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Unser Rechtsstaat sieht die verantwortungsvolle Mitarbeit von Ehrenamtlichen in vielen Bereichen vor. Dabei bieten sich Möglichkeiten der Mitwirkung in Gerichtsverfahren als ehrenamtliche Richterinnen und Richter, die Ausübung des Schiedsamts bei außergerichtlichen Verfahren oder die Übernahme rechtlich bestellter Betreuungen. Weniger bekannt sind die Möglichkeiten, straffällig gewordene Menschen auf unterschiedliche Art und Weise ehrenamtlich zu begleiten. Jedes Ehrenamt hat seinen eigenen Wirkungs- und Verantwortungsbereich. Die nachhaltige Gewinnung und Stärkung von Ehrenamtlichen ist ein wichtiges Anliegen der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen.
Ehrenamt in Gerichtsverfahren
In Deutschland entscheiden nicht allein Berufsrichterinnen und Berufsrichter über Recht oder Unrecht. In nahezu allen Gerichtszweigen gibt es ehrenamtliche Richterinnen und Richter. Sie wirken in der Verwaltungs-, Sozial-, Finanz- und Arbeitsgerichtsbarkeit mit. Darüber hinaus gehören sie als Schöffinnen und Schöffen bzw. Jugendschöffinnen und Jugendschöffen den Schöffengerichten, den Strafkammern und den Schwurgerichten an. Zudem entscheiden sie als Handelsrichterinnen und Handelsrichter in den Kammern für Handelssachen.
Ehrenamtliche Richter- und Richterinnen bringen Fachwissen, berufliche Erfahrung und allgemeine Lebenserfahrung mit in den Entscheidungsprozess gerichtlicher Verfahren ein. Wir sind der Überzeugung, dass das Ehrenamt hier eine wichtige Brückenfunktion zwischen dem Staat und der Bevölkerung bildet und so unseren Rechtsstaat mitgestaltet.
Ehrenamt als Schiedsperson
Auch Schiedspersonen tragen in Nordrhein-Westfalen rechtliche Verantwortung. Gegenwärtig helfen schon mehr als 1000 Schiedsleute mit, juristische Auseinandersetzungen bei Konflikten zu vermeiden und die Kosten bei bestimmten Streitfällen überschaubar zu halten. Schiedspersonen werden in der Regel angerufen, um schnell und unbürokratisch einen Streit beizulegen. In manchen Fällen müssen sich Betroffene zunächst an das Schiedsamt wenden, bevor sie ein Gericht anrufen können.
Dazu gehören zum Beispiel Nachbarschaftsstreitigkeiten oder Auseinandersetzungen wegen Verletzungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Schiedspersonen werden aber auch in Strafsachen tätig – etwa bei Hausfriedensbruch, Beleidigung, leichter und fahrlässiger Körperverletzung, Bedrohung sowie Sachbeschädigung. Gerade in diesen Fällen können Opfer einer Straftat durch Schlichtung Genugtuung erfahren. Die gesetzlichen Grundlagen für dieses Amt ergeben sich aus dem Schiedsamtsgesetz NRW. Schiedspersonen werden vom Rat der Gemeinde für eine Dauer von fünf Jahren gewählt. Schiedsmänner und -frauen sind in der Regel zwischen 30 und 70 Jahre alt.
Ehrenamt im Justizvollzug
Ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer ergänzen die Arbeit in den Justizvollzugsanstalten. Wir halten die Bereitschaft von Bürgerinnen und Bürgern zu ehrenamtlicher Mitarbeit im Strafvollzug für ein sichtbares Zeichen eines funktionierenden Gemeinwesens. Immerhin sind derzeit knapp 2.000 Menschen ehrenamtlich im Justizvollzug, d.h. in allen Justizvollzugseinrichtungen des Landes, aktiv.
