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Was ist eine Privatklage?
Die Privatklage ist ein Verfahren vor dem Amtsgericht als Strafgericht, in dem die oder der Verletzte einer Straftat als Anklägerin/Ankläger an Stelle der Staatsanwaltschaft auftritt. Die Staatsanwaltschaft ist an diesem Verfahren nicht beteiligt, sie ist nämlich nicht verpflichtet, jede Straftat selbst zu verfolgen, sondern kann Verletzte bei bestimmten, im Gesetz abschließend aufgeführten kleinen Delikten auf den Privatklageweg verweisen und ihre eigenen Ermittlungen einstellen. Allerdings steht es ihr frei, dem Verfahren später wieder beizutreten und so die Verfolgung der Straftat zu übernehmen. Tut sie dies, tritt die Privatklägerin bzw. der Privatkläger als Nebenklägerin bzw. Nebenkläger auf.
Das Gesetz sieht die Möglichkeit der Privatklageerhebung nur für bestimmte Delikte vor. Bei diesen Delikten handelt es sich durchweg um solche der leichten Kriminalität, die über die Schutzinteressen der oder des Verletzten selbst (wenn überhaupt) die Allgemeinheit nicht besonders betreffen. Zu diesen Delikten, die im Gesetz abschließend aufgelistet sind, gehören (um nur die Wichtigsten zu nennen)
- Hausfriedensbruch
- Beleidigung
- Verletzung des Briefgeheimnisses
- einfache vorsätzliche oder fahrlässige Körperverletzung
- Bedrohung
- Sachbeschädigung.
In diesen Fällen verlangt das Gesetz jedoch, dass Verletzte vor Erhebung der Privatklage vor einer öffentlichen Vergleichsbehörde (Schiedspersonen) einen Sühneversuch unternommen haben. Dieser Sühneversuch ist darauf gerichtet, einen Vergleich zu schließen, der das durch die Straftat entstandene Spannungsverhältnis zwischen Verletzten und Straftäterin bzw. Straftäter beilegt. Nur wenn der Versuch, einen Sühnevergleich zu schließen, gescheitert ist, kann die Privatklage erhoben werden. Mit der Privatklageerhebung ist daher auch eine Bescheinigung über das Scheitern des Sühneversuchs bei Gericht einzureichen. Diese Bescheinigung wird von der Vergleichsbehörde ausgestellt.
Die Erhebung der Privatklage erfolgt durch Einreichung einer Anklageschrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle. Dabei ist zu beachten, dass die Privatklage so erhoben werden muss, dass sich Täterin/Täter, Tatort und -zeit, sowie der Tathergang (Sachverhalt) aus ihr eindeutig ergeben. Bezüglich dieser Punkte dürfen keinerlei Zweifel aufkommen, etwa an der Identität des vermeintlichen Täters bzw. der vermeintlichen Täterin oder der angeklagten Tat. Nach der Einreichung der Privatklage wird der oder dem Beschuldigten Gelegenheit gegeben, sich innerhalb einer vom Gericht zu bestimmenden Frist zu dem Vorwurf zu äußern. Ist die Erklärung der oder des Beschuldigten eingegangen oder die festgelegte Frist verstrichen, entscheidet das Gericht über die Eröffnung des Verfahrens. In diesem Verfahrensstadium steht dem Gericht auch die Möglichkeit offen, bei offensichtlich nur geringer Schuld das Verfahren einzustellen, wogegen die oder der Verletzte die sofortige Beschwerde erheben kann. Wird das Hauptverfahren eröffnet, werden Angeklagte oder Angeklagter und Privatklägerin oder Privatkläger zu dem Termin geladen. Der weitere Verfahrensablauf entspricht dem des von der Staatsanwaltschaft eingeleiteten Hauptverfahrens (s. dort). Stellt sich während des Verfahrens vor dem Gericht heraus, dass der angeklagte Sachverhalt auch den Tatbestand eines Deliktes erfüllt, welches nur durch die Staatsanwaltschaft verfolgt werden kann, so stellt das Gericht das Privatklageverfahren durch Urteil ein und übermittelt die Akten der Staatsanwaltschaft, die dann die Erhebung einer öffentlichen Anklage prüfen kann.
Abgesehen von einigen Befugnissen der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, die aus seiner Amtsträgereigenschaft herrühren, steht die Privatklägerin bzw. der Privatkläger diesen gleich.
Privatklägerinnen und Privatkläger haben die Pflicht, wahrheitsgemäße Angaben zu machen, brauchen aber nicht - wie der Staatsanwältin oder Staatsanwalt - die Straftäterin oder den Straftäter entlastende Umstände vorzutragen. Außerdem sind Privatkläger nicht gehalten, eigene Ermittlungen anzustellen, um die angeklagte Tat belegen zu können. Dies obliegt vielmehr dem Gericht. Zu den Rechten der Privatklägerinnen und Privatkläger gehören insbesondere das Anwesenheitsrecht bei Gericht und allen Beweiserhebungen (so etwa bei Ortsterminen oder bei vorgezogenen Beweiserhebungen). Die Privatklägerinnen oder Privatkläger können in der Hauptverhandlung Anträge stellen und haben ein Fragerecht, welches sie gegenüber allen Prozessbeteiligten ausüben können. Zudem kommt ihnen das Recht zu, einen Schlussvortrag zu halten. Weiterhin können sie auch in die Gerichtsakten Einsicht nehmen, müssen hierfür allerdings eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt beauftragen. Schließlich können Privatklägerinnen und Privatkläger auch gegen ein Urteil, das auf Grund ihrer Privatklage gefällt wurde, Rechtsmittel einlegen. Dieses sind die Berufung und die Revision.
Stellt ein Privatkläger oder eine Privatklägerin während des Verfahrens fest, dass die Anklage nicht haltbar ist oder gar zu Unrecht erfolgte, steht ihm bzw. ihr die Möglichkeit der Klagerücknahme offen. Dieses Recht kann in jedem Verfahrensstadium ausgeübt werden. Allerdings bedarf es hierzu nach erfolgter Vernehmung der oder des Angeklagten in der Hauptverhandlung deren bzw. dessen Zustimmung. Ist die Privatklage einmal zurückgenommen, kann sie nicht mehr erneut erhoben werden.