem ausl. Schuldtitel die Zwangsvollstreckung in Deutschland uneingeschränkt stattfinden darf?
Auf Antrag der Gläubigerpartei ist von der Serviceeinheit des Landgerichts das Zeugnis zu erteilen, dass aus der ausl. Entscheidung/dem ausl. Vergleich die Zwangsvollstreckung in Deutschland uneingeschränkt stattfinden darf, § 23 AVAG.
In der Regel wird das vorgenannte Zeugnis antragsgemäß nach Rechtskraft des landgerichtlichen Beschlusses erteilt.
Bitte wenden Sie sich insoweit an das Landgericht.
Der Antrag auf Erteilung des vorgenannten Zeugnisses kann bereits zugleich in dem Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel gestellt werden.
Welche Kosten entstehen im Vollstreckbarerklärungsverfahren?
Für die Durchführung des Vollstreckbarerklärungsverfahren wird vom Landgericht gem. KV Nr. 1510 GKG eine Gebühr in Höhe von 240 EUR erhoben
Kann ich aus der Kostenentscheidung des Landgerichts ebenfalls die Zwangsvollstreckung betreiben?
Benötige ich hinsichtlich der Kosten des Vollstreckbarerklärungsverfahrens einen gesonderten Vollstreckungstitel?
Ja.
Die Gläubigerpartei kann die Kosten des (vereinfachten) Vollstreckbarerklärungsverfahrens (Gerichtskosten und außergerichtliche Kosten) gesondert im Kostenfestsetzungsverfahren titulieren lassen;
für die Kostenfestsetzung ist jedoch in der Regel das Landgericht als Prozessgericht zuständig.
Sofern und soweit bei Antragstellung im Vollstreckbarerklärungsverfahren bereits eine Vollstreckungshandlung anhängig ist oder bereits stattgefunden hat, ist dagegen das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht zuständig, § 8 I S. 4 AVAG (wegen der darin enthaltenen gesetzlichen Verweisung auf § 788 ZPO), vergl. auch Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 14. 03. 2011 - 32 Sdb 15/11 -.
Kann ich den ablehnenden Beschluss des Landgerichts anfechten?
Ja.
Der ablehnende Beschluss des Landgerichts kann von der Gläubigerpartei mit der Beschwerde angefochten werden;
die Beschwerde ist unbefristet, Art. 43, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001 i. V. m. § 11 AVAG.
Kann die Schuldnerpartei die Vollstreckbarerklärung des Landgerichts anfechten?
Ja.
Die Vollstreckbarerklärung des Landgerichts kann von der Schuldnerpartei mit der Beschwerde angefochten werden;
die Beschwerdefrist beträgt im Regelfall 1 Monat, Art. 43, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001 i. V. m. § 11, 12 AVAG.
Was sind die Rechtsfolgen der Anfechtung des ausl. Schuldtitels für das Vollstreckbarerklärungsverfahren?
Keine.
Die Brüssel I-Verordnung sieht keine ausdrückliche Regelung für den Fall der Anfechtung des zu vollstreckenden Schuldtitels vor.
Sie regelt lediglich die Aussetzung der Vollstreckung, wenn die Vollstreckung bereits im Ursprungsmitgliedstaat ausgesetzt ist.
Das mit dem Rechtsbehelf nach Art. 43, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001 oder Art. 44, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001 befasste Oberlandesgericht kann das Vollstreckbarerklärungsverfahren auf Antrag der Schuldnerpartei aussetzen, falls die Vollstreckung des ausl. Schuldtitels im EU-Ausland wegen der Einlegung eines Rechtsbehelfs/eines Rechtsmittels einstweilen eingestellt worden ist, Art. 46, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001.
Welche Unterlagen benötige ich in Altfällen für die Zwangsvollstreckung in Deutschland?
Um aus der Entscheidung/dem Vergleich aus einem anderen EU-Mitgliedstaat die Zwangsvollstreckung in Deutschland einleiten zu können, benötigt die Gläubigerpartei folgende Unterlagen:
- vollstreckbare Ausfertigung der ausl. Entscheidung/des ausl. Vergleichs
mit Zustellungsbescheinigung, - die Vollstreckbarerklärung der ausl. Entscheidung/des ausl. Vergleichs durch das Landgericht mit Zustellungsbescheinigung.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in Deutschland die Vollstreckungsklausel des Landgerichts zum ausl. Schuldtitel?
