
Rechtsstaatlichkeit
Der Einsatz für Rechtsstaatlichkeit ist ein Schwerpunkt von NRW
Die Rechtsstaatlichkeit ist einer der in Art. 2 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) verankerten Grundwerte der EU. Nach dem Rechtsstaatlichkeitsprinzip ist jegliche öffentliche Gewalt gleichermaßen an Recht und Gesetz gebunden und unterliegt der Kontrolle unabhängiger und unparteiischer Gerichte. Außerdem garantiert es die Achtung der Grundrechte, ermöglicht die wirksame Anwendung und Durchsetzung des EU-Rechts und fördert ein investitionsfreundliches wirtschaftliches Umfeld.
Die Kommission 2024-2029 hat die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit in der EU zu einer ihrer Prioritäten erklärt. Der Kommissar für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Justiz und Verbraucher, Michael McGrath, will den Fokus dabei auf Korruptionsbekämpfung, Unabhängigkeit der Justiz und Pressefreiheit richten. Zudem sollen demokratische Werte und Mechanismen zur Überwachung der Rechtsstaatlichkeit gefördert werden.
Um die Einhaltung des Rechtsstaatlichkeitsprinzips zu gewährleisten, verfügt die EU über verschiedene Präventions- und Förderungsinstrumente:
Europäischer Mechanismus zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit: Ein jährlicher Zyklus zur Förderung der Rechtsstaatlichkeit in allen Mitgliedstaaten, der das Auftreten oder die Verschärfung von Problemen verhindern soll. Zentrales Element ist der jährliche Rechtsstaatlichkeitsbericht der Europäischen Kommission über die Entwicklungen in den einzelnen Mitgliedstaaten. Seit seiner erstmaligen Veröffentlichung im Jahr 2020 ist der Bericht über die Rechtsstaatlichkeit zu einer echten Triebfeder für positive Reformen geworden:
Beispielsweise wurden zwei Drittel (67 Prozent) der Empfehlungen aus dem Jahr 2023, die für jeden Mitgliedsstaat jährlich ausgesprochen werden, vollständig oder teilweise umgesetzt. Bei den Empfehlungen der jährlichen Berichte stehen vier Themenbereiche im Mittelpunkt: nationale Justizsysteme, Rahmen für die Korruptionsbekämpfung, Freiheit und Pluralismus der Medien sowie sonstige institutionelle Fragen im Zusammenhang mit der Gewaltenteilung.
Die Europäische Kommission entwickelt die Inhalte des Rechtsstaatlichkeitsberichts stetig fort. So wurden in dem Bericht 2024 erstmals Länderkapitel zu den EU-Beitrittskandidaten (Albanien, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien) erstellt. Ziel ist die Unterstützung der Reformbemühungen und Sicherstellung von Fortschritten in Demokratie und Rechtsstaatlichkeit vor einem möglichen Beitritt. Der Bericht 2025 soll auch die Binnenmarktperspektive einbinden, um den Binnenmarkt durch Sicherstellung eines stabilen rechtlichen Rahmens, der für Vertrauen und reibungslose wirtschaftliche Abläufe unerlässlich ist, und die Schaffung günstiger Bedingungen für Unternehmen, um Wettbewerbsfähigkeit und nachhaltiges Wachstum zu gewährleisten, zu fördern. Die Rechtsstaatlichkeit und der Binnenmarkt profitieren voneinander. Ein starker Binnenmarkt erfordert verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen, während die Rechtsstaatlichkeit von wirtschaftlicher Prosperität profitiert. Weitere Hintergründe sowie den Rechtsstaatlichkeitsbericht 2024 erhalten Sie auf der Seite der Europäischen Kommission.
EU-Justizbarometer: Ein jährlicher Bericht mit vergleichbaren Daten zur Unabhängigkeit, Qualität und Effizienz der nationalen Justizsysteme. Hintergründe und das EU-Justizbarometer 2024 finden Sie ebenfalls auf der Seite der Europäischen Kommission.
Europäisches Semester: Ein jährliches Verfahren, das zu länderspezifischen Empfehlungen zu makroökonomischen und strukturellen Themen, u. a. zu Justizsystemen und Korruptionsbekämpfung, führt. Es hat zum Ziel, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Weitere Informationen zum Europäischen Semester
Die EU verfügt ebenfalls über Reaktionsinstrumente, um gegen Verstöße gegen das Rechtsstaatlichkeitsprinzip vorzugehen:
- Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH):
Ziel ist es sicherzustellen, dass ein Mitgliedstaat spezifische Verpflichtungen aus den EU-Verträgen erfüllt. Der EuGH hat in den vergangenen Jahren Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen und Ungarn wegen Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit eingeleitet, die noch nicht abgeschlossen sind. -
Mehrstufiges Verfahren nach Art. 7 EUV: Vertragsinstrument gegen einen Mitgliedstaat bei Bestehen der Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Grundwerte der EU, insbesondere in den Bereichen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte sowie zur Sanktionierung im Falle einer Verletzung. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Seite des Europäischen Parlaments. Die Europäische Kommission hat in den letzten Jahren Art. 7-Verfahren gegen Polen und Ungarn wegen der Gefahr von Verletzungen der Rechtsstaatlichkeit eingeleitet.
Das im Jahr 2017 gegen Polen wegen der umstrittenen polnischen Justizreform eingeleitete Verfahren ist im Mai 2024 beendet worden. Dies erfolgte aufgrund von Reformbemühungen der neuen polnischen Regierung, die Maßnahmen zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit einleitete, darunter den Beitritt Polens zur Europäischen Staatsanwaltschaft (EuStA).
Gegen Ungarn läuft seit 2018 ein Art. 7-Verfahren. Zentrale Bedenken sind die Unabhängigkeit der Justiz, die Korruption und der unzureichende Schutz der Demokratie, der Grundrechte und der Minderheiten in Ungarn. Im Dezember 2022 hat der Rat mit qualifizierter Mehrheit beschlossen, Maßnahmen zum Schutz des Unionshaushalts aufgrund von Verstößen gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn zu verhängen. Die Haushaltsauswirkungen der nun vorgesehenen Aussetzung belaufen sich auf etwa 6,3 Milliarden Euro an Mittelbindungen. Im Januar 2025 verlor Ungarn aufgrund von Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit den Anspruch auf EU-Hilfen in Höhe von rund einer Milliarde Euro.
- Konditionalitätsmechanismus zum Schutz des Haushalts: Aussetzen oder Reduktion von EU-Mitteln bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit zum Schutz des EU-Haushalts. Ziel ist die Sicherstellung, dass EU-Mittel nicht in Mitgliedstaaten mit systematischen Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit fließen. Die ordnungsgemäße Finanzverwaltung soll gefördert und die finanziellen Interessen der EU geschützt werden.