Die Tätigkeitsfelder der ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuer sind sehr vielfältig. Voraussetzungen sind unter anderem, dass Interessierte in der Regel das 21. Lebensjahr vollendet haben und bereit und in der Lage sind, Gefangenen zu helfen, nach der Haftentlassung in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Ihre Betreuung soll dazu beitragen, persönliche Schwierigkeiten Gefangener zu lösen oder zu mildern, Bildung und berufliche Fähigkeiten zu fördern und die Entlassung vorzubereiten. Einen großen Raum nehmen die Freizeitangebote für Gefangene ein, vom Sport über Schachgruppen bis hin zum gemeinsamen Kochen. Durch die Ehrenamtlichen, die ihre Freizeit in Justizvollzugsanstalten verbringen, wird den Gefangenen vor Augen geführt, dass die Welt "draußen" sie nicht vergessen hat – auch wenn beispielsweise familiäre Bindungen schon zerrüttet oder gefährdet sind. Das kann staatlicher Behandlungsvollzug allein nicht vermitteln und gibt den Gefangenen wichtige Impulse für einen Weg zurück in unsere Gesellschaft.
Über die Zulassung für die ehrenamtliche Tätigkeit in den Justizvollzugsanstalten des Landes NRW entscheiden die jeweiligen Anstaltsleitungen.
Ehrenamt in der Bewährungshilfe
Die Fachkräfte des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz in Nordrhein-Westfalen leisten einen wertvollen Beitrag zur Wiedereingliederung straffällig gewordener Menschen in unsere Gesellschaft. Daneben können ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Arbeit der hauptamtlichen Fachkräfte auch ohne gerichtliche Bestellung sinnvoll ergänzen, indem sie Straffälligen Unterstützung anbieten bei der Arbeits- und Lehrstellensuche, bei Behördengängen oder der Strukturierung des Alltags. Auch in den örtlichen Vereinen zur Förderung der Bewährungshilfe engagieren sich ehrenamtlich Tätige u.a. in Projekten und gruppenpädagogischen Maßnahmen. Sie leisten damit einen entscheidenden Beitrag im Sinne einer Erweiterung/Ergänzung der Betreuungsarbeit hauptamtlicher Fachkräfte. Mit ihrem Einsatz tragen ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu bei, die Lebenssituation straffälliger Menschen zu verbessern, ihre Integrationschancen zu erhöhen und weiteren Straftaten vorzubeugen.
Ehrenamt in der rechtlichen Betreuung
Insbesondere im Alter stellen rechtliche Angelegenheiten und bürokratische Aufgaben für viele Menschen unüberwindbare Hürden dar. Ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer sind dann eine große Hilfe und erledigen die rechtlichen Angelegenheiten, die Betroffene nicht mehr selbst besorgen können. Dazu gehören Korrespondenzen mit Behörden oder mit Geschäftspartnerinnen und -partnern im Rechtsverkehr. Unterstützung und Beratung erhalten die Betreuenden bei ihrer anspruchsvollen Aufgabe von spezialisierten Behörden, Vereinen und Gerichten. Innerhalb der Landesregierung fördert das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales die Betreuungsvereine.
Die Engagementstrategie für das Land Nordrhein-Westfalen
Unsere Unterstützung im Bereich der Justiz korrespondiert mit den Schwerpunkten der gesamten Landesregierung. Alle Ressorts leisten ihren Beitrag um das bürgerschaftliche Engagement in unserem Land weiter zu stärken. Die im Frühjahr 2021 vom Landeskabinett beschlossene Engagementstrategie für das Land Nordrhein-Westfalen sieht die Stärkung von Information- und Beratungsstrukturen, die Stärkung von Koordination und Vernetzung aller Ehrenamtlichen, den Wunsch nach möglichst unbürokratischen Förderverfahren und ergänzenden Angeboten zur Aus- und Weiterbildung vor. Eigens hierfür wurde eine Landesservicestelle für bürgerschaftliches Engagement eingerichtet. Als zentrale Anlaufstelle des Landes bietet die sie Engagierten, Initiativen, Vereinen und weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen vielfältige Angebote für das Ehrenamt.
Ehrenamt im Gerichtsverfahren
Videos: Ehrenämter in der Justiz Nordrhein-Westfalen
In drei Filmen werden die Schiedsfrau Claudia Dübbert und die Schiedsmänner Hans-Jürgen Schwarz sowie Andreas Vinzing in ihrer Tätigkeit porträtiert und gefragt, wieso sie sich für eine Tätigkeit als Schiedsperson entschieden haben und was ihnen daran Freude bereitet.