Ja,
Art. 38 I, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001, §§ 4 I, 9 AVAG, 750 I, (794 I, 795) ZPO.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in Deutschland eine Bescheinigung über die Zustellung der ausl. Entscheidung/des ausl. Vergleichs an die Schuldnerpartei?
Ja.
In Hinblick auf Art. 42 II, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001, §§ 10 I AVAG, 750 I, (794 I, 795) ZPO bedarf es der Vorlage einer Zustellungsbescheinigung zu dem ausl. Schuldtitel.
Eine Zustellung mit Beginn der Zwangsvollstreckung reicht aus.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in Deutschland eine Bescheinigung über die Zustellung der Vollstreckbarerklärung an die Schuldnerpartei?
Ja.
In Hinblick auf Art. 42 II, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001, § 10 I AVAG bedarf es der Vorlage einer Zustellungsbescheinigung zu der Vollstreckbarerklärung.
Eine Zustellung mit Beginn der Zwangsvollstreckung reicht aus.
In welchen Fällen kann die Schuldnerpartei materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch (Erfüllung, Erlass, Aufrechnung) erheben?
Materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch können im Wege der Vollstreckungsabwehrklage geltend gemacht werden, § 14 AVAG.
Diese sind jedoch nur zulässig, soweit die Einwendungen
- nach Ablauf der Beschwerdefrist im Vollstreckbarerklärungsverfahren
oder
- falls die Beschwerde eingelegt worden ist, nach Beendigung des Beschwerdeverfahrens
entstanden sind.
Wie leite ich die Zwangsvollstreckung in Deutschland ein?
Die Zwangsvollstreckung wird je nach Art der Zwangsvollstreckung eingeleitet mit einem
-
Zwangsvollstreckungsauftrag
Beauftragung des Gerichtsvollziehers mit der Sachpfändung.
Der Antrag ist an die Verteilungsstelle für Gerichtsvollzieheraufträge des örtlichen Amtsgerichts zu richten.
Diese leitet den Vollstreckungsauftrag an den zuständigen Gerichtsvollzieher weiter. - Antrag auf Forderungspfändung
oder
- Antrag auf Eintragung einer Zwangshypothek in den Grundbesitz der Schuldnerpartei.
Mit welchem Formular beantrage ich die Zwangsvollstreckung in Deutschland?
Formulare für die Zwangsvollstreckung in Deutschland:
Der Zwangsvollstreckungsauftrag besteht aus 2 Teilen:
Vollstreckungsauftrag und Forderungsaufstellung.
Der Antrag auf Forderungspfändung besteht aus 3 Teilen:
Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses,
Entwurf des Beschlusses und Forderungsaufstellung
Wo finde ich den zuständigen Gerichtsvollzieher?
Den zuständigen Gerichtsvollzieher in Nordrhein-Westfalen finden Sie in der landesweiten Adressdatenbank.
Wo finde ich das zuständige Vollstreckungsgericht?
Das Amtsgericht ist zuständig.
Die Zuständigkeit richtet sich nach dem Wohnsitz/Sitz der Schuldnerpartei oder dem Ort der Zwangsvollstreckung.
Das zuständige Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - finden Sie in der bundesweiten Gerichtsadressdatenbank.
Welche Unterlagen muss ich beifügen?
Die Vollstreckungsunterlagen und eine aktuelle Forderungsaufstellung sind beizufügen.
Muss ich als Gläubigerpartei für die Zwangsvollstreckung einen Rechtsanwalt in Deutschland beauftragen oder einen Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland benennen?
Nein.
Für die Zwangsvollstreckung besteht kein Anwaltszwang.
Im Zwangsvollstreckungsverfahren besteht für die ausl. Gläubigerpartei keine Verpflichtung zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland.
Wo erhalte ich weitere Informationen?
- Angaben des deutschen Gesetzgebers zur Brüssel I-Verordnung
Für weitere Informationen klicken Sie bitte auf die deutsche Fahne.
- Angaben des deutschen Gesetzgebers zur Zwangsvollstreckung
Für weitere Informationen klicken Sie bitte auf die deutsche Fahne.
- Brüssel I-Verordnung (VO (EU) Nr. 44/2001)
EU-Verordnung Nr. 44/2001 (Brüssel I-VO) -
Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz (AVAG)