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Die Europäische Kommission verfolgt das Ziel der Etablierung eines europaweiten elektronischen Rechtsverkehrs. Sie fördert durch verschiedene Projekte den Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur.
Ein wichtiges Ziel ist, das Europäische Justizportal (https://e-justice.europa.eu/home.do) als zentrale Anlaufstelle für die Bürgerinnen und Bürger so auszubauen, dass von dort aus Klagen und Anträge bei allen Gerichten europaweit online eingereicht werden können. Zugleich sollen über das Justizportal verschiedene justizielle Register (z.B. Handelsregister, Insolvenzregister) eingesehen werden können.
Neben diesen weitreichenden Erleichterungen für die Bürgerinnen und Bürger strebt die Europäische Kommission an, den derzeit häufig noch sehr schwerfälligen Austausch zwischen europäischen Gerichten und Behörden verschiedener Mitgliedsstaaten (derzeit werden Dokumente zumeist noch per Post übermittelt) effizienter und zugleich sicherer auszugestalten. Hierzu bedarf es eines eigenen elektronischen Kommunikationsweges sowie europaweit einheitlicher, verlässlicher Standards.
Mit Blick auf diese Anforderungen entwickelte das von der Europäischen Kommission geförderte im Jahr 2010 gestartete Projekt „e-CODEX" (e-Justice Communication via Online Data Exchange) eine Transportlösung und Standards, die nach dem Ende des Projekts 2016 zunächst im Nachfolgeprojekt Me-CODEX (Maintenance of e-CODEX) und aktuell im Projekt Me-CODEX II weiterbetrieben und weiterentwickelt wurden bzw. werden. Die einheitlichen Standards ermöglichen die Interoperabilität zwischen verschiedenen nationalen Lösungen, ohne diese im Kern verändern zu müssen. Damit wird dem europäischen Grundsatz der Subsidiarität, wonach bestehende nationale Lösungen nach Möglichkeit zu achten sind, Rechnung getragen.
Auf der Grundlage der „e-CODEX-Lösung“, die ihrerseits generisch ist und für unterschiedliche Handlungsfelder nutzbar gemacht werden kann, wurden diverse Pilotierungen durchgeführt. Zu erwähnen ist hier insbesondere, dass e-CODEX im Rahmen des die europäischen Mahnverfahrens (Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 - §§ 1087 ff. ZPO) dem für Deutschland insofern zentral zuständigen Amtsgericht Wedding bereits jetzt eine elektronische Kommunikation mit dem Bezirksgericht für Handelssachen in Wien eröffnet.
Im Bereich des europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (Verordnung (EG) Nr. 861/20017, geändert durch Verordnung (EU) 2015/2421 - §§ 1097 ff. ZPO) beabsichtigt Deutschland, sich an dem Pilotbetreib zu beteiligen, sobald das Europäische Justizportal diese Funktion zur Verfügung stellt. In Nordrhein-Westfalen ist von der im Gesetz vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht worden, die Zuständigkeit für diese Verfahren zu konzentrieren; hierzu ist per Rechtsverordnung das Amtsgericht Essen bestimmt worden. Es ist auch hier vorgesehen, die e-CODEX-Infrastruktur zu implementieren, um so den grenzüberschreitenden elektronischen Datenaustausch zu ermöglichen. Soweit möglich, sind die technischen Vorarbeiten bereits erfolgt.
Auch im Registerbereich lässt sich der e-Delivery-Baustein, der Teil der e-CODEX-Technologie ist, fruchtbar machen. So wurde die auf der Grundlage der Richtlinie 2012/17/EU vorgenommene Verknüpfung der Handelsregister aller EU-Mitgliedstaaten miteinander ebenfalls mit Hilfe von e-Delivery umgesetzt. Dies ermöglicht Abfragen über alle Unternehmen, die in den EU-Mitgliedstaaten oder Island, Liechtenstein oder Norwegen registriert sind. Ferner ist es möglich, Informationen über ausländische Niederlassungen und länderübergreifende Fusionen zwischen Unternehmen auszutauschen. Im Rahmen des EU-Projekts „IRI for Europe“ (IRI = „Insolvency Register Interconnection“) wurde an der ebenfalls europarechtlich vorgegebenen Verknüpfung der verschiedenen nationalen Insolvenzregister gearbeitet, um es Bürgerinnen und Bürgern zu ermöglichen, sich über das Europäische Justizportal informieren können, ob bei potentiellen europäischen Geschäftspartnern ggf. Bonitätsprobleme bestehen.
In den nächsten Jahren wird sich die Bedeutung von e-CODEX noch erhöhen, da bald alle Mitgliedsstaaten verpflichtet sein werden, für die grenzüberschreitende Übermittlung von zivilrechtlichen Klagen und Anträgen zwischen Gerichten auch einen elektronischen Übermittlungsweg zur Verfügung zu stellen. Dies ergibt sich aus den Änderungen der Verordnungen über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedsstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen (Verordnung (EG) Nr. 1206/2001) sowie über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Verordnung (EG) 1348/2000) ab.
Aber nicht nur auf dem Gebiet des Zivilrechts, sondern mindestens ebenso sehr im Strafbereich spielt die e-CODEX-Infrastruktur eine immer bedeutsamere Rolle. Bereits seit einigen Jahren wird der Austausch von Daten zwischen Staatsanwaltschaften in NRW und den Niederlanden in Verfahren der internationalen Rechtshilfe pilotiert. Dies betrifft insbesondere den sicheren Datenaustausch im Bereich der „Europäischen Ermittlungsanordnung in Strafsachen (EIO)“ (Richtlinie 2014/41/EU) und der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Die EU-Projekte EXEC („Electronic Xchange of e-Evidences with e-CODEX“) und „EVIDENCE2e-CODEX“ widmeten sich erfolgreich der weiteren Verbreitung von e-CODEX im länderübergreifenden Kampf gegen die Kriminalität mit dem Ziel, nicht nur Ersuchen um gegenseitige Unterstützung, sondern auch (elektronische) Beweismittel selbst schnell und sicher zwischen Justizbehörden verschiedener Mitgliedsstaaten auszutauschen. Diese Bemühungen werden nunmehr in den EU-Projekten EXEC II und Criminal Court Database fortgesetzt. Das Bundesamt für Justiz setzt im Rahmen des Projekts „Orbit“ die grenzüberschreitende Vollstreckung von Geldstrafen mit Hilfe von e-CODEX um. Mögliche künftige weitere Einsatzgebiete sind beispielsweise der Europäische Haftbefehl sowie die gegenseitige Anerkennung von Urteilen in Strafsachen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird.
Projektpartner und Projektleitung
An den verschiedenen Projekten waren und sind einzelne Mitgliedstaaten, aber auch Vereinigungen und Dachorganisationen wie die European Lawyers Foundation, die europäische Notarkammer oder die Haager Konferenz für Internationales Privatrecht beteiligt. Das Ministerium der Justiz des Landes-Nordrhein-Westfalen beteiligt sich an den Projekten im Auftrag der Bund-Länder-Kommission für Informationstechnik in der Justiz und nimmt im Projekt Me-CODEX II die Funktion des Konsortialführers und Projektkoordinators wahr. In diesem Zusammenhang ist die nordrhein-westfälische Justizverwaltung umfassend mit der Wahrnehmung von administrativen Aufgaben, der technischen und rechtlichen Koordinierung sowie mit der Verwaltung der Fördermittel betraut.
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Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite des Projektes www.e-codex.eu sowie des e-Justice Portals.
Kontakt
Dr. Martin Laufen
Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen
Martin-Luther-Platz
40212 Düsseldorf
Telefon: +49 211 8792 - 384
E-Mail: Martin.Laufen@jm.nrw.de